Sydney Bridge Upside Down
Papa und ich, tat ich, als wäre diese Nacht, in der er meinen Schlafanzug über Bord geworfen hat, ein lustiges Abenteuer gewesen, als würde es mir nichts ausmachen, mich an all das zu erinnern, ich grinste dann, wie er gegrinst hatte, als er sagte: Deine Mutter wird sich ärgern, wenn sie erfährt, was wir mit deinem neuen Schlafanzug gemacht haben. Uns ging es gut zu Hause, wir kamen gut miteinander zurecht. Ich lief ihm immer hinterher und wollte ihm helfen, er ließ mich das Vogelfutter ausstreuen, er ließ mich hämmern und zeigte mir, wie man die Säge hält. Mir war egal, ob Cal und Mutter jemals zurückkehren würden, und ich wünschte mir, dass er genauso dächte. Aber ich spürte, dass er litt, es gab Abende, an denen er einfach nur in der Küche saß, er stemmte den Kopf in die Hände, starrte schweigend aus dem Fenster. Minutenlang. In solchen Momenten dachte er an sie, ich spürte, dass er sich Sorgen machte. Dann riss er sich zusammen, lächelte vielleicht ein wenig und ging mit mir zu den Kellys rüber. Mr Kelly und Papa tranken dann ein paar Biere, und ich durfte so lange mit Dibs spielen, bis wir zu laut wurden, dann wurde Dibs ins Bett gesteckt. Ich verzog mich in eine Ecke und hörte den Gesprächen der Erwachsenen zu, was niemand merkte, ich tat ja immer so, als wäre ich ganz in die Märchenbücher und Comics vertieft, die bei den Kellys im Wohnzimmer herumlagen. Meistens ging es in diesen Gesprächen darum, wie die Leute miteinander umgingen. Schon verrückt, wie viel Stoff die paar Menschen lieferten, die an unserer Küste lebten. Die Männer hatten immer Ärger mit ihren Frauen, und die Frauen hatten immer etwas zu beklagen, die Männer waren immer einerseits herzensgute Kerle und andererseits auch nicht, es gab immer jemanden, der sich um jemand anderen bemühte, und irgendjemand war immer schwanger, und ein anderer war dafür verantwortlich, dass eine bestimmte Straße nicht planiert wurde, und wieder ein anderer dafür, dass der ganze Bezirk über den Tisch gezogen wurde. Am liebsten war mir der ganze Tratsch über die Leute, über die Dinge, die sie einander antaten, langweilig wurde es nur, wenn Mrs Kelly sich einmischte und immer wieder Ihr wisst schon sagte, sie mied es, in ihren Geschichten die Dinge beim Namen zu nennen, ich konnte mir schon denken, warum. Mir fiel auf, dass die Männer häufiger Wörter wie Scheiße oder verdammt benutzten, wenn sie eine Weile getrunken hatten, einmal hörte ich sogar, wie Papa das Wort Nutte sagte, ohne dass Mr Kelly oder Mrs Kelly in irgendeiner Form Einspruch erhoben. Ich konnte nicht hören, was Mrs Kelly darauf zu Papa sagte, sie sprach sehr, sehr leise, als ich später ins Bett ging, sagte ich mir das Wort immer wieder vor, Nutte, Nutte, Nutte , bis ich einschlief), und niemand wird sich darum kümmern, was der Alte mit seinem Narbengesicht mir antut, was mir das Pferd antut, wenn sie mich hier finden, sie können mich mit ihren Stiefeln, ihren Hufen zertrampeln, niemand kriegt etwas mit, niemand kümmert sich darum. Ich darf hier auf der Wiese nicht bleiben, ich muss es bis zu den Bäumen schaffen, ich stehe auf und sehe mich nicht um, ich bin allein, allein auf dieser Wiese, ich renne los. Die Frösche werden immer lauter, hechelnd drücke ich mich an einen Baumstamm, sonst höre ich nichts, weder Hufe noch Stiefel. Vielleicht bin ich jetzt in Sicherheit, der ganze Hang ist bewaldet, bis zum Flussufer. Wenn ich nur von hier schon die Abkürzung durch das Moor erreichen könnte, denke ich, da ist schon das Schilf, jetzt fällt mir das Geschenk wieder ein, ganz in der Nähe habe ich es weggeschmissen in der Hoffnung, dass es sinken oder zumindest forttreiben würde, so weit, bis man es nicht mehr sieht. Ich habe das nicht überprüft, ich bin nicht noch einmal hingegangen. Vielleicht treibt es noch dort, vielleicht findet es jemand und fischt es raus. Und was entdeckt er dann? Blumen? eine Pelzjacke? Einen Hut? Vielleicht etwas fürs Haar? Vielleicht war es auch ein lustiges Geschenk, eine Lammkeule … Was hat sich Mr Wiggins wohl gedacht, womit glaubte er, Caroline eine Freude machen zu können? Es musste schon etwas Besonderes sein, das wird er verstanden haben, er muss ja gewusst haben, dass Caroline ihn nicht mochte, nur durch ein ganz besonderes Geschenk konnte er sie umstimmen. Ich hätte nachschauen können, es war aber keine Zeit, ich hatte keine Zeit zu verlieren, als ich weggerannt und auf der Treppe gestolpert bin. Ich nahm
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