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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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um sich darüber zu beklagen, dass sie nicht in den Artikel von Women’s Day über die ›Neujahrsvorsätze der Stars‹ aufgenommen worden waren oder dass die andere Frau in der Waschmittelwerbung näher bei der Kamera stand als sie selber.
    Natürlich gab es auch Meinungsverschiedenheiten, vor allem über Geld. Er machte sich auch mehr Gedanken um das Haus, wollte andauernd, dass sie mit in den Garten kam, um irgendwelches Laub wegzurechen oder die Regenrinnen zu säubern. Für sie dagegen war ein Haus eher etwas, in dem man sich amüsierte, und sie lud lieber Freunde zum Grillen ein, als sich mit irgendwelchen Gartenarbeiten abzuplagen. Nichts wirklich Ernstes, also. Keine Affären, keine herumfliegenden Vasen, keine Entdeckung irgendwelcher grässlicher Gewohnheiten des Partners – eine Seite der Ehe, an die Daisy zuvor überhaupt nicht gedacht hatte. Nun, vielleicht besäße ihre Ehe ja mehr Tiefe, wenn es so wäre.
    Doch am Ende waren sie eben bloß gute Kumpels, wie Doris sich ausgedrückt hatte. Es fehlte die Aufregung, der Pfeffer. Wenn sie mal zum Essen ausgingen – was mittlerweile selten genug geschah -, dann musste sich Daisy regelrecht den Kopf nach Gesprächsthemen zerbrechen. Wogegen sie früher ganze Nächte lang wachgelegen und geschwatzt hatten, wie zwei Teenager.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Doris und Carmen zu, die einander soeben der Heuchelei beschuldigten.
    »Du weißt ja gar nicht, wie viel Glück du mit deiner schönen, bequemen Ehe hast. Dir gefällt halt die Vorstellung, andere Leute im partnerschaftlichen Schneesturm kämpfen zu sehen, während du warm und gemütlich in deinem Ehebunker hockst«, warf Doris ihr vor.
    »Und du solltest mal leben, was du predigst. Andauernd liegst du uns mit den Freuden des Singledaseins in den Ohren und andererseits sonnst du dich in der Gewissheit, dass deine langweiligen alten Freundinnen in ihren langweiligen alten Ehen ausharren«, giftete Carmen zurück.
    Ärgerlich drückte Doris ihre Zigarette aus. »Was kann ich dafür, dass du eine lebende Reklame für die Zeitschrift ›Die moderne Hausfrau‹ bist.«
    »Denkst du«, brauste Carmen auf. »Ich bin drauf und dran, eine Affäre anzufangen. Was sagst du jetzt?«
    Daisy kam es einen Augenblick lang so vor, als würde es im ganzen Restaurant totenstill werden. Kein »Massi-Masser!«, schwirrte mehr durch den Raum. Alles, woran Daisy denken konnte, war das Wort ›Affäre … Affäre … Affäre‹, das wie ein Echo in der Stille widerzuhallen schien. Nicht Carmen. Nicht doch Carmen, die andere Hälfte von John. Nicht Carmen, die Mutter des reizenden Ben und der anbetungswürdigen Ally. Blitzartig tauchte ein Foto vor ihrem inneren Auge auf, von einer Familie, die eng zusammengedrängt und grinsend auf einem Sofa saß – wahrscheinlich genau das Foto, das Carmen im letzten Jahr als Weihnachtskarte an sämtliche Freunde verschickt hatte.
    Carmen stöhnte geräuschvoll, und die Erstarrung fiel ab. Die anderen Restaurantgäste schienen ihre Gespräche wieder aufzunehmen, der Sushi-Chef fing erneut an, mit dem Messer herumzuwirbeln, und aus den Lautsprechern säuselte abermals Lionel Ritchie seine größten Hits.
    »Scheiße«, fluchte Carmen. »So habe ich es nicht gemeint.«

    »Was soll das heißen, so hättest du es nicht gemeint?«, kreischte Daisy fast. »Stimmt es oder stimmt es nicht? Und was, zum Teufel, denkst du dir eigentlich dabei?«
    Carmen stieß einen schweren Seufzer aus. »Ich denke überhaupt nicht, das ist ja das Problem. Zumindest nicht mit meinem Kopf. Da gibt es diesen Tierarzt in meiner Klinik. Ich finde ihn unheimlich süß, und ich glaube, er ist auch nicht abgeneigt. Na ja, ich bin eben einfach verknallt, fertig. Aber mehr und mehr überlege ich, ob ich nicht was in der Richtung unternehmen soll. Irgendwie wollen die Pferde mit mir durch.«
    Mit offenem Mund starrte Daisy sie an. »Aber wenn John nun was rausfindet? Du bist irre, wenn du glaubst, du kannst mit dem Feuer spielen, ohne dich zu verbrennen.«
    Daisy kannte John seit ihrem achtzehnten Lebensjahr. Sie hatte gesehen, wie aus einem eher schmächtigen Jugendlichen ein leicht übergewichtiger Mann mittleren Alters wurde, dessen feines blondes Haar die ersten grauen Strähnen aufwies. Flüchtig betrachtet wirkte er wie der typische Autohändler: laut und überschwänglich, mit einem glatten Mundwerk und der ärgerlichen Angewohnheit, Substantive wie ›Anreiz‹ als Adverben zu gebrauchen, zum Beispiel

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