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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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den knatternden Motor zu übertönen. “Mach das bloß nicht! Press lässt alle Haie wieder frei. Das bedeutet, dass er ihnen den Haken aus dem Maul ziehen muss. Denk drüber nach!”
    Mary June sah sich bereits mit ihren Fingern im Maul eines Haifisches. “Klingt ziemlich heikel.”
    Adele verdrehte die Augen. “Das hat dir gerade noch gefehlt, Mary June, einen Finger zu verlieren. Wo willst du denn dann den Hochzeitsring tragen?”
    “Ach was, ich pass schon auf”, versetzte Preston. Fröhlich erhob er beide Hände und winkte. “Ich hab ja auch noch alle meine Finger.” Als Mary June eine Grimasse zog, fuhr er fort: “Aber wenn du keine Haie fischen willst … es gibt genügend andere Arten, die man angeln kann. Schau doch mal hier. Diese Fischer wissen genau, wo die Beute lockt.”
    Er deutete aufs Wasser hinaus, wo eine schmale graue Flosse durch das Wasser schoss. Mary June schlug erschrocken die Hand vor den Mund und hielt den Atem an. Wenn man vom Teufel sprach – sie war sich sicher, dass ein Hai seine Kreise um das Boot zog. Doch plötzlich hörte sie ein lautes Wuuusch! und in einem kleinen Bogen verschwand es unter Wasser.
    “Ein Delphin!”, rief Mary June aufgeregt.
    “Ein Tümmler”, verbesserte er. “Ein großer Tümmler, um genau zu sein.”
    “Den Fehler habe ich im zarten Alter von acht Jahren auch mal gemacht, und Preston hat es mir nie verziehen”, erzählte Adele.
    “Woran kannst du sie unterscheiden?”, fragte Mary June. “Für mich sehen sie alle beide aus wie Flipper.”
    “Herzchen, Flipper ist ein Südstaatenjunge”, antwortete Adele und gab sich betont wichtigtuerisch. “Er ist größer und schlauer und viel lustiger als sein Yankee-Cousin.”
    Preston stieß seiner Schwester leicht in die Seite und erklärte Mary June mit seiner gewohnten Geduld: “Es ist gar nicht so schwer, sie auseinanderzuhalten. Tümmler haben einen langen Schnabel, und sie werden größer, bis zu vier Meter. Gewöhnliche Delphine haben eine Stupsnase, ein bisschen so wie du”, neckte er und gab ihr einen kleinen Nasenstüber.
    Sie zuckte zurück, wehrte schnell seine Hand ab und wurde rot dabei.
    “Ein Delphin ist außerdem kleiner, höchstens eins sechzig.” Er musste lachen. “Genau wie du.”
    “Als Nächstes erzählst du ihr, sie wären hübscher. Genau wie sie …”, zog Adele ihn auf.
    Mary June grinste, aber zu ihrer Überraschung lief Preston dunkelrot an und drehte sich weg, um irgendein Instrument am Bedienungspult des Bootes zu kontrollieren. Adele blickte Mary June triumphierend an und nickte. Sie hatte Mary June erzählt, sie sei sicher, dass Preston schwer was für sie übrig habe, was Mary June energisch zurückgewiesen hatte. Jetzt war sie zwar noch immer nicht überzeugt, überlegte jedoch, ob Adele damit vielleicht doch nicht völlig danebenlag. Sie wandte die Augen ab und hielt nach den Tümmlern Ausschau. Aber sie konnte nur noch einen entdecken, der sich auf und davon machte, um seinen Schwarm am anderen Ende der Haifischsenke zu erreichen.
    “Wir sollten uns besser auch auf den Weg machen, wenn wir noch ein bisschen am Strand bleiben wollen”, murmelte Preston und stand breitbeinig am Ruder. Er gab Gas, und sie schossen los. Die Mädchen hielten ihre Hüte fest und grinsten breit, als sie durch das bewegte Wasser glitten. Mary June drehte ihr Gesicht in den Wind und genoss die steife Brise. Soweit sie sehen konnte, erkannte sie nur Wasser und Himmel. Es war inzwischen früher Nachmittag, und die Sonne stand hoch am Himmel. Sie fuhren in Richtung Capers Island, einem beliebten Treffpunkt der Jugendlichen in der Gegend, mit denen Preston und Adele aufgewachsen waren. Adele hatte sich herausgeputzt. Als sie den Anker warfen und zum Strand wateten, hatte Adele es auf einen ganz bestimmten Jungen abgesehen.
    So wie immer faulenzten sie ein bisschen, schwatzten mit einigen Leuten, die sie trafen, tranken Cola und badeten oder lagen einfach nur in der Sonne. Nach einem harten Schuljahr war so ein fauler Tag genau das Richtige, um sich zu entspannen. Aber die Gezeiten bestimmten den Tagesablauf. Nach ein paar Stunden drängte Preston zum Aufbruch.
    Die Mädchen protestierten.
    “Können wir nicht noch ein bisschen bleiben?”, bettelte Mary June. Sie lag auf dem Rücken und tankte Sonne. “Ich bin so blass geworden in der Zwischenzeit.”
    Preston war längst auf den Beinen und schüttelte sein Handtuch aus.
    “Geht nicht. Es wird schon spät, und die Flut geht zurück.

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