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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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mal auf den Weg, bevor es zu spät wird. – Mit dem Fahrrad also? Na, das wird ein Spaß. Ich habe schon ewig auf keinem mehr gesessen. Aber Sie kennen das ja: Was man mal gelernt hat … Ich werde nicht lange weg sein. Zu Prestons Nachmittagsübungen bin ich wieder zurück. Bis dann!”
    Die beiden Frauen sahen zu, wie sie die Treppe hinunterlief und hinter dem Haus im Schuppen verschwand. Ihre Bewegungen wirkten so elegant und behände, dass die beiden Frauen sie nur darum beneiden konnten. Ein paar Minuten später schob Kristina ein rostiges rotes Fahrrad neben sich her und legte ihr Handtuch und ihre Tasche in den altmodischen Weidenkorb, der am Lenker befestigt war. Sie sah zu den beiden Frauen, lächelte herzlich und winkte. Entschlossen griff sie nach dem Lenker, schob das Rad an und fuhr schließlich den Feldweg hinunter. Schon bald war sie hinter den Bäumen nicht mehr zu sehen.
    “Dieses Mädchen hat wirklich jede Menge Energie”, bemerkte Nona und schaukelte ein wenig.
    “Das gehört zu ihrer Ausstrahlung”, antwortete Mama June.
    “Aber sie hat so eine Art an sich, jeden Stein umzudrehen, oder?”
    “Ja, das dachte ich auch gerade.”
    “Weißt du, an wen sie mich erinnert?”
    Mama June überlegte einen Moment. “Nein, an wen denn?”
    Nona ließ ein leises Lachen hören. “An dich natürlich.”
    Mary June hörte auf zu schaukeln. “An mich? Hast du den Verstand verloren? Kristina Hays hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit mir!”
    “Oh doch, die hat sie. Vielleicht nicht äußerlich – und sie traut sich mehr, als du es jemals getan hast, aber das liegt vermutlich daran, dass sie aus Kalifornien kommt. Was ich meine, ist dieser Ausdruck in ihren Augen, der direkt aus ihrem Herzen kommt. Genauso warst du, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Du warst ein hübsches Ding und wolltest es allen recht machen. Man musste dich einfach gern haben, genau wie sie. Ach Gott, und was hast du alles wissen wollen! Jede Einzelheit über Sweetgrass musste ich dir erklären. Und du warst auch immer hilfsbereit. Und … sie sitzt gerade auf deinem alten Fahrrad.”
    Mama June schaute mürrisch und nahm das Schaukeln wieder auf. “Ich möchte nur mal wissen, warum ich dauernd mit anderen verglichen werde. Das war schon immer so.”
    Nona schnalzte mit der Zunge. “Es ist eher so, dass die Leute gerne mit dir verglichen werden wollen.”
    “Unsinn”, sagte Mama June unwirsch, und ihre Wangen röteten sich. Innerlich jedoch war sie beglückt. Nona verteilte nicht oft Komplimente, und wenn sie es tat, dann meinte sie es auch so. In letzter Zeit war Mama June verunsichert und kam mit sich selbst manchmal nicht zurecht. Irgendwie hatte sie sich selbst aus den Augen verloren.
    Sie sah zu dem Schotterweg, den Kristina eben noch entlanggefahren war. Nona hatte recht. Kristina fuhr auf
ihrem
alten Fahrrad. Ihr fiel wieder ein, wie oft Adele und sie in jenem Sommer raus zum Kliff geradelt waren.
    “Sie hat ein gutes Herz, das kann man sehen”, fügte sie hinzu.
    “Das ist wahr.”
    “Aber sie ist ganz anders als die meisten anderen jungen Frauen hier in der Gegend.”
    Nona nickte.
    “Einmal hat sie nachmittags meine schmerzenden Schultern ein bisschen massiert, und ich schwöre, ich konnte spüren, wie Energie aus ihren Fingern floss – irgendwie fühlte ich wohltuende Wärme auf meiner Haut, und die Schmerzen ließen nach.”
    Nona sah nachdenklich aus. “Vielleicht hat sie heilende Hände.”
    “Wer weiß. Denk nur daran, welche Fortschritte sie mit Preston gemacht hat.”
    “Ich kannte mal einen Heiler”, erzählte Nona. “Er hat die Hand auf die kranke Stelle gelegt, und es war ein Gefühl, als würde Energie aus seinen Fingern strömen. Es fühlte sich richtig heiß an auf der Haut. Vielleicht hat sie eine ähnliche Gabe.”
    “Auf jeden Fall hat sie mir mit Preston wirklich geholfen”, sagte Mama June. “Ich kann mit ihm wieder über alles reden.”
    Nona widmete sich ihrer Arbeit. “Bemerkenswert ist auch, dass sie Morgan dazu gebracht hat, etwas über Blakely’s Bluff zu erzählen. Ich würde sagen, das ist ein Anfang. So wie die kleine Grace hat sie etwas, worauf sie aufbauen kann.”
    Sie schaukelten schweigend, und Mama Junes Blick wanderte wie so oft über das Wasser zu dem alten verwitterten Haus auf der Klippe.
    “Blakely’s Bluff”, flüsterte sie und ließ zu, dass der Name ganz leise über ihre Lippen kam.

10. KAPITEL
    “J edes Jahr im Frühling und Sommer kommt man

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