Suzanna
so hoch, dass sie das T-Shirt gar nicht weit genug hinaufschieben konnten, um das Ende zu sehen.
»Lieber Gott«, war alles, was Alex einfiel. Er schluckte und betastete dann vorsichtig mit einem Finger die Narbe. »Hast du einen großen Kampf gehabt?«
»Nicht direkt. Einer der Bösewichte hat mich erwischt.« Holt hoffte, das würde genügen. Als er spürte, wie sich Jennys kleiner Mund auf seinen Rücken senkte, hielt er ganz still.
»Fühlt es sich jetzt besser an?«, fragte sie.
»Ja.« Holt stieß einen tiefen Atemzug aus. »Danke.« Er drehte sich um, setzte sich auf und strich ihr über das Haar.
Suzanna stand ein paar Meter entfernt, sah ihnen zu und fühlte ihr Herz in ihrer Kehle schlagen. Sie hatte den Kampf von der Küchentür aus verfolgt. Es hatte sie gerührt, wie leicht Holt sich dem Spiel ihrer Kinder angeschlossen hatte. Sie hatte sich lächelnd zu ihnen gesellen wollen, dann hatte sie beobachtet, wie Jenny und Alex die Narbe auf Holts Rücken betrachteten und Jenny versuchte, ihn mit einem Kuss zu »heilen«. Und sie hatte bemerkt, wie gerührt Holt davon war.
Nun saßen alle drei im Gras, Jenny auf seinem Schoß, Alex mit einem Arm um Holts Schultern. Suzanna wartete einen Moment, um ihre Tränen zu trocknen. Dann erst ging sie weiter.
»Ist der Krieg vorbei?«, fragte sie.
»Er hat gewonnen«, berichtete Alex.
»Sieht nicht nach einem leichten Sieg aus.« Sie hob Jenny auf ihre Arme, als das Mädchen ihr die Hände entgegenstreckte. »Du bist ganz nass.«
»Er hat uns vollgespritzt, aber ich habe ihn zuerst erwischt.«
»Braves Mädchen.«
»Und er ist kitzlig«, vertraute Jenny ihr an. »Richtig kitzlig.«
»Und wie«, warf Alex ein.
»Tatsächlich?« Suzanna warf Holt ein träges Lächeln zu.
»Nun …«, begann Holt. »Das werde ich mir merken. Ihr zwei verschwindet jetzt. Ich habe festgestellt, dass niemand das Spiel von heute Vormittag weggeräumt hat.«
»Aber, Mom …« Alex hatte schon seine Ausreden parat, doch sie stoppte ihn mit einem Blick.
»Wenn du nicht aufräumst, tue ich es«, sagte sie sanft. »Aber dann nehme ich mir auch deinen Anteil vom Erdbeerkuchen heute Abend.«
Alex ließ sich mit der harten Entscheidung einige Sekunden Zeit, ehe er nachgab. »Ich räume auf, dann kriege ich Jennys Anteil.«
»Kriegst du nicht!« Jenny rannte zum Haus, ihr Bruder hinterher.
»Sehr schlau, Mom«, bemerkte Holt lachend und stand auf.
»Ich kenne die Schwächen der beiden.« Sie legte ihre Arme um ihn, was ihn überraschte und erfreute. Es war sehr selten, dass sie den ersten Schritt tat. »Du bist auch ganz nass.«
»Feuer aus dem Hinterhalt, aber ich habe sie ausgeknipst wie die Fliegen.« Holt zog sie schnell an sich und drückte seine Wange an ihr Haar. »Es sind großartige Kinder, Suzanna. Ich – äh …« Er wusste nicht, wie er ihr sagen sollte, dass er sich in die beiden verliebt hatte, genauso wenig, wie er ihr nicht sagen konnte, dass er sich in die Mutter der beiden verliebt hatte. »Ich mache dich nass.« Verlegen zog er sich zurück.
Lächelnd tippte sie mit einem Finger auf seinen Mund. »Willst du spazieren gehen?«
Er dachte an die Liste in seiner Tasche. Sie konnte eine Stunde warten, entschied er und ergriff Suzannas Hand.
Holt hatte gewusst, dass sie zu den Klippen gehen würden, während die Schatten länger wurden und die Luft sich abkühlte.
»Holt.« Sie blickte aufs Meer hinaus, ihre Hand in der seinen. »Erzählst du mir, warum du den Polizeidienst quittiert hast?« Sie merkte, wie sich seine Finger verkrampften.
»Es ist vorbei«, antwortete er mit grimmiger Miene. »Da gibt es nichts zu erzählen.«
»Die Narbe auf deinem Rücken …«
»Ich sagte, es ist vorbei.« Er zog sich zurück und steckte sich eine Zigarette an.
»Verstehe.« Suzanna verdaute die Zurückweisung. »Deine Vergangenheit und deine persönlichen Gefühle gehen mich nichts an.«
Er machte einen hastigen Zug. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Ganz sicher hast du das. Du hast das Recht, alles über mich zu wissen, was es zu wissen gibt. Ich soll dir alles anvertrauen, ausnahmslos. Aber ich soll mich nicht in deine Angelegenheiten drängen.«
Er wandte sich ihr ungehalten zu. »Soll das eine Art Test sein?«
»Nenne es, wie du willst«, gab sie zurück. »Ich hatte gehofft, du würdest mir mittlerweile vertrauen, und ich würde dir inzwischen genug bedeuten, dass du dich mir öffnen kannst.«
»Du bedeutest mir etwas, verdammt. Kannst du dir denn nicht
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