Svantevit - historischer Roman (German Edition)
wurde. Auch galt er sonst als sehr beliebt, soll ein geselliges Wesen besessen und dem Alkohol gerne zugesprochen haben, wobei er andere oft einlud, seine Gäste zu sein, kurzum ein Mann, der eigentlich keine Feinde kennt."
Womar lehnte sich zurück und guckte Radik an, um zu sehen, wie das Mitgeteilte auf diesen gewirkt habe, doch er blickte nur in ein verwundertes Gesicht.
"Nun weiß ich wirklich nicht viel mehr über diesen Mann zu berichten. Nur dessen Namen, den könnte ich noch in Erfahrung bringen."
Er genoss einen Augenblick die Spannung, die er von Radiks Augen anlesen konnte.
"Dieser hingemeuchelte Trunkenbold hieß Sabkok!"
Radik sprang auf. Dies war doch der Name eines der Männer, die Kailas Eltern ermordet hatten.
"Wann sagst du war das? Im letzten Frühjahr? Natürlich, dies ist die Erklärung!"
Ihm war sofort wieder eingefallen, dass unter den Männern, die Kailas Eltern getötet hatten, einer dieses Namens gewesen war.
"Sie hat befürchtet, dass man ihr auf die Schliche kommen könnte und deshalb die Flucht angetreten!"
Radik lief erregt im Raum auf und ab, bis er schließlich vor Womar stehen blieb.
"Aber warum ist sie inzwischen nicht wieder zurückgekehrt? Über die Sache ist doch längst Gras gewachsen!"
Womar zuckte nachdenklich mit den Schultern.
"Es wird nicht alles so gelaufen sein, wie sie sich das vorgestellt hatte", meinte er schließlich mit belegter Stimme.
"Du meinst, ihr ist etwas zugestoßen!?"
Radik setzte sich wieder und zog den Hocker dicht an Womar heran.
"Ich weiß, wir haben bereits darüber gesprochen. Aber bitte überlege noch einmal, versuche, dich in Kaila hineinzuversetzen! Wohin könnte sie gegangen sein? Es muss doch irgendwelche Anhaltspunkte geben", flehte Radik.
"Nun, sie ist hier auf der Insel aufgewachsen, kennt keinen anderen Ort. Eigentlich würde ich vermuten, dass sie sich nach Westen gewendet hat, zu den Obodriten oder gar weiter zu den Sachsen. Du weißt, dass Kaila die deutsche Sprache beherrscht. Andererseits könnte sie auch versucht haben, dir nachzureisen. Ihr wart zwar schon einige Monate unterwegs, aber ein Pferd ist ungleich schneller, als die schweren Wagen und so könnte sie gemeint haben, euch in ein paar Wochen einzuholen. Dann hätte sie nach Süden, Richtung Schlesien und Krakau reiten müssen, denn sie kannte ja das Ziel der Handelsreise."
Radik schlug sich die Hände vor das Gesicht, als er sich daran erinnerte, wie ihn die Sklavenhändler entführt hatten. Was, wenn Kaila an ähnliche Halunken geraten war?
"Ich muss etwas tun!", sagte er entschlossen, "Diese Untätigkeit lässt mich allmählich den Verstand verlieren!"
"Das kann ich gut nachvollziehen.", Womars Stimme zitterte, "Wenngleich ich nicht minder Angst habe, dass auch dir etwas zustoßen könnte, rate ich dir zu, dich auf die Suche zu begeben."
Schon eilte Womar flink in die Speisekammer und kehrte mit einem dicken Bündel zurück.
"Ist dein Pferd frisch und ausgeruht?", wollte er wissen.
"Kuro ist den besten Jahren. Er spürt, wenn es besonders auf ihn ankommt und scheint dann keine Müdigkeit zu kennen. Da sei ganz beruhigt."
"Wo wirst du deine Suche beginnen?", fragte Womar besorgt.
Radik hielt inne und musste sich gestehen, dies selbst nicht so genau zu wissen.
"Zunächst werde ich wohl dem Tross hinterherreiten und meinen Freund Rubislaw bitten, auf dem Weg die Augen offen zu halten und Erkundigungen einzuholen. Auf ihn ist wirklich Verlass", sagte er schließlich. "Danach werde ich mich nach Westen wenden."
So schnell, wie Radik bei Rubislaw und Pritzbur aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden gewesen. Er hatte ihnen alles gesagt, was er wusste, hatte ihnen Kaila ganz genau beschrieben, ebenso das Pferd, mit welchem sie damals fortgeritten war. Als sie ihm zugesichert hatten, ihr Möglichstes zu tun, um herauszufinden, ob sie irgendwo auf dem Weg Richtung Krakau steckte, war Radik erleichtert Richtung Nordwesten aufgebrochen. Pritzbur hatte weitreichende Beziehungen, konnte andere Kaufleute aus verschiedenen Gegenden fragen und so ungleich mehr tun, als es Radik vermocht hätte.
Als Radik im Gebiet der Obodriten angekommen war, wurde ihm klar, dass er nicht wusste, wo er überhaupt nach Kaila suchen sollte, wen er überhaupt nach ihr fragen konnte.
´Sie hat größere Menschenansammlungen stets gemieden´, überlegte Radik, ´Also hat sie sicherlich versucht, in einem kleinen Dorf oder gar einzelnem Gehöft Unterschlupf zu
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