Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
sein.«
Daisy zögerte. »Na ja, jetzt, wo du’s sagst.«
»Ich hab das nie ernst genommen. Ist eben bloß eine dieser Gewohnheiten von verheirateten Paaren. Du weißt schon – sich das Mundwasser teilen, das Küsschen vor dem Schlafengehen, den andern in der Öffentlichkeit nach Kräften bloßstellen. So schaut’s aus. Gehört dazu. Willst du noch Salat?«
Sie gingen in die Küche, wo die Salatschüsseln auf der Küchenbank standen. Tom saß dort ganz allein am Tisch und nagte versunken an einem Rippchen.
»Was machst du denn hier?«, fragte Daisy.
Tom blickte auf. »Keith und Sophie und Angela und Barry unterhalten sich über Babynamen. Außerdem dachte ich, ein bisschen Ruhe und Frieden würde mir gut tun. Immerhin ist es Wochenende.«
»Ich gehe dann mal und sehe zu, dass ich Carmen und John von Harry erlöse«, sagte Doris und zog sich hastig in den Garten zurück.
Daisy setzte sich an den Tisch. »Sollte das gerade ein Witz sein? Oder macht’s dir wirklich keinen Spaß?«
Tom seufzte. »Spielt das eine Rolle? Es geht doch gar nicht darum, ob ich Spaß habe oder nicht. Das hier ist genau genommen eine Pflichtveranstaltung, nicht?«
» Deine Pflichtveranstaltung – Sophie und Keith, Angela und Barry«, erinnerte Daisy ihn.
»Ich beschwere mich ja nicht«, winkte er ab, doch Daisy
hatte das Gefühl, dass er genau das tat. »Ich wollte nur ein bisschen Ruhe, bevor ich mich wieder in den Trubel stürze.«
»Wie wär’s, wenn wir heute Abend ins Kino gehen? Sobald alle weg sind?«, schlug Daisy vor.
»Da sind wir viel zu erledigt. Wir sollten lieber daheim bleiben, uns eine Pizza oder so bestellen und einen ruhigen Abend vor dem Fernseher verbringen.«
»Aber das machen wir doch andauernd. Weißt du noch? Früher haben wir uns fast jeden neuen Film angeschaut.«
»Und jetzt haben wir ein Haus, das noch längst nicht abbezahlt ist«, grunzte Tom. Er stemmte sich mühsam auf die Beine. »Ich gehe wohl besser wieder raus und mime den Gastgeber. Sicher sind die Rippchen inzwischen ausgegangen.«
Er latschte in den Garten hinaus. Daisy, die ihm nachblickte, dachte, dass er so schon das ganze Jahr über herumschlurfte: mit hängenden Schultern, schweren Beinen und düsterem Gemüt.
Es stimmte, dass sie früher oft im Kino waren. Wenn sie nicht gerade Ausflüge in die Umgebung machten, zum Essen gingen oder alles Mögliche unternahmen, was einem eben so in den Sinn kommt, wenn man einen Vorwand braucht, um sich zu sehen. Aber nach der Hochzeit braucht man keine Einfälle mehr. Man sah sich, wenn man morgens die Augen aufschlug oder abends den Kopf ins Wohnzimmer steckte mit einem Blick auf die Couch.
Sie wusste noch, wie sie sich früher immer morgens heimlich ins Bad geschlichen hatte, um ein wenig Himbeer-Lip-Gloss und Abdeckstift aufzutragen, so dass sie, wenn sie Tom den Morgentee ans Bett brachte, in seinen verschlafenen Augen einigermaßen präsentabel aussah. Jetzt war sie sich nicht mehr so sicher, ob das wirklich rührend von ihr gewesen war oder einfach nur neurotisch. Wie auch immer, derzeit machte sie sich weniger Mühe. Manchmal wusste sie
nicht einmal mehr, ob es Tom war, mit dem sie sich zu Tode langweilte, oder mit sich selber. Sie riss dieser Tage, weiß Gott, auch niemanden vom Hocker. Daisy war sich nicht sicher, ob sie gegenwärtig mit sich selbst verheiratet sein wollte.
Früher dachte sie immer, sie und Tom hätten so viele gemeinsame Interessen, dass es für ein Leben reichte; doch jetzt hatte sie den Eindruck, dass Tom sie weitaus reizvoller fände, wenn sie mit einer eingebauten Maus und einer Fernbedienung lieferbar gewesen wäre.
Daisy achtete immer darauf, Tom auf dem Laufenden zu halten, was ihre fruchtbaren Tage betraf. Es wäre zu peinlich, wenn er sagen würde, er sei heute zu müde, nur um hastig seine Meinung zu ändern, wenn er hörte, dass es entweder heute sein musste oder gar nicht – zumindest diesen Monat nicht mehr. Es käme dann bloß zu einer dieser lächerlichen Szenen, in denen er ihr versicherte, nein, wirklich, er wolle schon, ganz bestimmt, und sie darauf beharrte, es wäre nicht so schlimm – wie sie natürlich aus Rücksicht abwiegelte – sie könnten es ja im nächsten Monat wieder versuchen.
Beide wussten also, dass sie heute nach dem Videofilm und der Pizza miteinander schlafen würden. Das raubte dem Ganzen zwar die Spontaneität, doch zumindest war ihnen klar, wo sie standen. Oder besser lagen.
Und sie hatten das, was Daisy insgeheim
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