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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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der Bank und dem Anwalt – jeder ihr gesagt hatte, was er oder sie dachten, dass Mama June tun
müsse
. Aber niemand hatte sie je gefragt, was sie eigentlich tun
wollte
. Niemand, außer Morgan.
    “Um ehrlich zu sein, ich weiß es wirklich nicht. Als dein Vater den Schlaganfall hatte, war ich nicht einmal in der Lage, die alltäglichsten Entscheidungen über Sweetgrass zu treffen. Und nun bin ich plötzlich in der Situation, alle wichtigen Entscheidungen allein treffen zu müssen. Preston wird eine Menge Pflege brauchen, bevor es ihm wieder gut geht – wenn es ihm überhaupt je wieder gut gehen wird. Ich habe versucht zu überlegen, was das Beste für ihn ist, und für uns alle und …”
    “Du weichst schon wieder aus”, unterbrach er sie sanft.
    “Ach, Morgan, ich bin sechsundsechzig Jahre alt. Ich bin zu alt, um wieder von vorn zu beginnen. Ich lebe seit fast fünfzig Jahren in diesem Haus. Hier bist du aufgewachsen. Dies ist unser Zuhause. Hier waren wir glücklich und …” Sie hob den Blick in der Hoffnung auf gegenseitiges Einverständnis. “All meine Erinnerungen sind hier.”
    “Mama, was möchtest
du
tun?”
    Mama June streckte den Arm aus und strich liebevoll über seine Wange. Langsam ließ sie die Hand sinken und sagte leise: “Ich kann die Entscheidung, was ich tun möchte, nicht von dem trennen, was ich für die Familie tun muss. Nach meiner Meinung – und nach der deines Vaters – gehören die Blakelys nach Sweetgrass.”
    “Du hörst dich ein bisschen an wie Daddy.” Er kam mit dem Gesicht ein Stückchen näher. “Was möchtest
du
tun?”, drängte er sie abermals.
    Sein Druck erschöpfte sie, und sie stützte ihren Kopf mit der Hand. “Ich weiß es nicht.”
    Er beugte sich vor, und dieses Mal küsste er sie auf die Wange. “Mach dir keine Sorgen, Mama. Ich will dich nicht bedrängen. Ich hätte nur gerne mal zur Abwechslung gehört, was
du
willst. – Weißt du was? Du bleibst heute zu Hause und denkst in Ruhe über alles nach. Und ich fahre in die Stadt in dieses Krankenhaus und sehe nach Daddy.”

3. KAPITEL
    W ährend der Zeit der Sklaverei im alten Süden stellten die Männer Körbe aus Binsengras her, weil dieses Sumpfgewächs stark war und lange hielt. Die Frauen machten funktionale Körbe für zu Hause und benutzten dafür Sweetgrass, das weicher ist und überall wuchs. Heute werden für die Körbe Sweetgrass, Binsen und lange Nadeln der Sumpfkiefer zusammengebunden und mit den noch ungeöffneten, inneren Blättern der Fächerpalme umwickelt
.
    Nans Hand lag auf dem Telefonhörer, und sie versuchte, sich zu sammeln.
    “Mach den Mund zu, Mama, es zieht.” Harry gab seinem jüngeren Bruder einen Stoß in die Rippen, und beide lachten. Die ganze Familie war am Esstisch zum Abendessen versammelt.
    Nan schloss automatisch ihren Mund und begann zu lächeln. Sie beeilte sich, an den Tisch zu kommen.
    “Ihr werdet es nicht glauben!”, sagte sie, und ihre Stimme wurde lauter. Die seltene ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer beiden Teenager-Söhne Harry und Chas belohnte sie dafür, ebenso die ihres Mannes Hank.
    Ein Blick auf die Bande genügte, um zu wissen, wer der Vater der Jungen war. Nicht dass sie und Harry sich gar nicht ähnlich gesehen hätten. Beide Jungen hatten die blonden Haare und die blauen Augen ihrer Eltern. Der siebzehnjährige Harry war groß und schmal gebaut wie ein Blakely, während Chas kleiner und muskulöser zu werden schien und damit eher nach Hank kam. Aber mit fünfzehn konnte er noch einen Sprung machen und seinen Vater an Größe überrunden.
    Hanks kurz geschnittener blonder Schopf tauchte hinter der
Post & Courier
hervor. “Wir werden was nicht glauben?”
    “Das war Mama June. Ihr werdet nicht glauben, wer dort ist!”
    “Morgan”, antwortete Hank wenig begeistert und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    Nan war ein bisschen enttäuscht, weil seine schnelle Antwort die Wirkung ihrer Ankündigung hatte verpuffen lassen. Doch sie ließ sich nicht beirren. “Stimmt. Überrascht dich das denn gar nicht?”
    “Nicht wirklich. Dein Vater liegt im Krankenhaus. Da ist es nicht ungewöhnlich, dass er kommt.”
    “Was soll daran überhaupt so besonders sein?”, fragte Chas mürrisch, unzufrieden über die Nachricht.
    “Genau, wen kümmert’s?”, fügte Harry hinzu. “Wir kennen ihn schließlich kaum.”
    Nan runzelte wegen dieser verhaltenen Reaktion verärgert die Stirn und schaltete mit einer schnellen Bewegung den Herd aus. “Na, mich hat es

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