Svantevit - historischer Roman (German Edition)
folgte seinem Blick, so als könnte der Drachen dort jeden Moment auftauchen.
"Doch das reichte diesem nimmersatten Ungetier nicht. Es verlangte danach, regelmäßig eines der Mädchen aus dem Ort zu verspeisen und drohte, sonst alle Häuser mit seinem heißen Atem in Brand zu stecken."
"Doch dies haben die Menschen sicher nicht zugelassen", sagte Radik.
"Wo denkst du hin. Eine Weigerung hätte den sicheren Tod aller Einwohner bedeutet und so erboten sich die Mädchen freiwillig, dieses Opfer zu bringen. Unter Tränen wurden sie in die Berge geführt und nichts ward je wieder von ihnen gehört oder gesehen."
"Aber der Fürst, dieser Krak. Du sagtest er sei ein guter Mann gewesen und gerecht obendrein. Mut gehörte wohl nicht zu seinen Tugenden?", meinte Radik.
"Nun warte es nur ab. Der Fürst hatte eine junge, hübsche Tochter, liebreizend, klug und den Vater noch an Güte übertreffend."
"Und auch wohlschmeckend?", fragte Radik mit einem Grinsen.
Rubislaw verdrehte die Augen ob dieser erneuten Unterbrechung, erzählte dann aber in ruhigem Ton weiter.
"In dieses Mädchen verliebte sich ein Junge aus dem Ort, ein ganz einfacher Bursche, dessen Vater als Schuhemacher ein karges Einkommen hatte. Und auch sie fand durchaus Gefallen an ihm. Nun waren eines Tages aber alle Mädchen des Ortes dem Lindwurm geopfert und so war die Fürstentochter an der Reihe, ihre Pflicht zu tun. Dies wollte dem jungen Burschen nun gar nicht behagen. Er nahm von seinem Vater ein Ziegenfell, welches dieser zur Herstellung von Schuhen benötigte und besorgte sich eine gute Menge beißenden Schwefels, welche er in das Fell einnähte. Dies tückische Mahl legte er vor der Höhle des Lindwurmes ab, welcher sich wenig später gierig zum Verspeisen der vermeintlichen Ziege anschickte."
Rubislaw hielt sich den Bauch und schwankte mit dem Oberkörper von einer Seite zur anderen.
"Der Schwefel geriet in den Gedärmen des tyrannischen Untieres in Brand und verursachte ein arges Brennen!"
"So wie der Schnaps deines Vaters?"
Rubislaw ignorierte den Einwurf.
"Um seiner Pein ein Ende zu machen, begab sich der Drachen zu diesem Fluss und begann, in großen Zügen Wasser zu trinken. Dies aber schien das Rumoren in seinem Bauch erst richtig anzuheizen, aber er hoffte, das Feuer zu löschen, wenn er nur genug Wasser trinken würde. Und so soff und soff das Ungeheuer, bis es schließlich platzte."
"Warum aber ist die Stadt dann nach diesem Fürsten benannt, der doch nichts gegen die Bedrohung durch den Drachen getan hatte?", fragte Radik erstaunt.
"Nun ja", Rubislaw kratzte sich nachdenklich am Kopf, "Andere erzählen dieselbe Geschichte, mit dem Unterschied, dass dort der Fürst selbst den Lindwurm tötet. Aber mir ist die Erzählung mit der Fürstentochter und dem armen Jungen lieber."
"Weil du dich selbst eher als armer Junge denn als Fürst siehst. Nur bist du so groß und kräftig geraten, dass sich erst gar kein Lindwurm mehr hertraut. Schade!" meinte Radik.
Eines Tages, als man das Wasser verlassen und sich bereits wieder halb angekleidet hatte, griff sich Radik plötzlich mit der flachen Hand unter den Hals, ließ einen Entsetzensschrei ertönen, um sich augenblicklich wieder in den Fluss zu stürzen. Dort blickte er verzweifelt um sich und begann, wie besessen zu tauchen. Rubislaw konnte sich dieses Verhalten zunächst nicht erklären, verstand dann aber, dass Radik irgendetwas suchte.
"Kann ich dir helfen?", fragte er schließlich, nachdem er auch wieder ins Wasser gestiegen war.
Radik schüttelte bloß den Kopf, denn er war zu atemlos, um sprechen zu können. Schon verschwand er wieder kopfüber im langsam dahinfliessenden Nass.
Rubislaw hätte nur zu gern etwas getan, aber was? Er wusste ja gar nicht, wonach Radik suchte. Sie hatten doch nichts am Leib getragen, was hätte beim Schwimmen verloren gehen können. Halt! Um Radiks Hals hing doch immer dieses Lederbändchen mit dem Bernstein dran. Ja, natürlich!
Rubislaw begann nun auch, mit den Armen durch das Wasser zu fahren und mit den Füßen auf dem Grund zu stochern, ein eher hilfloser Versuch, dem Freund zu helfen. Mit Sorge beobachtete er, wie Radik sich immer mehr verausgabte und Mühe hatte, sich über Wasser zu halten, um wenig später erneut zu tauchen.
´Das geht nicht gut! Am Ende ertrinkt mir der Junge noch!´, dachte Rubislaw, als bereits die Dämmerung einzusetzen begann und er zudem bemerkte, wie Radik immer weiter abtrieb.
Er schwamm deshalb dicht zu
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