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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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berufliche Situation nicht besonders gut gelungen war. Obwohl sie dagegen ankämpfte, war sie oft gereizt und unfreundlich zu ihm gewesen – oder einfach zu Tode gelangweilt von dem ganzen Zirkus. Schon lange streichelte sie ihm nicht mehr über den Kopf oder nannte ihn ›mein Schatz‹, geschweige denn, dass sie ihm laut aus einer Zeitung vorlas. Und ganz gewiss hatte sie nie daran gedacht, vielleicht eines Tages die Bettpfannen für ihn zu leeren. Wie fordernd und erschreckend das mit der Ehe doch sein kann, dachte Daisy.
    Schweigend fuhren sie nach Kew hinaus. Daisy saß am Steuer, da Nell im Stadtverkehr, den sie als Landpflanze nicht gewöhnt war, immer nervös wurde. Schließlich bogen sie in die runde Auffahrt vor Maries und Lens Haus ein, dessen großer, dichter Garten bereits in der Abenddämmerung lag und nur durch das Imitat einer alten Droschkenlampe über der Haustür erhellt wurde. Als Daisy noch klein war, fand sie diese Lampe todschick, doch heute zuckte sie bei ihrem Anblick jedes Mal zusammen. Während sie ihren Koffer auslud, sprang die Tür auf, und Marie erschien, die Hände in Brusthöhe zusammengepresst, wie sie es immer tat, wenn sie aufgeregt war.
    »Daisy-mazey«, rief sie und gab Daisy ein Küsschen auf die Wange. »Wie schön , dich mal wieder zu sehen! Selbst unter diesen schlimmen, schlimmen Umständen.«
    »Hallo, Tantchen. Danke, dass ihr mich so kurzfristig aufnehmt.«
    »Ach, Liebes, das ist doch das Mindeste, was wir tun können. Das Allermindeste !« Marie hatte die Angewohnheit, ihre Sätze dramatisch zu wiederholen – als hätte sie sie gekostet und beim ersten Mal nicht würzig genug gefunden.
    Mit Flatterbewegungen ihrer Hände scheuchte sie Daisy
und Nell durch die Diele bis in die große Küche im Rückteil der Villa. Es war eine große Wohnküche mit einem wuchtigen alten Holztisch, um den sich die Familie oft versammelt hatte, meist in der absurden Hoffnung, irgendeine genießbare Mahlzeit zu erhalten. Jetzt war die Küche leer bis auf zwei siamesische Katzen, die sich in einem komplizierten Muster aus Kaffee und Sahne um die Tischbeine wanden. Len wollte sich nach der Stadtratssitzung noch ein Gläschen gönnen. Die Lokalpolitik war schon seit mehr als dreißig Jahren Lens Leidenschaft, und Marie fungierte, zu ihrem grenzenlosen Entzücken, bereits zweimal als Bürgermeistersgattin. Sie liebte Lens Auftritte in seinem Amtsstaat.
    »Und wie geht’s dem lieben Rob?«, erkundigte sich Marie und flatterte zum Tisch, wo sie sich wie gewöhnlich an dem vom Herd am weitesten entfernten Ende niederließ.
    Nell setzte ohne zu zögern den Teekessel auf. Ihre Bewegungen waren rasch und sicher, obwohl sie höchstens einmal pro Jahr zu Besuch kam. »Die Dialyse wirkt wahre Wunder. Du würdest ihn kaum wiedererkennen«, berichtete sie.
    »Na, Gott sei Dank! Len und ich werden ihn morgen Abend noch mal besuchen, sobald Len von der Arbeit nach Hause kommt. Sobald er aus der Tretmühle nach Hause kommt!« Marie gähnte ungeniert, riss den Mund auf wie ein schläfriges Kleinkind. Sie trug ein scharlachrotes Hauskleid aus Samt, und ihr weiches, dichtes graues Haar war am Oberkopf zu einem schlampigen Knoten aufgetürmt. Daisy hatte sie nie anders gesehen, außer wenn sie in einem ihrer Stücke auftrat.
    »Was ist mit dir Daisy-mazey? Wie fandest du deinen Vater? Muss ein ziemlicher Schock für dich gewesen sein. Natürlich war es das für uns alle. Ein ganz schrecklicher, schrecklicher Schlag. Das Leben kann einem wirklich die schlimmsten Streiche spielen.«

    Daisy setzte sich ebenfalls an den Tisch. »Das darfst du laut sagen! Ich finde Krankenhäuser furchtbar deprimierend.«
    Nell kam mit Milch, Zucker und einem Teller voll Keksen herüber. Daisy sah, dass sie selbst gemacht waren, und fragte sich, wann Nell wohl Zeit zum Backen gefunden haben konnte. Oder hatte sie die Geistesgegenwart besessen, eine Dose Kekse einzupacken, bevor sie sich ins Auto setzte und nach Melbourne fuhr? Auf keinen Fall stammten die süßen Happen von Marie.
    »Möchtest du lieber ein Sandwich?«, fragte Nell und berührte Daisy an der Schulter.
    Diese schüttelte den Kopf. Sie war zu müde, um hungrig zu sein. »Ein paar Plätzchen reichen mir, danke.«
    Marie griff zerstreut nach einem Keks und begann in aller Ruhe zu kauen, ohne sich darum zu kümmern, dass es Brösel auf ihr Hauskleid regnete.
    »Ja, das Leben ist schon seltsam. Der Vorhang geht auf und du weißt nie, was passiert, bevor er sich wieder

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