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Sweet about me

Sweet about me

Titel: Sweet about me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Sous
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eine Diplomatengattin, eine Zigarettenspitze lässig im Mundwinkel.
    » Willst du einen Cognac?«, fragte sie.
    » So früh?«, antwortete ich. Dann knickte ich ein. » Aber nur, wenn Sie einen mittrinken.«
    Ich schaute aus dem Fenster. Trotz des trüben Wetters hatte man einen Blick auf die Altstadt, den Dom, das Rathaus, sogar auf die Flutlichtmasten des Fußballstadions. Und das im zweiten Stock.
    » Musst du nicht in ein Büro, in eine Firma?«, fragte Frau Hauenstein.
    » Musikbranche«, antwortete ich. » Freiberuflich.«
    » Aha. So einen hatte ich auch mal. Karl. Nannte sich aber Charles. Bassist in einer Jazzband. Ich hab ihn durchgefüttert. Als ich ihm sagte, dass ich schwanger bin, hat er heimlich seinen Koffer gepackt.«
    Frau Hauenstein rauchte ihre Zigarette bis zum Mundstück, zündete sich dann eine neue an, inhalierte tief.
    » Lässt du dich auch durchfüttern?«, fragte sie.
    » Der Cognac ist wirklich gut«, sagte ich und trank schnell aus.
    » Alkoholiker bist du also auch noch«, sagte Frau Hauenstein.
    Ich erhob mich.
    » Moment!«, rief die Alte, humpelte zu einem antiken Schrank und öffnete quietschende Türen. Hunderte Schallplattenrücken kamen ans Licht. Frau Hauenstein griff wahllos eine Platte heraus und drückte sie mir in die scheinheilig abwehrenden Hände.
    » Mein Charles hat nie nach seiner Tochter gefragt, immer nur nach diesen verdammten Scheiben. Er hat Bettelbriefe geschrieben, mich am Telefon angefleht, aber ich habe seine Schätze nicht rausgerückt. Eine schöne Rache war das! Vielleicht ist der Gute deshalb so früh gestorben.«
    Frau Hauenstein lachte wie Klaus Kinski in Leichen pflastern seinen Weg.
    Auf der Treppe begegneten mir Heike und die Hunde. Alle drei blickten böse zur zweiten Etage hoch. Dann lächelte Heike mich strafend an. » Ich hab morgen Geburtstag«, sagte sie. » Ihr seid herzlich eingeladen. So gegen sieben?«
    Ich nickte abwesend, vergaß, ihr für die Einladung zu danken, weil ich nur an Frau Hauensteins nach Zigarettenrauch riechendes Geschenk denken konnte, Chet Bakers Platte Chet aus dem Jahr 1959. Ich trug sie wie einen gerade erworbenen Picasso vor mir her. » Kein Krätzerchen drauf«, hatte Frau Hauenstein gesagt. » Ich bin diejenige, die die Kratzer abbekommen hat.«
    Auf der Vorderseite der Hülle schmiegte sich eine junge blonde Frau verliebt und mit geschlossenen Augen an Chet Bakers Schulter. Der Musiker blickte eher skeptisch und klammerte sich an sein Instrument.
    Chet Baker. Geboren an einem 23. Dezember, gestorben mit neunundfünfzig. 1988 in Amsterdam aus einem Hotelzimmerfenster gestürzt, sofort tot (manche sprechen von Mord). Gefallener Engel. Trompete, Flügelhorn, hauchender Gesang. Cool. Schon mit dreiundzwanzig ein Weltstar. Frauen zu Füßen. Chet, der große Melancholiker mit dem zarten, dünnen Ton. Die Kunst des Weglassens. My Funny Valentine. Sogar Miles Davis hatte Respekt vor ihm. Heroin, Knast, Entzug. Heroin, Knast, Stütze, Mansardenzimmer bei der Mutter, die wünschte, ihn nie geboren zu haben. Auch Dealer und Bullen behandelten ihn wie Dreck. Vom Gesicht der 1950er zur zahnlosen Wrackvisage. Wiederauferstehung, Hall of Fame. Hoffnungsloser Fall. Speedballs aus Heroin, Kokain und Amphetamin. Die Junkie-Migräne danach. Let’s Get Lost.
    Vorsichtig legte ich die Platte der Jazzfirma Riverside auf den Teller, sie begann sich 33,3-mal pro Minute zu drehen. Ich stellte auf volle Lautstärke. Der Tonarm senkte sich sanft, da fielen mir meine wehleidigen Ohren ein.

8
    N ach dieser blöden Geburtstagsfeier hätten wir uns von Heike und Tom fernhalten, es beim Grüßen im Treppenhaus belassen, nicht mal mehr über das Wetter reden sollen.
    » Eine Musikbox aus den Sixties haben wir natürlich nicht«, hatte Tom zur Begrüßung gesagt. » Bloß so’n billiges CD -Ding von Tchibo.«
    » Hauptsache Musik«, antwortete ich nachsichtig.
    » Genau«, sagte Gitta, der dritte Gast. Sie gab mir die Hand, fummelte gleichzeitig mit der anderen an einem schwarzen BH -Träger herum. Sie hatte himbeerrote Lippen und himbeerrote Fingernägel, war das Gegenteil der knochigen Heike. Ich stellte sie mir in verschiedenen Positionen vor und musste aufpassen, dass das nicht auffiel.
    Aus dem Tchibo-Ding kam Woolworth-Musik. Einer der beiden schwarzen Hunde übertrieb seine Gastfreundschaft. Er verfolgte mich, wollte immer wieder zwischen meinen Beinen schnüffeln, lecken. Auch rieb er seine feuchte Schnauze an meinen abwehrenden

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