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Suzanna

Suzanna

Titel: Suzanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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vorstellen, dass es mich noch immer innerlich zerreißt, daran zu denken? Zehn Jahre meines Lebens, Suzanna. Zehn Jahre!« Er schnippte seine Zigarette über die Kante.
    »Es tut mir leid.« Instinktiv legte sie ihre Hände auf seine Schultern. »Wenn jemand weiß, wie schmerzhaft es ist, alte Wunden aufzureißen, dann bin ich es. Gehen wir zurück.«
    »Nein.« Sein Körper war angespannt wie eine Sprungfeder. »Du willst es wissen, und du hast ein Recht darauf. Ich habe den Dienst hingeschmissen, weil ich es nicht mehr schaffte. Ich redete mir zehn Jahre lang ein, ich könnte etwas verändern, und dieser Schmutz, durch den ich waten musste, würde mich nicht berühren. Ich könnte täglich mit Dealern und Zuhältern und Opfern zusammenkommen und nachts dennoch gut schlafen. Ich sah ein paar Polizisten im Lauf der Zeit ausbrennen, aber mir sollte das nicht zustoßen.«
    Suzanna schwieg, massierte aber weiter seine Schultern.
    »Beim Rauschgiftdezernat kommst du in Abgründe, Suzanna. Du musst die Leute verstehen, die du wegfegen willst. Du denkst wie sie. Es gibt Dinge, die ich dir nie erzählen werde, weil du mir etwas bedeutest. Hässliche Dinge, und ich kann nicht …« Holt schloss die Augen und schob die Hände in die Hosentaschen. »Ich wollte es einfach nicht mehr sehen. Ich dachte immer öfter daran, hierher zurückzukommen.«
    Er rieb sich müde über die Stirn.
    »Ich war erschöpft, Suzanna. Ich wollte wieder wie ein normaler Mensch leben, nicht jeden Tag eine Waffe umschnallen und mit Abschaum in Hinterzimmern einen Handel schließen. Wir waren auf einer Routineermittlung und suchten nach einem kleinen Dealer, aus dem wir Informationen herauspressen wollten. Als wir ihn erwischten, rastete er aus. Der Mistkerl hatte Koks für zwanzigtausend Dollar unter seinen Kleidern festgeschnallt. Und er hatte Kokain genommen. Er geriet in Panik, zerrte eine angetrunkene Frau mit sich und rannte weg.«
    Holts Hände begannen zu schwitzen. Er rieb sie an der Jeans ab.
    »Mein Partner und ich trennten uns, um dem Kerl den Weg abzuschneiden. Ich hatte meine Waffe gezogen. Es war dunkel in der Seitenstraße. Die Mülltonnen waren umgestürzt. Ich hörte meinen Partner von der anderen Seite kommen. Die Frau schrie. Der Kerl ritzte sie ein wenig, und sie krümmte sich auf dem Asphalt. Dann sprang er mich an. Er hatte mir schon das Messer hineingerammt, bevor ich einen Schuss abfeuern konnte. Ich tötete ihn, während ich zusammenbrach. Das hat man mir hinterher erzählt. Ich erinnere mich nicht. Als ich im Krankenhaus erwachte, fühlte ich mich, als wäre ich zerschnitten und wieder zusammengenäht worden. Ich sagte mir, ich würde hierher zurückkommen, falls ich es schaffte. Denn ich wusste, sollte ich noch ein einziges Mal durch eine dunkle Seitenstraße gehen, würde ich nicht mehr herauskommen.«
    Suzanna schlang ihre Arme fest um ihn. »Hältst du dich für einen Versager, weil du heimgekommen bist, anstatt noch einmal durch eine dunkle Seitenstraße zu gehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich habe das lange Zeit getan. Niemand hat mir ein Messer in den Rücken gestochen, aber ich begriff, dass ein Teil von mir absterben würde, sollte ich mein Versprechen halten und bei Bax bleiben. Ich wählte das Überleben. Meinst du, ich sollte mich dafür schämen?«
    »Nein.« Holt drehte sich um und ergriff ihre Schultern. »Nein.«
    Suzanna umfasste liebevoll sein Gesicht. »Ich auch nicht. Es ist schrecklich, was dir zugestoßen ist, aber ich bin froh, dass es dich hierher verschlagen hat.« Sie küsste ihn sehr sanft.
    Sein Körper entspannte sich, während er Suzanna an sich zog. Das war endlich die nächste Ebene. Es gab nicht nur Leidenschaft, nicht nur Zärtlichkeit, sondern auch Vertrauen. Als der Wind durch das Gras und die bunten Blumen strich, glaubte Suzanna etwas anderes zu hören, etwas so Ruhiges und Schönes, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Als sie Holt anschaute, wusste sie, dass auch er es gehört hatte, und lächelte.
    »Wir sind hier nicht allein«, murmelte sie. »Die beiden müssen an derselben Stelle gestanden und einander so gehalten haben.« Sie zog seine Hand an ihre Lippen. »Holt, glaubst du, dass Schicksal und Zeit einen Kreis beschreiben können?«
    »Ich beginne es zu glauben.«
    »Sie kommen noch immer hierher und warten. Ich frage mich, ob sie einander jemals finden. Ich denke schon, wenn wir alles richtig machen.« Sie küsste ihn wieder und schlang einen Arm um seine Taille. »Lass

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