Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
das ist der, den ich mitgebracht hab. Dürfte ziemlich okay sein.«
Isobel begann die schmutzigen Gläser ins Spülwasser zu stapeln.
»Also was ist los? Was hast du gemeint, als du sagtest, du hättest eine lausige Woche gehabt?«, erkundigte sie sich.
Insgeheim dachte Isobel, dass Clares Sorgen (Freund, Job, Zellulitis) im Vergleich zu den wahren Problemen erbsengroß waren. Die Komplikationen, die die Arbeit bei einem glamourösen Frauenmagazin mit sich brachte, mussten die reinste
Erholung sein im Vergleich zu den mitunter lebenswichtigen Entscheidungen, die sie zu treffen hatte – bis über Eindämmen kindlicher Fieberschübe zu stundenlangem nächtlichen Auf- und Abgehen im Flur mit einem von hysterischem Gebrüll geschüttelten Baby.
Aber für Isobel war es etwas ganz Natürliches, sich um Clare zu kümmern. Von Clares Geburt an hatte June Isobel instruiert, auf ihre kleine Schwester aufzupassen. Und kaum war Clare fünf Jahre alt geworden, überließ June fröhlich Isobel die Sorge um die kleine Schwester. Vernünftig, wie Isobel war, wusste sie die Nummer der Apotheke auswendig, und man konnte sich darauf verlassen, dass sie anrief, wenn etwas schief ging. Clare dagegen durfte inzwischen das Baby spielen. Schon bald meinte June zu erkennen, dass Clare künstlerisches Talent besaß, und meldete sie prompt in einer Theatergruppe und einem Tonmodellierkurs an (was, abgesehen von allem anderen, auch das lästige Problem löste, was man zwischen Schule und Schlafenszeit mit den Mädchen anstellen sollte). Während Isobel sich also mehr auf die wissenschaftlichen Fächer konzentrierte, wurde Clare in die künstlerische Richtung gedrängt.
Isobel liebte Clare und kümmerte sich gerne um sie. Außerdem musste sie zugeben, dass es ihr im Grunde ganz gut gefiel, eine Art Kummerkastentante für Clare zu sein. Sie liebte es, vernünftige Ratschläge zu geben und Clares manchmal recht wackeliges Selbstbewusstsein aufzupolieren. Wenn ich doch bloß bei meinen eigenen Problemen auch so effizient wäre, dachte Isobel bekümmert.
Jetzt zog Clare eine Grimasse. »Als ich sagte, lausig, da meinte ich in Wirklichkeit absolut katastrophal. Eine echt höllische Woche. Erst mal ist Leo am Mittwoch nicht aufgetaucht, als er von den Dreharbeiten zurückkam. Ich rief ihn blöderweise an, weil ich halt stinksauer war, und hab mich prompt zum Trottel gemacht. Dann ist auch noch diese
Riesenstory für die Zeitschrift ausgefallen, und der Colonel ist ausgeflippt. Sie meinte, wenn ich keinen Ersatz dafür fände, könnte ich einpacken. Job ade.«
»Was!? Das kann sie doch nicht im Ernst meinen.« Isobel drehte den Kopf zu Clare herum, die Hände noch im Spülwasser.
»Doch, ich fürchte, das tut sie«, erwiderte Clare. »Diese alte Hexe. Ich plante dieses Interview mit Thumper Arundell, du weißt schon, dem Supermodel aus den Sechzigern. Sie hat rausgefunden, dass ihre Tante in Wahrheit ihre Schwester ist. Ich meine, Thumpers Mum hatte mit siebzehn oder so ein Baby, und die Großeltern erboten sich, es wie ihr eigenes Kind aufzuziehen. Irgendwann stellte sich dann raus, dass die Frau, die Thumper ihr Leben lang für ihr Tantchen gehalten hat, nichts anders als ihre leibhaftige Schwester ist. Wäre’ne tolle Story gewesen, aber leider hab ich sie verloren. Was bedeutet, dass ich nun auch noch meinen Job verlieren könnte, wenn ich nicht mit einem geeigneten Ersatz aufwarte.«
»Na, es ist doch nicht so, als ob dein Herzblut an diesem Job hängt. Selbst wenn du ihn verlieren solltest, du findest immer was anderes«, versuchte Isobel Clare zu beruhigen. »Aber du musst ihn ja nicht verlieren, alles, was du tun musst, ist, eine andere Story zu finden. So schwer kann das doch nicht sein. Wir könnten uns morgen beim Frühstück vielleicht was überlegen.«
»Ja, vielleicht«, brummte Clare lustlos und trocknete eine Kuchenplatte ab.
Isobel zögerte. Sie wusste nie, wie kritisch sie sich über Clares Männer äußern durfte, wenn die Beziehungen bergab gingen, weil es schließlich sein konnte, dass Clare sich wieder mit ihnen aussöhnte. Isobels Albtraum war, dass sie einen dieser Kerle als Versager titulierte, nur um dann sehen zu müssen, wie Clare ihn dann doch heiratete und es einen lebenslangen Riss zwischen den Schwestern gäbe. Sie musste vorsichtig
sein. »Was Leo betrifft«, meinte sie verhalten, »du weißt ja, wie ich ihn einschätze. Ich verstehe wirklich nicht, was du an Männern wie ihm findest.«
»Warum kannst du
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