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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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Verbundenheit lenkte Radiks Blick zum ersten Mal seit geraumer Zeit wieder weg vom Wasser und er sah zum Ufer zurück. Von dort irgendwo war Womar damals zum Eisloch gekommen. Radik setzte sich an die Ruder. Die Bewegung tat gut.
    Als er spät am Tag alle an das Ufer grenzende Waldstückchen vergeblich durchforstet hatte, musste Radik sich langsam eingestehen, dass er gar nicht genau wusste, wo er suchen sollte. Sicher, der Alte war aus dieser Richtung zum Wasser gelangt. Wenn Womar über das Eis gekommen wäre, hätte Radik ihn bei der guten Sicht damals bemerken müssen. Und es war ausgeschlossen, dass der Alte allzu lange nach Radik am Eisloch eintraf, denn dann hätte er sie nicht mehr retten können.
    Aber selbst wenn die ungefähre Richtung, vom Wasser aus gesehen, klar war, in der Womars Hütte stehen musste, wusste Radik doch nicht, welchen konkreten Weg er einschlagen musste und von welcher Entfernung er auszugehen hatte. Immerhin war Womar mit dem Schlitten unterwegs gewesen und da war es gut möglich, dass seine Hütte einige Stunden weg lag. Dadurch erweiterte sich der Radius des Gebietes, in dem Radik suchen musste. Ihm fiel ein, dass sie damals am Morgen beim Alten losgefahren und noch vor der Mitte des Tages in Vitt angekommen waren – und dies im dichten Schneetreiben. Die Hütte konnte also nicht zu sehr südlich stehen, da sie es dann nicht in so kurzer Zeit an die nördliche Spitze der Insel geschafft hätten.
    Nach kurzem Überlegen schlug Radik eine Richtung ein, die ihm als die wahrscheinlichste vorkam. Wenn man nur einen Menschen träfe, den man nach dem Alten fragen konnte.
    Linden, erinnerte sich Radik, in dem Wald standen Linden. Aber wohl auch Eichen. Hatte er nicht auch Nadelbäume wahrgenommen?
    Es war zum Verzweifeln. Das Land schien plötzlich so groß und Radik, der immer wieder zu laufen anfing, war bald erschöpft und mutlos.
    Endlich kam er an ein einzelnes Bauernhaus. Ein altes Weib musterte ihn misstrauisch, als er sich nach einem Zeidler erkundigte, einem alten Mann mit weißen Haaren und weißem Bart, der mit einem Schlitten fahre. Wie man bei dieser Jahreszeit wohl mit einem Schlitten fahren könne, ob er sie zum Narren halten wolle, fragte die Alte mürrisch.
    "Nein, natürlich nur im Winter! Also, nur im Winter fährt er mit einem Schlitten. Das Pferd, es ist ein kleines Tier, aber außerordentlich kräftig, mit braunem Fell."
    "Braun? Sagtest du nicht eben noch weiß?"
    "Nein, nein! Der Alte, den ich suche, hat weißes Haar, sein Pferd aber ist braun."
    "Wir haben keine Pferde!"
    War die Alte verrückt? Sie verschwand im Haus. Radik wartete noch eine Weile, aber es rührte sich nichts mehr.
    Als er sich umschaute, wurde ihm bewusst, dass er ebenso wenige Anhaltspunkte für seine weitere Suche hatte, wie zuvor.
    Aus dieser Richtung war er gekommen, also würde er sich jetzt – Moment – nach rechts wenden. Oder besser nach links? Ganz ruhig, erst mal sehen wo Norden ist.
    Vorhin hatte er den Mittelweg gewählt, nicht zu nördlich und nicht zu südlich und war auf das Haus gestoßen. Oder sollte er diesen Weg einfach weitergehen?
    Als er eine Weile gegangen war, schaute er sich um. Die Alte saß wieder vor dem Haus.
    Schließlich kamen ihm zwei Kinder entgegen. Die sprach Radik an und fragte, ob sie einen Mann kennen, der Honig verkauft. Die beiden, wohl zwei Schwestern, verstanden nicht so recht, was er mit ´verkaufen´ meinte.
    "Ja manchmal gibt es Honig."
    "Und wo bekommt ihr den Honig her?"
    "Nur unsere Mutter darf an den Topf heran. Aber der Vater versucht ab und zu, heimlich zu naschen."
    Sie kicherten.
    "Und wer gibt eurer Mutter den Honig."
    Die beiden blickten Radik verständnislos an. Ihre Mutter hatte eben manchmal den Honig, genauso wie sie mal Fisch, Fleisch oder Brot hatte.
    "Hast du keine Mutter?", fragte die jüngere Schwester daraufhin mit trauriger Stimme.
    "Doch. Mir geht es ja nur um den Honig."
    "Kannst du uns denn ein kleines bisschen Honig geben. Der schmeckt so süß."
    Radik schüttelt den Kopf.
    "Habt ihr schon mal einen alten Mann mit weißen Haaren gesehen?"
    Kaum hatte Radik die Frage ausgesprochen, fiel ihm auch gleich auf, wie dumm sie war.
    "Unser Großvater hat weiße Haare."
    "Und unsere Großmutter", ergänzte die andere.
    "Aber die ist doch kein alter Mann", gab die erste zurück.
    Wieder kicherten beide und sogar Radik musste schmunzeln.
    Als das Tageslicht zusehends abnahm, musste sich Radik eingestehen, dass er den Alten wohl bis zum

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