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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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würde heute sehr, sehr heiß werden. Und uns alten Leuten könntest du auch etwas zu trinken bringen. Wie fändest du das, Mary June?”
    “Klingt köstlich.”
    “Okay! Ich bin sofort wieder da!” Sie beobachteten, wie das Mädchen mit sichtbarem Stolz in die Küche hopste.
    “Sie ist ein liebes Mädchen”, sagte Mama June. “Du musst sehr stolz auf sie sein.”
    “Ich bin glücklich, eine Enkeltochter wie sie zu haben. Sie macht nie irgendwelchen Ärger. In der Schule bekommt sie lauter Einsen. Und sie singt im Kirchenchor, genau wie ihre Großmutter früher. Auch ihr Bruder macht keinen Ärger. Was der dir über Computer erzählen kann! Ich habe ja keinen blassen Schimmer davon. Aber Kwame machte mir so ein … wie nennt man das? So einen Platz im Internet, wo ich meine Körbe anbieten kann?”
    “Eine Website?”
    “Ja, genau! Eine Website. Er macht mir eine, stell dir mal vor!” Sie lachte und schaukelte dabei in ihrem Stuhl. “Gerade mal dreizehn Jahre alt und macht für seine Großmutter eine Website. Wie sich doch die Welt verändert hat. Für Körbe interessiert er sich allerdings ganz und gar nicht. Wie die meisten Kinder in seinem Alter. Sie wollen mit ihren Computern spielen oder vor dem Fernseher sitzen. Doch er geht mit seinem Großvater zu unserem Geheimplatz und holt Sweetgrass und Binsen. Also kann ich stolz verkünden, dass auch Kwame seinen Teil zu den Körben beiträgt.”
    “Du kannst dich glücklich schätzen”, sagte Mary June, schaukelte ein wenig und dachte an ihre eigenen Enkel, die ihren Großvater noch nicht einmal besucht hatten, seit er wieder zu Hause war. Sie konnte sie schlecht darum bitten, schließlich wollte sie nicht betteln. Sie waren alt genug, um auf ihr Herz zu hören und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
    Nona seufzte und sah auf den runden Korb in ihrem Schoß, an dem sie gerade arbeitete. Die Stiche waren fest und regelmäßig, und der Korb wurde immer größer. Sie dachte an all die Mütter in ihrer Familie, die dieses Kunsthandwerk an ihre Töchter weitergegeben hatten, und an all die Väter, die ihre Söhne zum Gräsersammeln mitgenommen hatten.
    “Ich bringe es Grace bei, und Grace wird es ihrer Tochter beibringen, und so wird sich die Tradition fortsetzen”, sagte Nona. “Von einer Generation zur nächsten. Mutter an Tochter. Vater an Sohn. So Gott will.”
    “So Gott will”, echote Mama June.
    Eine Weile schaukelten sie schweigend und hingen eine Weile ihren Gedanken nach.
    “Ich mache mir Sorgen”, begann Nona schließlich.
    “Worüber?”
    “Das Flechten von Sweetgrass-Körben wird seit den Zeiten der Sklaverei von Generation zu Generation weitergegeben, aber jetzt mache ich mir Sorgen, dass mein Handwerk bald aussterben wird.” Sie seufzte. “Vielleicht bin ich die Letzte.”
    “Wie kommst du darauf? Du siehst doch an Grace, dass es damit weitergeht.”
    “Grace ist da, das ist wahr. Wenn sie dabeibleibt. Aber den meisten jungen Leuten ist das Ganze ziemlich egal. Mit jeder Generation gibt es weniger, die die Körbe herstellen. In meiner Generation haben noch die meisten Mütter dafür gesorgt, dass die Tradition an ihre Töchter übergeht. Doch es gab immer junge Frauen wie Maize, die einfach keine Lust dazu hatten. Andere haben es aufgegeben oder sind weggezogen. In manchen Familien – großen Familien – wird die Tradition der Korbflechterei immer dazugehören. Aber in meiner Familie … Bei uns gab es nie viele Nachkommen, deshalb sind wir nur noch wenige. Und meine beiden Söhne sind fort. Wenn meine Enkel zu Besuch kommen, wollen sie nicht so lange still sitzen, um es zu lernen. Meine Schwester hat fünf Töchter, und sie alle leben hier in der Gegend, aber keine von ihnen weiß überhaupt etwas über Körbe.”
    “Man kann ein Kind nicht zu etwas zwingen, das es nicht möchte”, erwiderte Mama June und dachte dabei an ihre eigenen Kinder.
    “Jedenfalls heute nicht mehr. Als ich aufgewachsen bin, war das anders. Die Herstellung von Körben gehörte zu unserem Leben. Wir konnten uns etwas dazuverdienen und das Geld beiseitelegen. Meine Mom hat mich nie gefragt, ob ich Körbe machen will. Um Himmels willen, nein! Wir haben uns als Kinder eben einfach in den Schatten gesetzt und stundenlang Korbböden geflochten, so wie meine Grace das heute auch macht. Heutzutage sind die Familien jedoch nicht mehr auf diesen Extraverdienst angewiesen.”
    “Wir hatten doch alle irgendwann Geldprobleme.”
    “Ja, genau. Ich habe das Geld,

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