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Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt

Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt

Titel: Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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saß im Rollstuhl, die geschwollenen Hände, die einst so flink und geschickt gewesen waren, untätig im Schoß. Die Krankheit war ein letzter harter Schlag in ihrem Leben, das fast nur aus Enttäuschungen bestanden hatte. In jungen Jahren war sie eine vielversprechende Pianistin gewesen, hatte jedoch nach dem Tod ihres Vaters eine künstlerische Karriere aufgeben müssen, um ihre Mutter zu unterstützen, indem sie gelangweilten Kindern Klavierunterricht erteilte. Nun konnte sie auch das nicht mehr tun.
    »Susy! Das ist die schönste Überraschung seit langem!« Das schmale durchfurchte Gesicht der alten Dame leuchtete freudig auf. Dann erspähte sie Jerrys roten Kopf durchs Fenster. »Ach, Sie haben die Zwillinge mitgebracht! Dürfen sie nicht hereinkommen? Ich hab’ sie ja wer weiß wie lange nicht gesehen.«
    »Nur Jerry ist mitgekommen.« Susy machte sich im stillen Vorwürfe, daß sie Fräulein Haller nicht öfter besucht hatte. Sie ging zur Tür und rief Jerry. Er kam sogleich angelaufen.
    »Guten Tag, Jerry«, begrüßte ihn Fräulein Haller. »Nett, daß du mich besuchen kommst!«
    Nachdem Jerry einen Gruß gemurmelt hatte, sah er sich etwas verloren im Zimmer um. Sein Blick blieb am Klavier hängen. »Was ist das für ein Ding?«
    »Ein Klavier«, antwortete Fräulein Haller erstaunt. »Hast du denn noch nie eins gesehen?«
    »Nein. Was macht man damit?«
    »Musik.«
    »Wie denn?«
    »Jerry ist ein Kind des technischen Zeitalters«, sagte Susy lachend. »Er kennt nur Musik, die aus dem Grammophon oder aus dem Radioapparat kommt.«
    »Haben Sie denn kein Klavier zu Hause?« fragte Fräulein Haller ganz entsetzt.
    »Nein. Was sollten wir auch damit? Bill hat wohl früher ein wenig gespielt, aber seit seiner Studienzeit keine Taste mehr angerührt. Ich habe als Kind zwei Jahre lang pflichteifrig geübt und konnte schließlich doch nur den >Fröhlichen Landmann< spielen. Ich spielte ihn so lange, bis mein Vater meinte, er könne billiger ins Irrenhaus kommen. Auch in unserer Nachbarschaft hat niemand ein Klavier; daher ist das ganz neu für Jerry.«
    »Wie macht man Musik damit?« fragte Jerry.
    Susy ging ans Klavier, öffnete es und schlug ein paar Tasten an. Jerry war entzückt. »Darf ich es einmal versuchen?«
    »Natürlich darfst du«, sagte Fräulein Haller freundlich. Als sie Susys bedenkliche Miene sah, fügte sie hinzu: »Keine Sorge, Susy! Das Klavier ist Kummer gewohnt.«
    Eifrig kletterte Jerry auf den Klavierstuhl und begann nach ein paar vorsichtigen Versuchen mit aller Macht auf die Tasten zu schlagen.
    »Wo soll ich Ihnen die Spritze geben?« fragte Susy mit erhobener Stimme, um den Lärm zu übertönen.
    »In meinem Schlafzimmer. Es liegt neben der Küche. Mutter hat mein altes Schlafzimmer oben bezogen.«
    »Wie geht es Ihrer Mutter?«
    »Sie hat sich gerade etwas hingelegt. Es ist erstaunlich, wie rüstig sie mit ihren dreiundachtzig noch ist. Sie versorgt mich besser, als es jedes junge Mädchen tun könnte.«
    Fräulein Haller fuhr den Stuhl selber aus dem Zimmer, während sie sprach, und lehnte es ab, sich von Susy helfen zu lassen. »Ich tue soviel wie möglich selber«, erklärte sie. »Eigentlich kann ich auch ganz gut gehen, aber wenn ich einen schlechten Tag habe, komme ich mit dem Stuhl besser vorwärts.«
    Susys Instrument war bereits steril. Nachdem sie Fräulein Haller die Spritze gegeben hatte, setzten sich die beiden aufs Bett und plauderten miteinander, während Jerry nebenan das Klavier bearbeitete.
    »Zuerst hat er alle weißen Tasten angeschlagen«, sagte Fräulein Haller lauschend. »Und jetzt geht er die schwarzen durch. Das machen fast alle Kinder.« Nach kurzem Schweigen fragte sie: »Glauben Sie, daß diese Spritzen mir helfen werden? Aus dem Doktor ist keine klare Antwort herauszubekommen.«
    Susy berichtete ihr von den unerklärlichen Erfolgen und von den ebenso unerklärlichen Mißerfolgen der Kur. Mehr konnte sie auch nicht dazu sagen. Schließlich half sie Fräulein Haller wieder in den Rollstuhl, und sie kehrten ins Wohnzimmer zurück. Jerry saß immer noch am Klavier.
    »Komm, mein Junge«, sagte Susy. »Wir müssen nach Hause fahren.«
    »Ach nein, Mammi. Bitte noch nicht!«
    An jedem anderen Tag wäre Susy fest geblieben, doch heute sagte sie bittend zu Fräulein Haller: »Haben Sie etwas dagegen, wenn er noch ein paar Minuten spielt?«
    »Aber nein! Ich höre ihn gern. Sie glauben gar nicht, wie sehr ich die Kinder vermisse - besonders die kleineren. Übrigens

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