Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
und unsere erwachsenen Kinder beklagen sich, weil es sie anödet, zwei alte Langweiler wie uns besuchen zu müssen. Oder ich habe dann endlich den langersehnten Porsche, und du bist eine berühmte PR-Beraterin, der sogar Hollywood die Türen einrennt.«
»Du glaubst also, dass nur das eine oder das andere möglich ist – entweder Kinder oder ein Leben in Saus und Braus«, meinte Daisy. »Damit magst du Recht haben. Kinder großzuziehen scheint wirklich eine undankbare Aufgabe zu sein. Du investierst all deine Zeit, all dein Geld – und dann kommen dich die Bälger auf deine alten Tage nur besuchen, wenn sie unbedingt müssen.«
»Aber bei dir und deinen Eltern ist das anders.«
»Nur, weil ich sie nicht jeden Tag sehe. Durch den Umzug nach Sydney kann ich mir vorgaukeln, ich hätte meine Freiheit. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn sie gleich um die Ecke wohnten.«
»Tun sie aber nicht. Und meine zum Glück auch nicht!«
Eine grausige Vorstellung, in der Nachbarschaft von Patrick und Patricia leben zu müssen, dachte Daisy. Aber für die ›ältlichen P’s‹, wie Tom sie nannte, war die Strecke nach Manly, bei der sie die Sydney Harbour Bridge überqueren mussten, glücklicherweise dasselbe, als stünden sie vor der Aufgabe, die Alpen per Elefant zu bewältigen. Also sah man sich nur, wenn Daisy und Tom nach Rose Bay führen. Was beiden Seiten recht gut zu passen schien.
Wieder schwiegen sie. Daisy fragte sich unwillkürlich, wann man das Nicht-Reden bei einem Paar als ›geselliges Schweigen‹ bezeichnen konnte und wann es einfach nur hieß, man hatte sich nichts mehr zu sagen. Vielleicht kam es ja einfach nur darauf an, wie man die Sache betrachtete – wie das mit dem halb vollen oder halb leeren Glas. Wenn man für sich entschied, dass es ein ›geselliges‹ Schweigen war, dann stimmte das wohl auch.
Es war eine klare Nacht, und als Daisy sich in ihrem Sessel zurücklehnte, konnte sie eine dünne Mondsichel ausmachen, die immer wieder vorüberziehende Wolken verdeckten.
Sie war einfach viel zu analytisch und verkrampft, was die Ehe betraf. Man muss schließlich nicht dauernd miteinander reden, besonders nicht, wenn man miteinander verheiratet ist. Warum konnte sie nicht einfach hier sitzen, sich entspannen und Toms Gesellschaft genießen? Ja, einfach gemütlich zusammensitzen, das machte eine gute Beziehung doch wohl aus. Vollkommen zufrieden beieinander sitzen und sich in der Gesellschaft des anderen wohlfühlen. Traute Zweisamkeit …
Zürück in Sydney, würden sie gleich einen Spezialisten aufsuchen und herausfinden, was wirklich los war und warum es mit dem Schwangerwerden nicht klappen wollte. Vielleicht würden ihr ja bald ein paar Embryos eingepflanzt werden, und diese schlüpfrigen kleinen Eier konnten sehen, wo sie blieben. Vielleicht war es töricht, aber der Gedanke, dass sie tatsächlich ein Embryo in sich tragen würde, selbst wenn es nur ein paar Tage wäre, stimmte sie beinahe hoffnungsvoll. Zumindest trüge sie dann ein Baby unter dem Herzen.
»Mann, ich friere mir hier den Arsch ab«, beschwerte sich Tom. »Und diese Sessel werden auch immer unbequemer. Der Sitz zwickt irgendwie. Ich glaube, ich gehe rein und ins Bett.«
»Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen hier draußen. Ist so schön still und friedlich.«
»Bis später dann.«
Tom erhob sich und hielt sich kurz an der Hintertür auf, um Chump klar zu machen, dass er wirklich, wirklich draußen bleiben musste, komme was da wolle. Dann hörte Daisy, wie Tom ihren Eltern eine Gute Nacht wünschte. Auf der Farm gingen alle früh zu Bett. Wenn man noch vor Morgengrauen aufstehen muss, um die Kühe zu melken, dann hat man kaum Lust, bis Mitternacht Rambozambo zu veranstalten.
Daisy kuschelte sich fester in ihren Mantel. Ein wenig geselliges Schweigen mit dir selbst, dachte sie. Auch nicht schlecht.
Sie merkte, dass sie Angst hatte vor der Wahrheit. Vor dem, was der Spezialist womöglich herausfände. Musste sie überhaupt erfahren, dass sie unfruchtbar war? Oder Tom? Wer weiß, was das mit ihrer Ehe anstellen würde?
Wenn es allerdings klappte, würde sie natürlich weder Kind noch Beruf aufgeben. Alle Zeitschriften und Lifestyle-Magazine
propagierten ja andauernd, dass es möglich war, zu Hause zu arbeiten und sich gleichzeitig um ein Baby zu kümmern, wohingegen die Erfahrungen aus ihrem Freundeskreis ihr zeigten, dass dies der sichere Weg ins Chaos war: Ein beklagenswert vernachlässigter Haushalt, um
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