Sven Larsson Bd. 4 - Auf zu neuen Horizonten: Roman
Kindern zu den Unterkünften zum Achterdeck ging, begannen die Matrosen schon, den Geschütz- und Segeldrill zu demonstrieren. Und nun hatten Svens Söhne auf einmal kein Interesse mehr an den Räumen. Der oberen Achterdeckskajüte, ihrem Wohn- und Speiseraum während der Fahrt schenkten sie noch etwas Aufmerksamkeit, schauten auch noch auf die Toiletten an der Heckreling, aber in ihre Schlafkammer blickten sie kaum noch, sondern wollten nun unbedingt den Matrosen zusehen.
Frau Bradwick und Frau Bauer zeigten amüsiert Verständnis für die Jungen, Sven wollte bei allem Ärger keine Disziplinarakte demonstrieren und schickte sie mit Sam an Deck. Nun ja, weder die Kinder noch die Damen mussten halbnackte Seebären sehen. Zum Schluss waren alle zufrieden. Die Damen fanden die Quartiere etwas eng, aber durchaus zweckmäßig und zumutbar. Der Schiffsalltag war nicht zu sehr gestört worden, und Mr Bradwick und der Schiffsbaumeister waren mit dem Zustand des Schiffes und der Ausbildung der Mannschaft sehr zufrieden. Der Reeder ließ zum Abschied eine Extraration Grog ausschenken und konnte sich über das laute Echo des »Hipp-Hipp-Hurra« freuen.
Als Sven den Reeder und die Damen zu den Kutschen begleitete, flüsterte ihm Sabrina schon zu, dass die karge Ausstattung der Räume noch vervollständigt werden müsste, und damit war er auch über das Programm dieses Abends orientiert. Seine Tochter Lilian fragte, ob sie den ganzen Tag in den Räumen bleiben müssten. Da fiel Sven ein, dass er für den Spielplatz, der für schöne Tage hinter dem Großmast vorgesehen war, noch keine Vorbereitungen getroffen hatte. Darüber würde er gleich mit dem Ersten und dem Bootsmann reden müssen. Er beruhigte Lilian, die auch ihre Brüder schon einmal informieren sollte, denn im Augenblick waren sie vollkommen damit beschäftigt, darüber zu reden, was die Matrosen alles in der Takelage und an den Kanonen demonstriert hatten. Sven ahnte, was er während der Reise vor sich hatte, um seine Söhne von Nachahmungen abzuhalten.
Die Kutschen waren abgefahren. Die Matrosen hatten sich ihrer Oberbekleidung entledigt. Am Kai sammelten sich die üblichen Zuschauer, vor allem weibliche. Als Sven an Bord ging, hörte er die anzüglichen Zurufe der »Dockschwalben«, der Prostituierten. Aber er hatte gelernt, dass man das in Hafenstädten einfach überhören musste.
Sven teilte den Offizieren mit, dass er mit der Mannschaft während dieser außergewöhnlichen Besichtigung sehr zufrieden gewesen sei und dass sie das bitte an die Maate und Matrosen weitergeben möchten. Dann ließ er Mr Bergson, den Bootsmann und den Schiffszimmermann rufen.
Er erklärte ihnen, dass seine drei Kinder sich ja nicht während der langen Reise ständig in den Kajüten aufhalten könnten. An Deck wäre es aber sehr schwierig, sie immer zu sichern. Man könne ja nicht dauernd mit jedem Kind einen Erwachsenen delegieren, der das Kind an einem Seil herumführe.
»Ich habe mir gedacht, dass man vor dem Großmast eine Fläche von drei mal vier Metern etwa durch ein Geländer abgrenzen kann, auf der sie spielen könnten. Dann würde vielleicht eine Person zur Aufsicht reichen. Aber wir müssten diese Geländer schnell abbauen und sicher lagern können, wenn wir gefechtsbereit sein müssen oder wenn Sturm aufkommt. Bitte überlegen Sie sich doch einmal dieses Problem und legen Sie mir dann Ihre Lösungsvorschläge vor.«
An einem grauen Novembertag begann die Spirit of Philadelphia ihre lange Reise. Nicht nur die Verwandten und Freunde hatten sich zur Verabschiedung am Kai eingefunden, auch viele Neugierige waren gekommen. Alle erlebten zu ihrer Überraschung, dass an Bord ein Dudelsackpfeifer ein deutsches Abschiedslied spielte. »Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus«, das Lied kannten alle deutschen Auswanderer von ihrer eigenen Seereise.
Sven hatte durch Zufall erfahren, dass ein Mann der neuen Besatzung den Dudelsack spielen konnte. Er hatte die Nachricht nicht verbreitet, sondern dem Mann ein Instrument besorgt und ihn heimlich in Philadelphia seine Kenntnisse auffrischen lassen. Die Überraschung war ihm gelungen.
Sabrina war überrascht und fragte Sven: »Woher kommt denn der Dudelsackbläser?« Die Offiziere lauschten neugierig, als er ihr die Geschichte erzählte. Seine Kinder schauten dem Spieler aufgeregt zu, und manche Matrosen sangen in deutscher Sprache mit.
»Ich hoffe, der Mann wird uns auf der Reise noch manche Unterhaltung bieten.«
Aber dann
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