Symphonie der Herzen
liebevolle Schwester zu haben.«
»Liebevoll? Ach, im Grunde sind meine Brüder echte Nervensägen«, beschwichtigte sie ihn. »Und eigentlich kommen wir auch nicht sonderlich gut miteinander aus.«
»Aber das ist doch bloß oberflächlich. Diese kleinen Streiche zählen doch nicht wirklich. Unter all den Neckereien verbindet Euch nämlich eine tiefe Zuneigung und Loyalität. Glaubt mir, das ist mir sofort aufgefallen.«
»Nein, ich fürchte, da täuscht Ihr Euch«, blieb Louisa hartnäckig.
Sie hatte sich fest vorgenommen, nicht zu persönlich mit Abercorn zu werden, und stolzierte zügigen Schrittes wieder aus dem Unterholz hinaus.
Mit einem Mal kamen Georgy, Teddy und George auf sie zugaloppiert. »Da seid ihr ja!«, rief Louisas ältere Schwester und zügelte ihr Pferd. »Wir wurden schon ausgeschickt, um nach euch zu suchen. Abercorn soll schleunigst ins Haus kommen! Die Hollands und die Greys wollen ihn sehen.« Forschend schaute sie erst James an und dann Louisa und fragte schließlich misstrauisch: »Wo seid ihr überhaupt gewesen? Im Wald etwa? Was habt ihr denn da gemacht?«
Energisch straffte Louisa die Schultern - sie wollte auf keinen Fall zugeben, dass sie nach einer Heilpflanze für Jacks Krankheit gesucht hatten - und entgegnete: »Das geht dich gar nichts an! Kümmere dich lieber um deinen eigenen Kram. Wie mir scheint, ist das für dich nämlich schon Herausforderung genug.«
Georgy aber überging den beißenden Spott einfach und kreischte: »Jetzt weiß ich es!« Ihr Gesicht strahlte geradezu, ganz so, als hätte sie gerade ein köstliches Geheimnis entdeckt. »Ihr habt geknutscht! Lu, ich muss schon sagen: Da habe ich dich ganz schön unterschätzt.«
Nun begann auch Teddy laut zu johlen: »Hut ab, James! Ihr lasst wirklich nichts anbrennen.«
»Du lügst, Georgy! Schäm dich!«, übertonte Louisa sie wütend. »Wir haben nicht -« Sie schluckte. »Wir haben nichts dergleichen gemacht. Wir haben nur nach Roten Betonien gesucht.«
Nun konnte Teddy sich vor lauter Gelächter kaum noch im Sattel halten: »Betonien? Habt Erbarmen! Mir scheint es eher, als ob da jemand auf der Suche nach Rosenknospen gewesen wäre!«
James zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Ein Kavalier genießt -und schweigt.«
Louisa errötete, wollte aber dennoch das letzte Wort behalten, auch wenn es gerade vier gegen eine stand, und erklärte schmollend: »Wie du meinst, Georgy. Vielleicht hast du ja recht. Dann schuldest du mir jetzt in jedem Fall eine Guinea.«
»Nichts da!«, erwiderte ihre Schwester aufgebracht. »Ich will den Kuss erst mit eigenen Augen sehen.«
Hamilton musste sich wahrlich Mühe geben, um seine Belustigung zu verbergen. Denn obgleich er Louisa ja gar nicht geküsst hatte, wollte sie wohl, dass ihre Schwester glaubte, es wäre so. Wahrscheinlich irgendeine Art von Wette, überlegte er im Stillen und musterte Georgy und Lu höchst interessiert.
Ziemlich genau in dem Moment, als die jungen Leute schließlich ins Haus zurückkehrten, kam auch Charlotte, die Schwester der Herzogin von Bedford, mit ihrem Sohn Arthur und ihrer Tochter Sophia in Woburn Abbey an, den einzigen beiden ihrer insgesamt vierzehn Sprösslinge, die noch nicht verheiratet waren. Und da Arthur Lennox genauso wie seine Freunde und Cousins ebenfalls in Oxford studierte, war auch keine weitere Vorstellungsrunde mehr nötig. Man kannte sich ja bereits.
Galant verbeugte James Hamilton sich vor der Herzogin von Richmond und führte sachte ihre Finger an seine Lippen. »Es ist mir eine Ehre, Euer Hoheit.«
»Was für ein Charmeur«, seufzte Charlotte fasziniert. »Abercorn, dies ist meine Tochter, Lady Sophia.«
Sophia zwinkerte ihm neckisch zu. »Es ist zwar lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben, Mylord, aber ich erinnere mich dennoch sehr gut an Euch. Auch wenn Ihr damals in Carlton House nur Augen für meine Cousine Louisa hattet.«
»So, hatte ich das?« Betont bescheiden erwiderte er ihr Lächeln. »Nun, dann bitte ich um Vergebung für meine Unhöflichkeit.«
»Tante Georgina, was habt Ihr denn eigentlich für Euren Geburtstag geplant? Wie wäre es, wenn wir dieses Jahr auch einen kleinen Ball veranstalten?«
»Tja, eigentlich hatte ich das zwar nicht vorgehabt, aber wenn ihr unbedingt wollt, dann habe ich nichts dagegen. Wie wäre es mit übermorgen Abend? Das heißt, natürlich nur, falls auch die anderen Damen verfügbar sind.«
»Was für eine herrliche Idee!«, stimmte Lady Holland ihrer Freundin zu. »Die
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