Svantevit - historischer Roman (German Edition)
noch eine Suppe, dann werde ich weiterziehen."
Der Bauer musterte ihn kalt.
"So, so, das nennst du einen halben Brunnen!"
Er schaute abwechselnd auf Radik und dann auf die Grube.
"Meinst du in dem Loch kann ich meine Eimer halb mit Wasser füllen? Nein? Also was nützt mir deine Arbeit? Am Ende machst du dich mit vollem Bauch davon und ich habe immer noch keinen Brunnen."
Er schüttelte den Kopf und wollte gehen, als Radik ihn am Arm packte.
"Nur ein Stück Brot!", sagte er bittend.
Der schüttelte mitleidslos den Kopf und entfernte sich.
´Du hast es gut!´ dachte Radik, als er sich Kuro betrachtete, der inmitten des ersten Grases friedlich vor sich her kaute.
Er ging dem Bauern nach.
"Du hast mir satt zu essen versprochen! Was ist nun!", fragte er den Bauern, der mit Frau und Kindern an einem Tisch saß und ihn verdutzt ansah.
"Dann geh endlich, aber trage mir nicht den Dreck ins Haus!"
An Radik Kleidung haftete feuchte Erde. Die Knie waren blank gescheuert, wiesen Löcher auf und dunkel zeichnete sich geronnenes Blut ab. In den Händen, die mit Dreck verkrustet waren, hielt er die Schaufel, deren Holz einen tiefen Spalt aufwies.
"Ich denke, viel mehr schaffst du ohnehin nicht. Sieh dich doch nur an!", sagte der Bauer angewidert und wollte Radik zur Tür hinausschieben.
"Wenn du mir richtiges Werkzeug gegeben hättest, würdest du bereits reines Wasser fördern können. Hast du keine Hacke aus festem Eisen?", fragte Radik.
"So weit kommt es noch! Jetzt willst du auch noch mein bestes Werkzeug ruinieren. Schau dir nur an, wie die Schaufel aussieht und dies ist bereits die zweite!", rief der Bauer entrüstet.
"Die Grube ist so tief, dass sie mir bis zur Brust reicht. Gib mir wenigstens einen Laib Brot dafür", forderte Radik beharrlich.
"Ich wollte einen Brunnen! Hast du einen Brunnen gebaut? Also Schluss jetzt!"
Energisch schloss der Bauer die Tür.
Radik schaute sich zunächst ratlos um, ging dann zu dem Erdhaufen und begann, die braune Masse wieder in die Grube zu schaufeln.
"Was machst du da!?", hörte er bald die schnaufende Stimme des Bauern aufgeregt hinter sich brüllen.
"Verlass sofort den Hof oder es wird dir schlecht ergehen!"
Als Radik sah, dass der Bauer, rasend vor Wut, das Messer aufhob, welches am Rand der Grube lag, schlug er ihm mit voller Wucht die Schaufel ins Gesicht, welche krachend zersplitterte. Er legte in den Schlag all die Wut und den Hass, die sich aufgestaut hatten. Das splitternde Holz riss dem Bauer blutige Wunden im Gesicht und er krümmte sich winselnd am Boden.
´Sei froh, dass du mir keine Hacke gegeben hast!´ dachte Radik.
Das Weib kam aus dem Haus und lief mit Geschrei davon.
Radik setzte sein Tun mit einem einfachen Brett fort und hatte die Grube schon zur Hälfte wieder aufgefüllt, als ihm eine Faust in den Nacken traf. Da er sich gerade nach vorne bewegt hatte, war der Schlag jedoch abgerutscht.
Blitzschnell wandte sich Radik um. Er sah zwei Männer vor sich stehen, im Hintergrund das Weib des Bauern.
Als der erste wiederum zum Schlag ausholte, wich Radik aus, packte dessen Arm und hieb ihm die Faust in die Rippen. Mit der Kraft des ganzen Oberkörpers gab er ihm einen Stoß und beförderte ihn in die Grube.
Daraufhin wollte Radik einen Schritt zurückweichen, musste sich aber kurz umblicken, um nicht selbst in die Grube zu fallen. Ein Tritt in den Magen, gefolgt von schnellen Faustschlägen gegen den Kopf streckte Radik nieder. Danach prasselten die Hiebe und Stöße nur so auf ihn herab.
Wie von fern spürte er schließlich, dass man ihn über eine feuchte Wiese schleifte und irgendwann liegen ließ. Die sich entfernenden Stimmen waren wie der Abschied von dieser Welt.
Radik dämmerte vor sich hin regungslos. Keine Kraft, sich zu erheben. Wozu aber auch? Die weitere Suche nach Kaila war doch ohnehin zwecklos.
Und nach Hause zurückkehren? Was sollte er da?
Seine Sinne schwanden, zeichneten nur noch undeutliche Bilder.
Das Meer. Die warme Sonne. Der volle Mond. Leuchtender Bernstein. Honig. Das Summen der Bienen. Der liebe Alte. Kailas grüne Augen.
"Dort liegt jemand!", war eine erschrockene Stimme zu vernehmen, die einer jungen Frau gehören mochte.
Radik war nicht klar, ob er wachte oder träumte, bis er kalte, fette Finger an seinem Handgelenk spürte.
"Ich glaube, der ist tot! Aber wohl noch nicht lange", sagte eine krächzende Frauenstimme, "Mal sehen, ob er etwas bei sich trägt, was sich gebrauchen lässt."
Als jemand begann,
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