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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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verwoben unermüdlich Stängel von Sweetgrass mit langen dünnen Palmblättern. Die traditionelle Silbernadel blitzte in der Sonne auf, während sie arbeitete.
    Neben ihr saß ein vielleicht neun Jahre altes Mädchen, das sich ebenfalls über ein Geflecht aus Sweetgrass in der Größe eines Untersetzers gebeugt hatte. Seine schmalen Schultern blickten unter dem bunten Tanktop hervor. Das Haar des Mädchens war sorgfältig zu kleinen Zöpfchen geflochten, und ihre Haut hatte die Farbe von Milchkaffee. Es blickte auf, als Mama June näher kam, und sah sie aus großen ausdrucksvollen Augen an. Mama June wusste sofort, dass es Nonas Enkelin sein musste.
    “Ist das etwa die kleine Grace?”, fragte sie.
    Nona sah auf und begrüßte sie mit einem Lächeln. “Darauf kannst du wetten. Grace, das ist Mrs. Blakely.”
    Grace senkte scheu den Blick, stand etwas unbeholfen auf und streckte ihren langen dünnen Arm aus. “Ich freue mich, Sie kennen zu lernen”, stieß sie unsicher hervor.
    “Liebes Kind, wir kennen uns doch schon”, rief Mama June und nahm die Hand des Mädchens in ihre beiden Hände. “Ich habe dich bereits im Arm gehalten, da warst du noch ein kleines Würmchen. Damals hat dich deine Großmutter in einem kleinen Korb überall mit hin genommen. Erinnerst du dich noch an den Korb?”, fragte sie und sah Nona erwartungsvoll an.
    “Den hab ich immer noch!”, rief Nona.
    Mama June wandte sich Grace zu und sagte: “Du bist damals oft hier auf Sweetgrass gewesen. Aber das ist lange her, und jetzt schau dich an! Du bist ein großes Mädchen! Und wie hübsch du geworden bist!”
    “Vielen Dank, Mrs. Blakely.” Grace schenkte ihr ein schüchternes Lächeln.
    “Bitte, nenn mich Mama June wie alle anderen auch.”
    Nona betrachtete stolz ihre Enkelin, und ihre Augen funkelten. Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht.
    “Also bringt dir deine Großmutter bei, wie man Körbe macht?”, fragte Mama June und ging zu dem freien Schaukelstuhl neben Nona.
    “Diese Kleine wird mein Handwerk weiterführen”, erwiderte Nona. “Sie ist sehr begabt, und sie mag die Arbeit. Stimmt, doch, Süße, oder?”
    Grace nickte.
    “Das ist schön”, erwiderte Mama June. “Und wie steht’s mit deiner Mutter? Hat Maize es auch mal gelernt?”
    “Nein, Ma’am”, antwortete Grace. “Meine Mama mag Korbarbeiten nicht. Sie findet es langweilig.”
    Mama June schmunzelte, als sie sich in ihrem Schaukelstuhl niederließ. “Ja, das klingt ganz nach der Maize, die ich kenne.” Sie stöhnte leise auf. “Meine Füße tun so weh. Der Logopäde ist bei Preston, und ich freue mich seit Stunden, mich endlich mal hinsetzen zu können.” Sie sah zu Grace, die wieder nach ihrer Handarbeit griff.
    “Zeig mir doch mal, woran du heute arbeitest”, sagte sie und winkte das Kind zu sich.
    “Nur etwas Kleines”, entgegnete Grace und reichte Mama June das Geflecht. “Ich mache nur den Boden. So wie immer”, fügte sie hinzu und seufzte vernehmlich.
    “Das ist der Anfang”, sagte Nona. “So haben wir alle angefangen – ich, meine Mutter, meine Großmutter und so weiter.”
    “Ich möchte aber meine eigenen Körbe machen”, erwiderte die Kleine schmollend. “Ich kann das auch, Granny. Ganz bestimmt.”
    “Glaubst du?”
    “Wirklich, Granny, ich kann es ganz bestimmt.”
    Nona legte ihren Korb in den Schoß und streckte den Arm aus. “Dann lass mich mal sehen, was du da hast, Kind”, sagte sie, nahm das Grasgeflecht ihrer Enkelin und hielt es gegen das Licht.
    “Die Stiche müssen fest und gleichmäßig sein. Man darf ein bisschen Sonnenlicht hindurchscheinen sehen, aber nicht zu viel. Und es muss fest sein. Stark. So wie deine Finger, hm?”, sagte sie lachend und griff nach Graces Hand. Sie küsste ihre Fingerspitzen und gab ihr das Geflecht zurück.
    “Und wie ist es?”, fragte Grace und betrachtete ihre eigene Arbeit.
    Nona nickte. “Das hast du gut gemacht. Richtig gut.” Sie schaute das Kind an, und ihre dunklen Augen wirkten gleichzeitig herausfordernd und forschend. Dann legte sie ihren Arm um Grace und drückte sie an sich. “Vielleicht bist du jetzt so weit, selber einen Korb zu flechten.”
    Grace sprang vor Aufregung auf. “Wirklich?”
    “Wirklich. Und jetzt gib mir einen Kuss.” Sie hielt Grace ihre Wange hin, strahlte und schloss die Augen, als Grace ihr geräuschvoll einen Kuss gab. “Das ist lieb von dir. Und jetzt lauf in die Küche und hol dir eine Limonade. Ich habe sie ganz frisch gemacht. Ich wusste, es

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