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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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um kurz darauf zu verstummen. Durch die Gasse schritt ein Mann in einem weißen Gewand. Radik wusste, dass dies der Oberpriester war. Ihm folgten vier weitere Männer, die seltsam geformte Eisengeräte trugen.
    Die kleine Gruppe nahm vor dem Tempel Aufstellung. Auf ein Zeichen des Priesters führten die anderen die jeweils schmalere Seite der eisernen Geräte an den Mund und augenblicklich erschallten laute durchdringende Töne. Die Instrumente gaben nur einen Ton von sich, ohne Variationsmöglichkeit, der jeweils solang dauerte, wie der Bläser Luft hatte, wobei dies bei dieser offensichtlich aufeinander abgestimmten Gruppe erstaunlich gleichmäßig verlief. Das ganze wiederholte sich unzählige Male.
    "Jetzt rufen sie Svantevit", flüsterte Ferok
    Beide Jungen, die sonst nichts so schnell beeindruckte, waren starr vor Spannung. Keinem fiel es jetzt ein, wie sonst zu scherzen.
    Von den Ställen rollte nun ein Gespann heran – ein von einem Pferd gezogener Wagen, von zwei Soldaten begleitet. Es kam neben dem Priester zu stehen. Ein Soldat lud eine große metallene Schale vom Wagen und stellte sie zu Füßen des Priesters. Anschließend reichte er diesem mit weit ausgestrecktem Arm ein Messer von stattlichen Ausmaßen. Der Priester hob die ausgebreiteten Arme, in der rechten Hand das Messer haltend, und sprach etwas, was aber nicht zu verstehen war. Dann gab er den Soldaten ein Zeichen.
    Diese zogen ein Kalb vom Wagen, dessen Vorderläufe gebunden waren und hielten es, wiederum mit weit ausgestreckten Armen, kopfüber oberhalb der Schale. Der Priester trat hinzu und durchtrennte dem Tier mit einem kraftvollen Schnitt die Kehle. Der Kopf des Kalbes schlackerte nach hinten, während sich das Blut in kurzem aber mächtigem Schwall in die Schale und zu einem guten Teil auch auf die Kleidung des Priesters ergoss. Das schien diesem aber wenig auszumachen, jedenfalls trat er keinen Schritt zurück sondern hob nochmals beschwörend die Arme und sprach gen Himmel.
    Die gleiche Prozedur wiederholte sich mit einem Lamm. Dann kam eines der Ferkel an die Reihe, die Radik am Morgen mit seinem Vater eingefangen hatte. Es machte natürlich den größten Radau von allen Tieren und die Soldaten mussten mehrmals nachfassen, damit es ihnen nicht aus den Händen zappelte. Schließlich brachte der Priester auch das kleine Schwein zum Verstummen.
    "Diesmal nur Tiere?", murmelte Ferok, was Radik mit einem Schulterzucken beantwortete.
    Jetzt hatten die Soldaten eine Robbe gepackt und Radik erkannte sofort, das es sich um eines der größeren Jungtiere handelte. Da die Robbe nicht gebunden, also voll beweglich war und sich die hinteren Gliedmaßen als wenig griffig erwiesen, verzögerte sich die Opferung des Tieres etwas. Zudem hatten die Männer wohl die Zähne des Jungtieres unterschätzt, was allen klar wurde, als einer der Soldaten plötzlich aufschrie und sich den Unterarm hielt. Der andere Mann schlug darauf hin der Robbe mit der Faust auf den Kopf und den Augenblick der Benommenheit nutzten die Männer, um das Tier seinem Schicksal zuzuführen. Dabei tropfte gut sichtbar vom Unterarm des gebissenen Soldaten auch etwas Blut in die Schale.
    "Da hast du dein Menschenopfer", flüsterte Radik.
    Anschließend wurden nochmals Tiere der gleichen Arten in derselben Reihenfolge geschlachtet. Wenn es um Opfer für Svantevit ging, durfte man nicht kleinlich sein.
    Die Kadaver wurden wieder aufgeladen und würden sicherlich ganz unheilig ihren Weg in die Mägen der Tempelgardisten finden.
    Dann traten durch die Gasse fremd gekleidete Menschen auf den Platz. Es waren Kaufleute, die auf der Insel Handel treiben wollten, und da dieser florierte war ihre Anzahl recht stattlich. Ihre Opfergaben waren in Kisten und Säcke verpackt und wurden, nachdem man sie dem Priester zu Füßen gelegt hatte, von einigen Soldaten weggeschafft.
    Der Priester ließ jetzt nochmals die Bläser erschallen, denn es sollte nun festgestellt werden, ob Svantevit dem Volk der Ranen gewogen war. Nachdem die letzten Töne verklungen waren, betrat der Priester den Tempel und kam mit einem gewaltigen Füllhorn, in beiden Armen haltend, wieder heraus. Dieses schwenkte er nun im Kreis und zeigte es in alle Richtungen vor, was ihm ob der Größe und des Gewichtes des Hornes sichtlich schwer fiel. Dann stellte er es ab und senkte es soweit, dass er in die obere Öffnung schauen konnte. Er drehte und rüttelte dabei an dem Horn, als versuche er, irgendetwas zu entdecken. Schließlich

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