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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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schluchzte. Und sie machte sich, um ehrlich zu sein, auch Sorgen um sich selbst. Schließlich war es Isobels Pflicht, die Stabile zu sein, damit Clare die kleine Schwester, die sich dauernd auf einer emotionalen Achterbahn befindet, spielen konnte. So war es doch schon ewig. Isobel wollte doch jetzt sicher nicht die familiäre Dynamik auf den Kopf stellen!
    Sie schlang den Arm um Isobels Schultern und drückte sie, wie sie hoffte, sowohl ermunternd als auch mitfühlend. Dann führte sie sie von der Spüle weg und setzte sie an den Küchentisch. Von der Anrichte holte sie rasch ihre Gläser und die halb leere Weinflasche.
    »Schau, meine Schöne«, sagte Clare, während sie Isobel die Gummihandschuhe herunterzog und ihr ein volles Glas Wein in die Hand drückte. »Du weißt, ich hab immer gedacht, dass du ein wirklich wundervolles Leben führst. Du musst nicht
jeden Tag ins Büro trotten, musst dir keine Sorgen um die Abzahlung der Hypothek machen. Du hast zwei wunderhübsche Kinder, und du hast Phil, der einfach fantastisch ist. Ich finde, du hast ungeheures Glück gehabt.«
    Isobel brachte ein wässriges Lächeln zu Stande. Warum, zum Geier, dachten die Leute, man sollte mit seinem jämmerlichen Leben glücklicher sein, nur weil deren Leben noch schlimmer war?
    »Von außen sieht fast jedes Leben relativ gut aus«, sagte sie schnüffelnd. »Es ist bloß so, dass ich mich fühle, als würde ich Wassertreten. Wir haben geheiratet, wir haben das Haus gekauft, die Kinder bekommen und jetzt … ja, was jetzt? Ich weiß, es klingt wie eine von diesen lächerlichen Midlife-Krisen, aber ich hab einfach schreckliche Angst davor, dass das jetzt alles war, ewig nur das hier, für den Rest meines Lebens. Wie bei Mum wird die Zeit an mir vorbeifliegen, und eines Tages werde ich zurückschauen und sagen, nun, zumindest habe ich immer für einen vollen Kühlschrank gesorgt.«
    Clare schnaubte verächtlich. »Was überhaupt nicht stimmt. Sie stand dauernd in der Apotheke. Weißt du noch ihre Vorstellung von gewagter Feinschmeckerküche? Sie hat ein Päckchen französische Zwiebelsuppe über die T-Bones gestreut und das Ganze in den Ofen geschoben. Wahrscheinlich hat sich daran bis heute nichts geändert, was wir feststellen würden, wenn sie uns ausnahmsweise einmal zu sich einladen würde, statt in schöner Regelmäßigkeit zu den Familiendinners zu euch zu kommen. Ehrlich gesagt, ich glaube sogar, dass Mum überhaupt nicht mehr kocht. Als ich letztes Mal vorbeischaute, hat sie gerade Rote Beete aus der Dose in einen Mixer geschüttet und das dann Borscht genannt.«
    Clare lenkte das Gespräch geschickt ins sichere Gewässer der Reminiszenz, oder besser gesagt, des Lästerns über ihre Mutter. Sie war sicher, dass es Isobel helfen würde, sich wieder zusammenzureißen. Nichts ist tröstlicher für Geschwister,
als alle eigenen Probleme auf die schlechte Kindheit zurückführen zu können. (Nur um später den umgekehrten Prozess zu erleben und sich zu fragen, wie die eigenen Kinder, trotz der idealen und fürsorglichen Kindheit, die sie genossen, solche Probleme haben.)
    Aber es tat Clare im Herzen weh, Isobel so verzweifelt zu sehen. Clare fand ihre Probleme weit schlimmer und tragischer als die von Isobel. Schließlich war sie diejenige, die noch immer single und kinderlos war, während Isobel sich darüber beschwerte, ob Phil je merken würde, dass der Ofen nicht selbstreinigend war. Doch nun sah sie derart bekümmert und niedergeschlagen aus, dass Clare ihre Hand nahm und sie tröstend drückte.
    »Wenn du wüsstest, wie schwer es draußen, in der wirklichen Welt ist, du würdest es hassen. Du weißt gar nicht, was du für ein Glück hast«, meinte Clare ein wenig vorwurfsvoll. »Es stimmt, was man sagt. Alle allein stehenden Männer sind entweder schwul, verheiratet oder wohnen zu Hause bei ihrer Mutter, damit sie ihnen die Wäsche abnimmt. Manchmal sogar alles zusammen. Und dann ist da noch der Beruf. Stell dir vor, du musst jeden morgen raus, musst Abgabetermine einhalten und dir Gedanken darüber machen, was deine Chefin will und ob du nächste Woche möglicherweise den Laufpass kriegst oder, noch schlimmer, ob du ihn nicht kriegst und für den Rest deines Lebens in diesem öden Job festhängst. Du solltest dich wirklich glücklich schätzen. Du bist in Sicherheit.«
    »Ach Clare, wenn du wüsstest!« Isobel nahm einen kräftigen Schluck Wein. »Du hast doch dieses herrliche Leben – du bist frei, hast tollen Sex, und zwar

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