Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Christian nicht wieder unversehrt vor sich stehen hatte. Zum anderen ergab sich ganz ungeplant die Möglichkeit, die beiden Pferdediebe, von deren Schuld er nach einigen Erkundigungen überzeugt war, zur Verantwortung zu ziehen.
Konrad fehlte nach Ausbleiben der beiden Raubkumpane ja noch die andere Hälfte der ausgemachten Entlohnung. Schließlich war er ein ziemliches Risiko eingegangen, als er den Schimmel von der Koppel geführt und im Wald versteckt hatte. Zwar hatte zu der Zeit ein großes Chaos geherrscht, aber überall gab es welche die ihn gesehen haben könnten und sich später erinnern würden, wenn es darum ging, wo dieses außergewöhnlich prächtige Ross geblieben sei. Er witterte natürlich Verrat der beiden Slawen und die einzige Möglichkeit sie noch abzufangen war diese Stelle hier, wo sie vom Sturm überrascht worden und zu der sie jetzt zurückgekehrt waren. Durch dieses Nadelöhr musste jeder, der wieder nach Westen wollte. Da er niemand anderen einzuweihen wagte, konnte er nur Lothar mitnehmen. Bei zwei gegen zwei würde es halt heißen, das Überraschungsmoment zu nutzen. Auf viel Federlesen und große Diskussionen wollte Konrad sich sowieso nicht einlassen. Die beiden Obodriten würden das von den Ranen in Aussicht gestellte Gold sicherlich bei sich führen. Das wollten die Brüder ihnen abnehmen und Tote wehrten sich am wenigsten.
Diederich hatte zufällig bemerkt, wie sich Konrad und Lothar absetzten. Seitdem behielt er sie unbemerkt im Auge. Auf Diebstahl stand der Tod und sie würden ihrer Strafe nicht entgehen. Wer das Reitpferd eines Grafen stahl, konnte eine schnelle Hinrichtung noch als Gnade empfinden. Im Reich bevorzugte man in solchen Fällen Leibesstrafen, um andere Missetäter abzuschrecken. Das Sterben dauerte dann oft Tage.
Konrad und Lothar postierten sich so, dass sie den Weg zwischen den Bäumen einsehen konnten. Diederich musste, während er sie aus einiger Entfernung beobachtete, daran denken, dass die Erwarteten ihre Seelen ja schon längst an der entgegengesetzten Seite des Waldes an ähnlicher Stelle ausgehaucht hatten. Ihn wunderte ein wenig, warum die Beiden offensichtlich nicht bemerkt hatten, dass Christian auf seinem Schimmel zurückgekehrt und auch wieder aufgebrochen war. Aber ein Lager von fast eintausend Mann war ziemlich groß und sie waren sicherlich damit beschäftigt gewesen, für die Zeit ihrer Abwesenheit Vorkehrungen zu treffen. Sollte er sie einfach aus dem Hinterhalt erschießen wie die anderen Zwei? Oder sollte er warten bis die Ritter, die nach Stralow geritten waren, zurückkamen und sie der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit zuführen? Zerberus streifte irgendwo in der Gegend umher und Diederich kam auf einen gefährlichen Gedanken.
´Früher hätte ich es mit zwei solchen Strolchen ganz alleine aufgenommen! Ich habe zwar lange nicht mehr mit dem Schwert auf Leben und Tod gekämpft, aber reizen würde mich schon, es noch mal zu probieren. Wer weiß, ob sich solch eine Gelegenheit überhaupt je wieder ergibt. Schließlich bin ich nicht mehr der Jüngste und dies dürfte mein letzter Waffengang sein. Sollen doch ab jetzt die jungen Spunde ihre Knochen hinhalten.´
Er wollte es also noch einmal wissen. Das war für ihn beschlossene Sache. Seine Erfahrung sagte ihm, dass es das Beste war, spontanen Entscheidungen auch sofort nachzugeben, sonst lähmte der Geist die Hand und aus Unsicherheit machte man Fehler. Also verließ er sein Versteck am Rand des Waldes und ging ganz unbekümmert auf die beiden Brüder zu.
Lothar sah ihn als Erster. Er schien seinen Sinnen aber nicht zu trauen, stand einfach da und schaute Diederich mit seinem weit aufgerissenen Triefauge an. Sein Mund öffnete sich und mit dem Finger deutete er auf den sich Nähernden. Aber so, als hätte er einen Geist erspäht, schien er nicht in der Lage, irgendeinen Laut herauszubringen, um den im Gras liegenden Konrad zu warnen. Erst als Diederich sie fast erreicht hatte, fing er an zu stammeln.
"Da... da..."
"Was?"
"Da... er..."
"Waaas?"
Konrad setzte sich auf und schaute erst zu Lothar, dann in die Richtung, in die dieser wies. Diederich sah nur kurz so etwas wie Erstaunen über dessen Gesicht huschen als er ihn erblickte. Im Gegensatz zu Lothar konnte man ihn nicht so leicht verunsichern. Er blieb fast immer überlegt und kühl wie eine Hundeschnauze. Jetzt erhob er sich um den Ankömmling in Augenschein zu nehmen. Es war ja auch überhaupt nicht gesagt, dass dessen Auftauchen mit
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