Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst
hatten den gleichen Ausdruck staunenden Entzückens.
Susy schluckte bewegt. »Himmel!« dachte sie bei sich. »Ich hatte ja keine Ahnung, wie das ist.«
Wie gebannt schaute sie in den Saal. Schließlich kam die Säuglingsschwester wieder. Susy fragte sie, ob sie ihr helfen dürfe, die Babys zurückzubringen.
»Gewiß. Ich werde Ihnen zeigen, wie man es macht.« Die Schwester brachte mit erschreckendem Gleichmut ein Baby zum Wagen. »Sehen Sie, so!« Sie hielt das Baby wie ein Bündel unter dem Arm. »Sein Körper ruht zwischen der Hüfte und dem Ellenbogen. Sie stützen sein Rückgrat mit dem Arm und das Köpfchen mit der Hand. Sie müssen stets sorgfältig auf den Kopf achten. Schieben Sie Ihre Hand immer unter den Kopf eines Babys, bevor Sie es hochheben.«
»Es - es erscheint mir so lieblos, sie auf diese Weise zu tragen«, wandte Susy ein.
Die Schwester lachte. »Aber nein! Ein kleines Baby trägt man am sichersten unter dem Arm. Kopf und Rückgrat sind gestützt, und es kann nicht herunterfallen. Außerdem bleibt es so in horizontaler Lage. Man darf ein Baby niemals aufrichten, wenn sein Magen voll ist.«
Sie gingen in den Saal zurück. Susy hob ein schlafendes Baby auf. Sie versuchte es genau so zu machen wie die andere Schwester. Es war ganz einfach. Das kleine Bündel schmiegte sich behaglich in ihren Arm. Es fühlte sich zwar etwas feucht an, aber was schadete das? Das runde Köpfchen lag warm und flaumig in ihrer Hand; ihr Herz schlug höher; ein ganz neues beseligendes Gefühl erfüllte sie.
Die Händchen des kleinen Wesens waren entspannt, die Augen geschlossen. Das Mündchen stand offen. Susy vernahm ein schwaches, aber deutliches Schnarchen. Sie lächelte gerührt. Von den wachsamen Augen der Mutter verfolgt, trug sie das Baby vorsichtig zum Wagen.
Einzeln und zu zweit wurden die vollgetrunkenen kleinen Wesen aus dem Saal gebracht. Dann schob die Säuglingsschwester den Wagen wieder zum Fahrstuhl.
Sobald die Babys fort waren, entspann sich eine lebhafte Unterhaltung im Saal. Nach einer Weile nahmen die Frauen wieder ihr Strickzeug hervor oder öffneten ein Buch, Susy ging still an ihre Arbeit zurück.
Viermal am Tage wurden die Babys in den Saal gebracht. Susy lernte es schnell, mit ihnen umzugehen, aber der Eindruck, den die kleinen Wesen auf sie machten, verminderte sich nicht. Im Gegenteil, er wurde immer stärker. Anfangs schienen ihr alle gleich auszusehen, aber nach einigen Tagen entdeckte sie, daß sie ebenso verschieden waren wie Erwachsene. Die Säuglingsschwester behauptete sogar, sie wären schon ausgeprägte Persönlichkeiten. Das konnte Susy kaum glauben.
»Warten Sie nur ab«, entgegnete die Schwester. »Wenn Sie erst Säuglingsdienst haben, werden Sie es selber sehen.« Susy freute sich auf diese Arbeit. Aber vorher mußte sie erst einen Monat im Entbindungsraum Dienst machen. Es galt also, sich noch etwas zu gedulden.
Bald gewöhnte Susy sich auch daran, eine Zimmergenossin zu haben, ja es gefiel ihr sogar. Connie war lieb, immer rücksichtsvoll und umgänglich. Die beiden lagen abends lange wach und plauderten miteinander. Dadurch lernte Susy ihre Freundin immer besser kennen. Sie sprachen über alles - über das Leben und die Liebe, über Babys, über ihre Zukunft und über Phil. Nur Bill wurde niemals erwähnt. Susy wußte selber nicht, warum sie in diesem Punkt so zurückhaltend war.
Bill schrieb ihr ziemlich regelmäßig. Seine Briefe waren lustig, unterhaltend, freundlich und enthielten allerlei Neuigkeiten aus dem Krankenhaus. Niemals erwähnte er etwas von seiner Liebe zu ihr. Susy war erleichtert, gleichzeitig jedoch ein wenig enttäuscht.
Die beiden Wochen im Krankensaal verflogen wie im Nu. Hier war Susy wieder in ihrem Element, weil sie mit Patienten zu tun hatte. Alles, was die jungen Mütter betraf, interessierte sie - ihre Behaglichkeit, ihre Lebensgeschichte, vor allem aber ihre Ansichten über Babys.
Eine große blonde Frau mit einem breiten sommersprossigen Gesicht, die bereits Mutter von fünf Kindern war, hatte soeben ihr sechstes bekommen und wollte mindestens noch fünf weitere haben. »Ich kann niemals genug haben«, sagte sie. »Jedes einzelne ist mir willkommen.« Ihre Kinder besuchten sie und das neue Baby. Sie waren schön, hatten graue Augen und blonde Haare wie ihre Mutter und sahen glücklich und froh aus.
Eine junge Frau von achtzehn Jahren blickte ihr Baby erstaunt und zärtlich an. Sie freute sich darüber, wollte aber kein zweites
Kind
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