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Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
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dritte, aber schwindlig war mir nicht.
    »Harry?«
    Nicht nur mein Bein war steif, mein ganzer Körper fühlte sich unbeweglich an, wie gelähmt. Es war Dibs, der zu mir hineinsah.
    »Alles in Ordnung, Harry?«, fragte er.
    »Ja, ja«, sagte ich und kroch zum Eingang. »Ich habe nur noch eine geraucht. Hat aber nicht funktioniert, mir ist überhaupt nicht schwindlig geworden. Diese Zigaretten sind nicht gut, die letzten, die du gedreht hast, waren viel besser.«
    »Wir haben uns ganz schön Sorgen gemacht, Harry«, sagte Dibs. Ich blinzelte in der grellen Sonne. »Wir haben gedacht, du bist umgekippt da drinnen, mit dem ganzen Rauch und so.«
    Cal und Dibs und Bruce. Sie saßen im Gras. Sahen mich an. Sahen sie mich anders an als sonst?
    »Wir müssen da mal Löcher reinmachen, damit Luft hineinkommt«, sagte ich. Ich setzte mich zu Dibs, betrachtete die gegenüberliegenden Hügel, den Hang oberhalb der Fabrik. »Sagt mal, Jungs«, sagte ich beiläufig und ließ den Blick schweifen, »was habt ihr eigentlich mit der Pistole gemacht?«
    »Welche Pistole?«, rief Bruce.
    »Von der Pistole weißt du noch nichts, Bruce«, sagte ich. »Aber Dibs schon. Und Cal auch.« Ich sah Dibs an. »Wo ist sie?«
    »Wir haben gedacht, du hättest sie mitgenommen«, sagte er und suchte Cals Blick. »Wir haben gedacht, du hast sie bestimmt mitgenommen und irgendwo anders versteckt, Harry. Ja, also, wer hat sie denn dann?«
    »Was weiß ich«, sagte Cal und sah mich an. Er schien immer noch nicht kapiert zu haben, dass ich sie nicht hatte.
    »Warum hast du mir denn nichts gesagt?«, fragte ich Dibs. »Wie lange ist sie denn schon verschwunden?«
    »Also, vor zwei Wochen oder so war sie noch da«, sagte Dibs. »Vor einer Woche habe ich mal nachgeschaut, und da war sie weg. Ich habe nichts gesagt, weil ich gedacht habe, dass du längst Bescheid weißt, ehrlich, Harry, ich habe gedacht, du hast sie irgendwo anders versteckt.«
    »Wir müssen rausfinden, wer sie hat«, sagte ich. »Das war doch ein Versteck, ein Geheimnis!« Ich glaubte Dibs und Cal, sie machten mir nichts vor. Ich konnte immer genau erkennen, wenn sie logen.
    »War die Pistole echt?«, fragte Bruce. »Konnte man damit schießen?«
    »Na klar«, sagte ich. »Erzähl bloß niemandem davon, sonst kriegen wir riesigen Ärger. Aber wenn du irgendwie mitbekommst, dass jemand anders eine Pistole hat, dann sagst du es mir, ja? Weil dann ist es ja wahrscheinlich unsere.«
    Nun stand also nichts mehr zwischen uns, wir konnten uns wieder vertragen. Als sie gemerkt hatten, dass die Pistole weg war, waren Dibs und Cal praktisch Verbündete. Ich stand allein da. Jetzt wussten sie, dass ich ebenso ratlos war wie sie, sie glaubten mir.
    »Hast du Buster eigentlich mal wegen der Munition gefragt?«, fragte ich Dibs.
    »Ja, habe ich«, antwortete Dibs. »Er hat mich ausgelacht. Er hat gesagt, er würde Kindern bestimmt keine Munition geben, er wär doch nicht bescheuert.«
    Das gefiel mir gar nicht. »Hast du Buster denn von der Pistole erzählt? Weiß er Bescheid? Vielleicht hat er sie geklaut. Dibs, was meinst du? Ob er sie hat?«
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte Dibs. »Buster würde so was nicht machen.«
    »Habe ich ja auch gedacht«, sagte ich, »nur verstehe ich nicht, wer sie sonst haben könnte.«
    Wir waren eine Weile still und dachten nach, ohne Ergebnis.
    Bruce musste nach Hause, er wollte schon mal losgehen. Dibs und Cal standen auch auf. Ich musste wohl oder übel mit, ich konnte mich nicht länger verstecken.
    Aber etwas Zeit wollte ich noch schinden. Ich tat, als könnte ich mit dem steifen Bein nicht schneller, ich hinkte langsam hinter ihnen her.
    Ich wusste schon, was jetzt kam. Bruce war als Erster an der Stelle, wo man die Fabrik und die Siedlung sehen konnte. Er blieb stehen. Er glotzte.
    Dibs war etwas geistesgegenwärtiger. »Mach schnell, Harry«, rief er, »auf dem Gelände ist irgendwas los! Da sind eine Menge Leute, Harry!«
    Ich blieb kurz stehen. Ich holte tief Luft und schleppte mich weiter.

13
    Noch einmal laufe ich über die mondbeschienene, kurvige Straße, die vom Ende der Trasse, wo Sydney Bridge Upside Down die Richtung wechselt, zum Fluss hinabführt, und vom Fluss über das hügelige, zerfurchte Land bis nach Bonnie Brae – und noch viel weiter, wenn man den Rand der Welt verlassen, wenn man fliehen will. Meine Sohlen sind hart, sie knirschen im Schotter. Ich lausche eine Weile und bleibe stehen. Ich achte auf die anderen Geräusche. Ich höre

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