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unterdrücken konnte. »Und natürlich haben Mrs. Arundell und ihre Schwester das Recht, jedes Foto, das ihnen nicht gefällt, abzulehnen.«
»Nun ja, das ist ja wohl ohnehin so üblich bei Verve«, konnte der Agent nicht umhin zu bemerken.
»Äh, ja, das stimmt«, stotterte Clare, »aber bei Mrs. Arundell werden wir mehr als das tun. Ich meine, sie bekommt jedes Foto umgehend zugesandt und sie darf gerne den Ton des, na ja, Himmels oder was immer sie will ändern.«
Sie hörte den Agenten am anderen Ende der Leitung seufzen. »Hören Sie, Clare, das haben wir doch alles schon mal besprochen. Barbara ist nur mit der Veröffentlichung der von ihr gemachten Fotos einverstanden. Wenn Verve das nicht passt, dann müssen wir eben passen.«
»Würden Sie Ihre Meinung vielleicht ändern, wenn ich Mrs. Hogan bitten würde, Sie persönlich anzurufen?«, erkundigte sich Clare verzweifelt.
»Nein, keine Chance. Tatsächlich wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sie mir nicht auf den Hals hetzen würden. Offengesagt, Barbara war sowieso nie recht glücklich über diese Interview-Geschichte. Unter uns, Viv als Tantchen war ihr viel lieber als als Schwester.«
Clare stieß den angehaltenen Atem aus. »Rufen Sie mich an, wenn Sie Ihre Meinung ändern sollten«, sagte sie und legte auf.
Wie viel grausamer konnte dieser Tag noch werden, fragte sie sich und ließ den Kopf in die Hände sinken. Anstatt für die Zeitschrift eine großartige Story an Land zu ziehen, hatte sie sie verloren. Am liebsten hätte sie laut aufgestöhnt. Und natürlich hüllte Leo sich in Schweigen.
»Clare, kommen Sie sofort in mein Büro«, bellte der Colonel aus seinem Kabäuschen.
Clare zog sich mühsam auf die Füße und schleppte sich ins Büro des Colonels, um sich dem Drachen über dessen riesigen, antiken Eichenholzschreibtisch hinweg zu stellen. Der Colonel wies mit einer Bewegung der runzligen kleinen Kralle auf den unbequemen Metallstuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches, und Clare setzte sich vorsichtig und mit kerzengeradem Rücken hin. Ihr schauderte vor der Vorstellung, wie wütend der Colonel werden würde, wenn herauskam, dass Thumper ihnen durch die Lappen gegangen war.
»Thumper hat abgelehnt«, stellte der Colonel ohne Umschweife fest.
»Äh, ja«, gestand Clare, die zu deprimiert war, um sich zu fragen, woher der Colonel solche Dinge sofort wusste.
»Das heißt, Sie haben bis Montag Zeit, sich eine Alternative für diese mehrseitige Story einfallen zu lassen.« Der Colonel lehnte sich in ihrem riesigen Ledersessel zurück und legte die Finger zu einem kleinen Dach zusammen. Clare hatte einmal in einem Buch mit dem Titel Ihre Körpersprache und wie Sie sie einsetzen können, um Ihr Leben von Grund auf zu verändern, gelesen, dass diese spezielle Geste ein Zeichen von Dominanz war.
Der Colonel fuhr zügig fort: »Clare, Ihre Einstellung zur Arbeit lässt sich schon seit Monaten nur noch mit dem Wort ›de-interessiert‹ beschreiben.« (Desinteressiert, doofe Nuss, dachte Clare vergrämt.) Doch der Colonel fuhr, ohne sich ihres sprachlichen Fehltritts bewusst zu sein, fort. »Ich habe Ihre »Liebe-Marion«- Antworten gelesen. Sie sind vollkommen unbrauchbar. Ich weiß nicht, was Sie sich beim Schreiben gedacht haben, aber es klingt, als hätten Sie unter Drogen gestanden. Kompletter Unsinn. Also werde ich Ihnen die Kummerkastenbriefe wieder wegnehmen und Ihnen noch eine Chance geben, den Schaden, den Sie durch Ihre anmaßende
Fehlbehandlung der Arundell-Story angerichtet haben, wieder gutzumachen. Finden Sie einen Ersatz. Und falls Ihnen das nicht gelingen sollte, schlage ich vor, dass Sie sich nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen.«
Clares Kopf zuckte hoch, und vor ihrem geistigen Auge schwirrten Bilder und Zahlenkolonnen von ihrem gerade erst auf Pump erworbenen Apartment. Auf einmal zerstob ihr so hart erworbenes Gefühl der Sicherheit, sank in sich zusammen wie ein misslungenes Soufflé.
»Im Ernst? Sie sagen, ich würde meinen Job verlieren?«
»Nicht, wenn ich bis Montag eine alternative Idee auf dem Schreibtisch liegen habe«, entgegnete der Colonel kalt. »Sehen Sie es als Herausforderung, nicht als Drohung. ›Clares letzte Schlacht‹.«
Clare wusste, dass sie nun etwas Beruhigendes, Professionelles hätte sagen sollen, doch alles, was sie tun konnte, war dazusitzen, während sie sich vorstellte, wie sie ihre Habseligkeiten in Kisten packte und … ja, wohin brachte? Zurück zu Mom und Dad?
Clares letzte
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