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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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kaufen wir dann nicht einfach ihren Teil?”
    Alle schmunzelten, während Morgan sich im Nacken kratzte. “Siehst du, genau da liegt das Problem. Es braucht eine Weile, um das Geld zusammenzubekommen. Wir wissen zwar, was Adele vorhat, trotzdem weiß ich nicht, was wir tun könnten.”
    Nan sah ihren Vater besorgt an, konnte aber in seinem Gesicht nichts ablesen. “Willst du damit sagen, dass wir verkaufen
müssen?
Nach allem, was passiert ist?”
    Morgan antwortete nicht.
    Nona sah erschrocken auf. “Was ist mit dem Friedhof? Wir können doch nicht zulassen, dass die Grabruhe gestört wird!”
    “Keine Angst. Der Friedhof ist geschützt”, erwiderte Morgan. “Selbst wenn wir verkaufen müssen, dürfen sie ihn nicht einebnen.”
    “Ich meine nicht den Friedhof der Blakelys”, beharrte Nona.
    Morgan blickte sie stirnrunzelnd an. “Welchen Friedhof meinst du dann?”
    Nona warf Elmore einen Blick zu. Er bedeutete ihr weiterzureden.
    “Seht ihr, es gibt noch einen anderen Friedhof. Draußen in den Sümpfen, wo das Sweetgrass wächst. Das ist ganz weit draußen, kaum jemand kommt da je vorbei. Meine Mutter hat mir davon erzählt, weil ihr Onkel ein Bestattungsunternehmen hatte. Sie war als kleines Kind oft bei Beerdigungen dabei gewesen, meistens bei Nacht. Sie hat mich mal dorthin mitgenommen, damit ich weiß, wo der Friedhof ist. Und ich habe es meinen Kindern gezeigt und meinen Enkelkindern.”
    “Und wer liegt denn da begraben?”, fragte Mama June entgeistert.
    “Na, Sklaven natürlich”, erwiderte Nona. “Und auch noch Schwarze aus der Zeit nach der Sklaverei.” Sie schwieg für einen Moment. “Fast alle meine Vorfahren sind dort begraben.”
    “Du lieber Himmel, davon hatte ich keine Ahnung!”, sagte Mama June und legte ihre Hand auf die Brust. “So lange … und wir haben den Grund nicht eintragen lassen?”
    “Er sollte ja nicht gefunden werden”, entgegnete Nona ernst. “Vor langer Zeit waren die meisten Sklavenfriedhöfe in weit entfernten Ecken, wo der Boden schlecht war und sich die Besitzer nicht weiter darum scherten. Meistens in sumpfigen Böden oder zwischen Bäumen oder dichtem Gebüsch mitten auf einem Feld, wo das Land nichts wert war.”
    “Ich habe mal davon gehört, dass in solchen Gegenden Sklavenfriedhöfe gefunden wurden”, erzählte Nan.
    “Kind, überall im Süden gibt es versteckte Sklavengräber. Aber mit der Zeit ist das Küstenland im Wert gestiegen. Es wurde aufgekauft, und die Friedhöfe sind genauso verschwunden wie die Sweetgrass-Felder. Die Familien durften dort niemanden mehr beerdigen und nicht mal die bestehenden Gräber besuchen. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass das auch hier passieren soll.”
    Morgan lehnte sich über den Tisch nach vorn. “Bist du sicher, dass hier einer ist?”
    “Selbstverständlich bin ich mir da sicher!”, erwiderte sie und sah ihn an, als sei er von allen guten Geistern verlassen. “Nicht nur
auf
Sweetgrass, sondern
im
Sweetgrass. Genau da, wo wir immer unser Gras holen. Den Platz kennt nur eine Hand voll Leute. Es steht nirgendwo beschrieben. Wir wissen es vor allem aus Erzählungen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Elmore genau weiß, wo überall Gräber sind, dabei kennt er die Gegend hier besser als jeder andere. Diese Friedhöfe wurden über Generationen benutzt, doch sie tauchen in keinen Akten oder Grundbüchern auf.”
    “Von welchem Umfang reden wir denn hier eigentlich?”, fragte Morgan.
    Nona sah Elmore Hilfe suchend an.
    Elmores Gesicht hatte tiefe Furchen, die entlang der Wangenknochen wie ausgetrocknete Flussbetten durch Canyons liefen. Er kratzte sich mit seiner langen knochigen Hand an der Wange. “Ach, das kann ich nicht so genau sagen. Ein paar Hektar vielleicht. Ich habe Tonwaren gefunden und Spiegel und alles Mögliche, über das ganze Sweetgrass-Feld verstreut. Und große Muscheln. Und Schlangen. Du lieber Gott, es gibt jede Menge Schlangen dort.”
    “Elmore hat Angst vor Schlangen”, erklärte Nona.
    “Allerdings”, sagte er laut und ohne Scham. “Ich verabscheue sie. Vor allem die Klapperschlangen. Dieses grässliche Geräusch.” Er schüttelte angewidert den Kopf.
    “Und wieso diese Spiegel und Muscheln? Das verstehe ich nicht”, sagte Mama June.
    Nona ergriff das Wort. “Damit wurden die Gräber markiert. Diese Menschen kamen aus Afrika, sie waren keine Christen. Sie hatten einen anderen Glauben und andere religiöse Sitten und Traditionen. Und auch deshalb war es den

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