Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
zu bleiben und ihm einen hausgemachten Lammbraten, gefolgt von Brotpudding vorzusetzen. Wieso sollte sie riskieren, sich mit einem neuen Rezept vor ihm zu blamieren?
Sie schwang die Beine aus dem Bett und tappte hastig über den kalten Holzboden ins Bad. Das Leben war so herrlich einfach, ohne Mann und Kinder. Sie konnte noch drei Stunden länger im Bett rumliegen oder wie ein vergifteter Derwisch durch das Apartment fegen. Sie konnte Jackie Collins lesen
oder nackt einen Handstand an der Wand machen oder einen Eimer Eis auslöffeln, alles ohne etwas erklären oder rechtfertigen zu müssen. Ein seltsames Gefühl, aber beileibe nicht unangenehm.
Andererseits, ermahnte sie sich, während sie unter der Dusche stand und sich die Haare wusch (Isobel hätte nie mit fettigem Haar zum Friseur gehen können, das war einfach nicht anständig ), wenn sie weiter so lebte, würde sie höchstwahrscheinlich schrecklich ich-bezogen und unflexibel werden.
Wenn man als Single lebte, verlor man allmählich seine Kompromissbereitschaft und Toleranz den Fehlern und Eigenheiten der anderen gegenüber. Besonders der männlichen anderen. Sie hatte selbst ein paar Jahre allein gewohnt und wusste, was das hieß: Channel-Surfing, unanständige Witze, Nasebohren zu jeder Zeit des Alleinseins und Geselligkeitsphobie. Nein, das könnte sie nicht mehr. Also war es im Grunde gar nicht so schlecht, dass sie ihr Leben nach zwei kleinen Kindern und einem Mann ausrichten musste; dabei blieb man hübsch flexibel. Ansonsten würde sie eventuell noch eine von diesen eigenbrötlerischen Singles, die aufkreischten, sobald man ein Buch oder einen Kerzenhalter verrückte.
Im Übrigen vermisste sie die bequeme Vertrautheit ihres Zusammenlebens mit Phil, und natürlich sehnte sie sich nach Ellie und Alex. Sofort, wenn ihr auf der Straße Kinder begegneten, fiel ihr selbstverständlich auf, dass ihre beiden viel schöner, intelligenter und fröhlicher waren als all die anderen Krümel, die ihr da über den Weg liefen.
Sich heftig das Haar trockenrubbelnd, dachte Isobel, dass es tröstlich war zu wissen, dass die Gewohnheiten, die sie sich als »Heimchen am Herd« zugelegt hatte, auch in der wirklichen Welt funktionierten. Für zwei kleine Kinder zu sorgen hatte sie gelehrt, eine Aufgabe zügig und ohne viel Aufhebens zu erledigen. Das war im Büro offenbar fabelhaft angekommen.
Stolz rief sie sich die Abschiedsworte des Colonels noch einmal ins Gedächtnis.
»Meine Liebe, falls Sie je einmal eine Stelle suchen sollten, dann kommen Sie bitte zu mir. Ich würde mich sehr freuen, Sie wieder in meinem Team zu haben, denn Sie sind wunderbar anpassungsfähig und eine hervorragende Teamarbeiterin«, hatte der Colonel gesagt und mit den durchdringenden schwarzen Augen gefunkelt. »Und ich weiß, dass Suzanne Ihre Arbeit geradezu lieben würde.«
Isobel lächelte bei dieser Erinnerung, obwohl sie bezweifelte, dass sie das schmeichelhafte Angebot je annehmen würde. Doch es brachte sie immerhin auf gewisse Ideen. Auf einmal erschien es ihr nicht mehr wie das höchste Ziel, nach Hause zu rennen und um jeden Preis ein drittes Kind zu bekommen. Vielleicht könnte sie ja wieder als Krankenschwester anfangen – in Teilzeit natürlich – oder sogar einen Kurs an der Uni belegen...
Es herrschte wunderschönes Wetter. Das Sonnenlicht tanzte über das herabgefallene Laub auf dem Boden, und die Luft war so mild, als solle der Winter übersprungen werden und der Frühling gleich anfangen.
Isobel hatte ihre bequemsten Schuhe angezogen und tauchte ins Getümmel eines Einkaufszentrums. Zuerst einmal probierte sie in aller Ruhe reihenweise teure Kleider an und drückte sie anschließend wieder den mürrisch dreinblickenden Verkäuferinnen in den Arm. Sie merkte, dass ihr die zwei Wochen Fitness-Studio richtig gut getan hatten; auf einmal hatte sie Muskeln an bis dato völlig unbeachteten Stellen. Dann machte sie sich in die Buchabteilung auf, wo sie ehrfurchtsvoll über dicke Buchrücken strich und ein halbes Dutzend Zeitschriften von vorn bis hinten durchblätterte.
Dann vertraute sie sich den Händen einer dieser »Make-Over-Damen« an, die anmutig hinter den Tresen der Kosmetikabteilungen ihre weibliche Kundschaft erwarteten. Diese
hier war Mitte fünfzig, besaß aufgespritzte Lippen und sah aus, als würde sie ihr Make-up mit der Sprühlackdose auftragen. Selbstverständlich stellte sie die leicht pikierte Frage: »Womit pflegen Sie momentan Ihr Gesicht?«, gefolgt von
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