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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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etwas Positives abgewinnen konnte.
    Er sah sie an und konnte sich das Lächeln nicht verkneifen, das auf sein Gesicht trat. Er hatte sich so an ihren Anblick gewöhnt, ihre ausgebleichten Wimpern, die ihre blauen Augen einrahmten, und die Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken, vor allem wenn sie im Garten gearbeitet hatte oder schwimmen gewesen war. Ihr wildes blondes Haar fiel locker über ihre Schultern. Nur wenn sie tagsüber arbeitete, bändigte sie es mit Gummibändern und Haarklammern. Doch was für ihn ihren Stil ausmachte, war die Art, wie sie sich anzog. An diesem Abend trug sie ein knappes Baumwolltop im indianischen Stil, abgeschnittene Shorts und Sandalen. Zwischen ihren vollen Brüsten schwang aufreizend eine silbern schimmernde Meeresschnecke an einem Lederband.
    Er wandte den Blick ab. In den vergangenen Monaten waren sie Freunde geworden, und es war Jahre her, dass er zum letzten Mal einen Freund gehabt hatte. Er wollte es nicht verderben.
    “Lass uns gehen. Ich spendier dir ein Eis.”
    Sie hakte sich bei ihm unter. “Das hättest du damals nicht machen können, mich zu einem Eisstand ausführen, oder?”
    “Stimmt. Aber ich hätte dir bei einem Straßenhändler eine Melone oder Krabben geholt. Oder vielleicht Zuckerwatte.”
    Sie spazierten durch die belebten Straßen zu einer Eisdiele, warteten in der Schlange und unterhielten sich über den Film. Er nahm zwei Bällchen Kokosnuss-Mandel-Eis in der Waffel, und nach langem Hin und Her entschied sich Kristina für Himbeersorbet im Becher. Anstatt in der kühlen Luft der klimatisierten Eisdiele zu bleiben, beschlossen sie, sich draußen auf eine Bank zu setzen und Passanten zu beobachten. Es wurde immer dunkler, das Wetter war mild, und Morgan fühlte sich wohl.
    “All das hier war mal Sumpfland”, erklärte er und deutete mit einer ausholenden Handbewegung auf die Läden und die Schaufenster mit vollen Auslagen. “Bis nach dem Hurrikan Hugo konnte man von hier aus noch nicht mal zur Isle of Palms gelangen. Danach haben sie die Verbindung gebaut. Als durch den Hurrikan Sullivan’s Island Bridge zerstört wurde, sind die Leute fast verrückt geworden, weil sie nicht mehr nach Hause kamen.” Nachdenklich fuhr er fort: “Ein Stück weiter dahinten haben Hamlin und ich uns mit unserem flachen Boot herumgetrieben, um Roten Trommler zu fischen.”
    “Du erzählst nicht oft von deiner Kindheit”, sagte sie und stocherte mit ihrem rosa Plastiklöffelchen in ihrem Sorbet. “Ich finde es ganz schön, dir mal zuzuhören.”
    “Es gibt nicht viel zu erzählen.”
    “Ach, das glaube ich dir nicht. Wie kann man hier aufwachsen und nicht Millionen Geschichten zu erzählen haben! Das muss doch der Himmel auf Erden gewesen sein für einen Jungen, mit dem Meer und den Bächen als Spielplatz. Mit einem Boot rausfahren …” Sie unterbrach sich, weil sie sich plötzlich unsicher fühlte. Beide wussten, worauf sie eigentlich hinauswollte.
    Er biss ein Stück von seiner Waffel ab.
    “Hast du irgendwelche Lieblingsplätze gehabt?”
    Er schluckte erleichtert, weil das Gespräch eine andere Richtung nahm.
    “Ja, die hatte ich”, erwiderte er bereitwillig. “Mein Bruder und ich, wir haben mal eine kleine Insel entdeckt, wo es einigermaßen trocken war und es nicht zu viel Ungeziefer gab. Wunderschön war es dort. Klar wussten wir, dass die See-Wee-Indianer schon lange vor uns dort gewesen waren, aber da sie längst fort waren, haben wir die Insel in Besitz genommen. Als Eroberer, sozusagen. Wir haben wie wild geschuftet und eine Bootsladung nach der anderen mit Holz oder irgendwelchem altem Krempel, den wir beschaffen konnten, dorthin gebracht. Das meiste stammte aus Daddys Schuppen.” Er lachte kurz. “Er hat nie herausgefunden, wo sein gutes Holz abgeblieben ist.”
    Er sah in die Ferne, und vor seinem inneren Auge tauchte die zugige Hütte auf, die er und Hamlin auf ihrer winzigen Insel gebaut hatten. Sie hielten die Bretterbude für eine Burg, und wenn sie auf der klapprigen Veranda saßen und ihr Königreich, das aus ein paar Palmen, Zedern und Gebüsch bestand, betrachteten, fühlten sie sich wie Prinzen.
    “Die Hütte sah nicht schlecht aus, mit einem Metalldach, einem Keramikwaschbecken und sogar einer alten Kühlbox, die wir irgendwo auf dem Müll gefunden hatten. Die reichte für ein paar Flaschen Cola und Sandwiches. Wir nannten es Bum’s Camp. Es war unser Geheimversteck.”
    “Das hört sich sehr aufregend an. Gibt es das noch?”
    “Es

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