Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
Vom Netzwerk:
glitzerte und die kardinalsroten Vögel von schwarzen Schlangen aufgeschreckt wurden, wenn weiße Schwäne unter dunkle Brücken glitten und so weiter, dass ich mir innigst wünschte, Geoff wäre nicht so ein Langweiler. Ich war so einsam in jenen Nächten. Es war auch sehr schwül. Es war klamm und stickig, so sagt man wohl. Wie üblich schlief ich nackt, was ein interessantes (meine zittrige Handschrift hier verrät wohl, dass mich die Erinnerung auch heute noch nicht losgelassen hat) Erlebnis zur Folge hatte. Ich schicke voraus, dass ein anderer Herr – der ebenfalls im Vertrieb beschäftigt war – den Frauen gegenüber in einem schlechten Ruf stand. Geoff fand ihn richtiggehend vulgär, er nannte ihn einen Schürzenjäger. Der Ruf dieses Mannes entbehrte nicht einer Grundlage –«
    Wieder nichts. Ich blätterte bis zum Ende durch, nirgends stand etwas von Onkel Pember. Zwei Seiten vor Ende las ich: »Und obschon ich erst siebzehn Jahre alt war, wusste ich genau, welchen Gefahren ich ausgesetzt war, ich war nämlich bereits viel früher, mit vierzehn, mit gewissen Gegebenheiten konfrontiert worden. Und doch war ich mir sicher, dass Robert trotz seines riesenhaften Körpers – und entgegen den üblichen Vorurteilen – ein sehr zärtlicher Mensch war. Ich weiß nicht mehr, wie ich zu diesem Schluss gekommen bin, er war auf jeden Fall nicht gerechtfertigt. Warte, warte. Vielleicht schreibe ich das später noch um. Robert war vielleicht sehr groß, aber kein Riese. Muss ich mir noch überlegen, ich war so oft unten im Keller bei den Akten. Habe ich mal mit ihm gesprochen? Wen meine ich denn eigentlich? Hieß er nicht doch Ronald? Für heute reicht es –«
    Ich schloss das Heft und nahm das andere zur Hand. Und entdeckte gleich auf der dritten Seite meinen eigenen Namen! Er schien zu glühen, so deutlich stand er vor mir! Ich sah weg, ich konnte doch nicht lesen, was Caroline über mich geschrieben hatte. Es wäre auf jeden Fall viel besser, wenn ich –
    Ich las: »Es ist nicht zu leugnen, seine Versuche, mir Komplimente zu machen, sind schmeichelhaft, sie wären zumindest schmeichelhaft, wenn er nicht so ein abscheulicher, behaarter kleiner Mann wäre. Kein Wunder, dass mich der süße kleine Harry beschützen wollte, er hat sein Möglichstes getan. Seine Entrüstung bezüglich dieser Wiggins-Person war derart, dass ich gelegentlich befürchtete, ihm würden die Sommersprossen platzen. Ich erinnere mich an einen Ausflug zu einer Kirmes in einem nahe gelegenen Ort, Harry war wirklich mein einziger Beschützer. Ich will gerne zugeben, dass es an diesem Tag auch die ein oder andere Situation gab, wo ich mir gewünscht hätte, er würde mir mehr Freiraum geben, doch im Rückblick war ich ihm dankbar. Ich denke mal, dass er zu allen Zeiten als mein Beschützer zur Stelle gewesen sein muss, denn meine einzige wirkliche Erinnerung an diesen Tag kreist um eine Pyramide unglaublich süßer Cowboys, sie waren braun gebrannt und trugen Hosen, die so knackig eng waren, dass sie jederzeit hätten platzen können.«
    An der hinteren Tür klopfte es.
    Ich rannte über den Flur und steckte die Hefte in den Koffer. Leise schlich ich zurück in die Küche. Ich wartete, es klopfte noch einmal, lauter.
    Ich öffnete.
    »Na, mein Junge?«, sagte Mr Wiggins und trat in die Küche. »Ist jemand zu Hause?«
    »Nur Cal und ich«, sagte ich. »Cal ist schon im Bett.«
    Mr Wiggins sah sich in der Küche um, er schien mir nicht zu glauben. Er tat, als könnte er noch jemanden erwischen, wenn er nur genau hinsah, hinter dem Sofa vielleicht oder unter dem Tisch. Er trug einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd mit Krawatte, das Jackett saß eng und bedeckte nur dürftig seinen kräftigen, grobschlächtigen Körper.
    »Dein Papa ist wohl beim Herrenabend, was?«, sagte Mr Wiggins und trat in den Flur.
    »Ja«, sagte ich, »nur Cal und ich sind hier.«
    »Wie du schon sagtest«, meinte er. Er drehte sich um und sah mich an. »Nur ihr beiden, ja?«
    »Ja, Mr Wiggins.«
    »Dann stört es dich wohl nicht, wenn ich mich mal umsehe, oder?«, sagte er und ging ein paar Schritte weiter.
    Ich schwieg. Und ließ ihn erst mal in Ruhe. Ich strengte mein Hirn an. Dass ich meine ganze Kraft würde aufbringen müssen, um Mr Wiggins zu Boden zu werfen, war mir schon klar, das war machbar. Aber der richtige Haltegriff fehlte mir noch. Eines Tages, dachte ich, eines Tages kriege ich ihn. Wann dieser Tag kommen würde, wusste ich natürlich

Weitere Kostenlose Bücher