Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
hatte.
Margaret wiederum richtete ihre durchdringenden Knopfaugen auf Clare und schien nicht im Mindesten beeindruckt zu sein von ihrem Minirock, den kniehohen Stiefeln, dem kurzen, fuchsiaroten Pullöverchen und der dazu passenden Baskenmütze (ihre Haare waren zurzeit eine echte Katastrophe).
Im Wohnzimmer ging es schon bald recht lebhaft zu: am Boden die kreischenden, quiekenden und sich balgenden vier Kinder, weiter oben, in Sitzhöhe, die Erwachsenen, die heroisch versuchten, über den Tumult hinweg ein zusammenhängendes Gespräch zu führen.
Das musste jedoch andauernd durch Ermahnungen an die Blagen unterbrochen werden. »Nein, du sollst Ellens Finger da nicht hineinstecken, Kate.« »Grace, bitte setz dich nicht auf Alex, das mag er nicht.« Als Clare das Kinderchaos schließlich nicht mehr ertragen konnte, drückte sie sich unter dem Vorwand, die Musikuntermalung für den heutigen
Abend aussuchen zu wollen, in die Ecke, in der die Stereoanlage stand. Dort brachte sie eine geschlagene halbe Stunde damit zu, Isos CD-Sammlung durchzuforsten, in der Hoffnung, doch noch etwas zu finden, was nicht John Farnham, Phil Collins oder der Soundtrack von Titanic war. Am Ende gab sie auf und legte eine Frank-Sinatra-CD in den Player. Retro war immer noch besser als Celine Dion.
Als die Kinder endlich zu Bett gebracht waren, nahmen die Erwachsenen mit ihren Weingläsern am Tisch Platz, und Phil schnitt den Braten auf, der zu Isobels Erleichterung innen noch rosa war.
Sie entspannte sich ein wenig und blickte sich zufrieden in ihrem Esszimmer um, das zwar klein, aber gemütlich war. Die Wände waren in einem kräftigen Rosarot gehalten, und der Tisch, den sie von Phils Großmutter geerbt hatten, hatte einen warmen, goldenen, walnussigen Glanz. Isobel und Phil saßen an den Kopfteilen des Tisches, Clare auf der einen Seite, Margaret und Kevin ihr gegenüber. Isobel merkte, dass das ein Fehler gewesen war. Es gab Margaret die Gelegenheit, Clare mit ihrem Sezier-Blick aufs Korn zu nehmen.
»Natürlich habe ich sofort zu ihr gesagt, dass, wenn ein Kind in dieser Tagesstätte beißt, das ganz sicher nicht meine Katie tut«, erklärte Margaret gerade. »Katie ist für so etwas viel zu gut erzogen. Ich glaube, dass es eine der anderen Mütter war, die die Schuld abschieben wollte; wahrscheinlich war es einer der Jungen.«
»Ich habe nicht gehört, dass sie irgendwen beschuldigt hat«, protestierte Kevin. »Und was mich betrifft, ich glaube, ein kleiner Biss zur rechten Zeit ist gar nicht so schlimm. Wieso stecken wir überhaupt so viel Geld in die Zahnbehandlung unserer Kleinen, wenn sie ihre Beißerchen dann nicht mal für einen Spaß einsetzen dürfen?«
Er brach plötzlich in Gekicher aus, und Clare zuckte zusammen. Isobel ebenfalls, aber nur, weil sie das schlechte
Gewissen plagte; sie hätte Clare das alles nicht zumuten dürfen. Noch dazu, da sie offenbar eine schwere Woche hinter sich hatte. Isobel fragte sich, was wohl schief gelaufen sein mochte – Probleme mit dem Freund? Mit dem Job? Oder hatte sie vielleicht die Körperfettmessung im Fitness-Studio aus der Bahn geworfen? Sie wusste, dass schon einer dieser Gründe reichte, um Clare aus der Bahn zu werfen.
Mit einem stirnrunzelnden Blick auf Kevin plapperte Margaret ungebremst weiter. »Jeder weiß doch, dass Jungs viel aggressiver sind als Mädchen. Die Hormone, natürlich. Aber wie mir jeder bestätigt, sind unsere Kate und unsere Grace wahrhaft mustergültig.«
Verschwörerisch beugte sie sich über den Tisch zu Clare, die gerade mit einiger Mühe versuchte, eine Ofenkartoffel zu zerteilen. »Ich persönlich führe das auf unsere gute Erziehung zurück. Und die ist kein Zufall. Ich habe darauf bestanden, dass Kevin einen Elterntrainingskurs mit mir besuchte, sobald wir wussten, dass Katie im Anmarsch war. Auf diese Weise konnten wir ihr einen exzellenten Start ins Leben verschaffen.«
Isobel versuchte verzweifelt, das Gespräch von Kindern weg auf andere Themen zu lenken, aber es gelang ihr nicht, bevor Margaret Clare versicherte, dass sie unbedingt selbst Kinder haben müsse.
»Es überrascht mich wirklich, dass Sie noch keine haben«, knautschte Margaret aus einem Mund voller Lammbraten. »Immerhin ist doch allseits bekannt, dass die Fruchtbarkeit einer Frau ab dreißig drastisch abnimmt. Sie riskieren alle möglichen Komplikationen, wenn Sie so lange warten: Unfruchtbarkeit, Geburtsfehler et cetera. Außerdem sagen alle Statistiken, dass die
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