Symphonie der Herzen
am Flussufer stand, die Wangen vor Erregung gerötet, erschien sie ihm mit einem Mal wie eine verführerische kleine Seejungfrau. Langsam wichen die jubelnden Zuschauer und seine Freunde in den Hintergrund seines Bewusstseins zurück, bis es für ihn nur noch Lu gab. Im Geiste malte James sich bereits aus, wie er sie einfach auf seine Arme heben und zu seinem Boot tragen und dann mit ihr über einen seiner privaten Seen in Irland rudern würde.
Dort, angekommen auf einer einsamen Insel, würde er sie entkleiden. Aber nur ganz langsam. Ein Kleidungsstück nach dem anderen streifte er ihr in seiner Fantasie ab, bis sie schließlich in ihrer ganzen nackten Schönheit vor ihm stand. Einladend lächelte sie ihn an und lockte ihn, näher zu treten. Nun warf auch er sein Hemd und seine Hose ab und ging auf sie zu, bis er ganz dicht vor ihr stand. Bereitwillig schmiegte sie sich in seine Arme, und in ihren smaragdgrünen Augen leuchtete ein Ausdruck reinster Liebe.
»Jetzt komm endlich. Lass uns unseren Sieg feiern.« Lachend hakten Charles und George sich bei James unter, während die zauberhafte Vision von Lu in weite Ferne entschwand.
Nach einer langen Reihe anstrengender Sitzungen legte das Parlament schließlich seine Sommerpause ein. Auch der Herzog war ein wenig müde, als er zum Abendessen wieder zu Hause angelangte, und fragte gähnend, ob bereits alles vorbereitet sei für die Abreise nach Woburn Abbey am folgenden Tag. »Vorher bleiben wir aber noch ein paar Tage in Bedfordshire. Und dann geht es weiter nach Howick. Graf Grey hat uns wie jedes Jahr zu sich eingeladen. Gleich im Anschluss geht es dann aber auch schon weiter nach Schottland.«
»Die Greys sind sehr großzügige Gastgeber«, freute Georgina sich. »Und Northumberland ist im August einfach wunderschön. Von mir aus können wir also gleich morgen früh losfahren, und auf dem Weg holen wir dann noch die Kinder aus Campden Hill
ab.«
»James Hamilton war heute Nachmittag übrigens auch im Oberhaus«, warf John ein. »Und ob ihr es glaubt oder nicht, aber er hat demnächst einige geschäftliche Termine in Schottland, sodass ich ihm angeboten habe, einfach mit uns zu fahren. Er hat natürlich sofort zugesagt.«
Wütend öffnete Louisa den Mund und wollte gerade vehement protestieren, schloss ihn dann aber klugerweise wieder. Dabei hatte sie sich doch solche Mühe gegeben, James gegenüber nicht zu erwähnen, dass sie nach Schottland führen! Aber irgendwie musste er die Information wohl aus ihrem Vater herausgekitzelt haben. Lu war außer sich vor Zorn.
Die Herzogin hingegen war offenbar hocherfreut. Schließlich war die Zeit der Einladungen und launigen Unterhaltungen nun erst einmal wieder vorüber. »Ohne Abercorn hätte Oxford das Bootsrennen bestimmt verloren«, erklärte sie im Brustton der Überzeugung, während sie Lu einen prüfenden Blick zuwarf. »Überhaupt habe ich diesen Abercorn schon richtig ins Herz geschlossen.«
Lu schwieg.
Nach dem Abendessen nahm Georgy ihre Schwester einmal dezent beiseite. »Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust.«
»Worum geht es denn?«
»Wenn wir morgen nach Campden Hill fahren, müssen wir unbedingt die Nacht über dort bleiben. Also, denk dir was aus.«
Dabei setzte Georgy ein so ernstes Gesicht auf, dass Louisa sich bereits echte Sorgen machte. Wahrscheinlich, so dachte sie, will Georgy noch einen weiteren Versuch unternehmen, Teddy endlich zu überreden, sie zu heiraten; immerhin lagen das Haus der Russells und Holland House, das Anwesen von Henry Fox, gleich nebeneinander. »Ich lasse mir etwas einfallen«, versprach sie.
»Danke. Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann. Hilfst du mir, meinen Koffer zu packen?«
Kaum dass am nächsten Tag die große Reisekutsche der Russells vor Campden Hill hielt, kamen Rachel und Alexander auch schon herausgestürmt, um ihre Lieben zu begrüßen. »Mamma! Lulu!«
Lachend schloss Georgina ihre Kleinste in die Arme, während Rachel ihr Gesicht mit Küssen übersäte.
Alex hingegen knöpfte stolz sein Hemd auf. »Guck mal, Lulu, meine Windpockenflecken. Und wenn ich groß bin, werde ich Arzt.«
Interessiert betrachtete Louisa seine Brust. Mittlerweile war er nicht mehr der pausbäckige Sechsjährige, als den sie ihn in Erinnerung hatte, sondern er war schon ganze sieben und wuchs zusehends. »Jede dieser Narben ist ein Beweis für deine Tapferkeit«, lobte sie ihn.
»Das ist ja toll. Hatte gar nicht gewusst, dass das Narben sind.
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