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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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erfassen. Sicher, der Tod eines Kindes bei der Geburt ist nicht völlig ungewöhnlich, auch wenn er hierüber kaum etwas wusste. Nicht wenige Frauen im Dorf hatten bereits Fehlgeburten erlitten, oft starb das Kind auch später noch im Säuglingsalter. Und natürlich kam es auch hin und wieder vor, dass die Mutter im Kindbett starb, selbst junge und bis dahin völlig gesunde Frauen.
    Radik sprang auf, rannte zur Tür, hielt inne und ging langsam wieder einige Schritte zurück.
    "Es gibt Schwierigkeiten?", drang eine sanfte, vertraute Stimme zu ihm.
    Am liebsten hätte er sich Womar wie ein hilfesuchendes Kind an die Brust geworfen. Wie hatte der alte, halbblinde Mann so schnell davon erfahren und herkommen können.
    "Das Kind ist tot", wiederholte Radik die Worte der Frau und merkte, dass ihm das Aussprechen dieser Gewissheit gut tat. 
    "So?"
    Radik sah, wie Womar sich flüchtig bekreuzigte.
    "Es hat nicht leben sollen," flüsterte der Alte, "Nicht lachen dürfen, aber auch nicht weinen müssen."
    "Aber warum? Wer entscheidet darüber?"
    "Gott!", erwiderte Womar, "Das jedenfalls glaube ich."
    "Und wie kann ich diesen Gott, deinen Gott, davon überzeugen, Zasara nicht sterben zu lassen?", fragte Radik verzweifelt.
    "Es ist nicht mein Gott. Wir alle haben nur einen Herrn", sagte Womar ruhig, "Du weißt ja, dass wir Christen unsere Wünsche und Bitten als Gebet äußern, gerade auch in solch schwerer Stunde."
    "Kann ich das auch?"
    Womar lächelte milde.
    "Oh ja. Lass uns zusammen beten!"
     
    Am Morgen ließ man Radik ins Haus. Zasara lag schlafend im Bett, blass und mit verschwitzten Haaren. Eine Frau wischte ihr vorsichtig das Gesicht.
    Radik sah zu seiner großen Überraschung, dass man Zassara ein gewickeltes Kind in den Arm gelegt hatte, das sehr lebendig war.
    "Freu dich. Du hast eine gesunde Tochter" flüsterte die Frau.
    Es waren also Zwillinge?
    Vorsichtig nahm Radik Zasaras Hand und legte die Innenseite an seine Wange, als müsse er sich der von ihr ausgehenden Wärme versichern.
     
    Nach einigen Tagen, in denen sie sich zu erholen schien, starb Zasara unerwartet an einem Blutsturz. Mit einem Lächeln auf den Lippen war sie eingeschlafen, ihre kleine Tochter zart an sich gedrückt.
     
    Radik konnte sich nicht trauernd zurückziehen und mit der Welt hadern, so gerne er dies auch getan hätte. Aber nun trug er die Verantwortung für ein kleines Menschenkind, er ganz alleine, so sehr ihm auch Hilfe von allen Seiten angeboten wurde. Nichts hätte sich Zasara mehr gewünscht, als dass er seiner Tochter ein guter Vater sein möge. Also versuchte er die traurigen Gedanken zu verdrängen und bei dem strahlenden Lächeln des kleinen Kindes fiel ihm dies bald nicht schwer.
     
     
     

Trügerische Ruhe
     
    Radik saß am Fuße des Burgwalls und blinzelte in die strahlende Herbstsonne, während das Lärmen einiger Händler seine Gedanken nach Krakau wandern ließ. Bereits seit drei Jahren war Rubislaw nicht mehr in Arkona gewesen. Ein Nachforschen bei anderen Kaufleuten hatte ergeben, dass es Pritzbur gesundheitlich immer schlechter gegangen sei und er das Handelsgeschäft wohl gänzlich aufgegeben habe. Das bedauerte Radik, wenngleich er sicher war, dass Rubislaw anderswo eine gute Arbeit gefunden hatte, immerhin war er tüchtig und gescheiter, als er sich einzugestehen traute.
    "Die … die … die Däääneeen!"
    Ein Junge, völlig außer Atem, wollte gerade vorbei in Richtung Burgtor laufen, doch sofort war Radik auf den Beinen und packte ihn am Hemd.
    "Was ist los?"
    "Ich … muss …", hechelte der Junge und wies zur Burg, "Die Dänen, viele Schiffe!"
    "Komm mit! Schnell!"
     
    "Was gibt es da noch zu überlegen?!", brüllte Nipud wieder mal in seiner aggressiv unbeherrschten Art, "Wir müssen sie direkt beim Anlanden attackieren."
    "Bei der großen Anzahl der Schiffe, die uns da gemeldet wurde, würden wir uns aber schnell aufreiben", wandte einer der anderen Männer ein.
    "Wir haben doch keine andere Wahl!"
    "Ist dir noch nie der große Wall und das mächtige Holztor aufgefallen?", fragte Radik Nipud hämisch, "Dann will ich dir jetzt ein großes Geheimnis verraten. Dies hier ist eine Burg, die in ihrer Wehrhaftigkeit ihres Gleichen sucht. Warum glaubst du, haben sich unsere Väter seit Generationen die Mühe gemacht, dieses Werk zu errichten? Damit wir uns letztlich am offenen Strand abschlachten lassen?"
    "Aus dir spricht wie immer ein Feigling!", erwiderte Nipud verächtlich, "Aber was soll man auch von

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