Symphonie der Herzen
den Sattel vom Pferd des Herzogs und griff nach der Striegelbürste, während er sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn wischte. »Wie steht’s mit Euch, John?«, fragte er. »Ist Euch auch so warm? Wenn ich fertig bin, möchte ich gern noch eine Runde im See schwimmen gehen. Wir haben ja schließlich noch etwas Zeit bis zum Abendessen. Habt Ihr Lust, mitzukommen?«
»Oh, nein, James, so sportlich bin ich nun auch wieder nicht«, lachte Johnny und winkte ab. »Ich ziehe mich lieber noch ein Stündchen in die Bibliothek zurück, als ins kalte Wasser zu springen.«
Während die Männer auf der Jagd waren, hatten die Damen ein ausgiebiges Mittagessen genossen und sich anschließend auf einen kleinen Spaziergang begeben, bei dem Georgina allen stolz den neu angelegten Garten von Woburn Abbey präsentierte. Der Architekt dieses grünen Wunderwerks war kein anderer als Humphrey Repton, und besonders der chinesisch inspirierte Teil der Anlage hatte es Georgina wirklich angetan, wo sich neben einer zierlichen Pagode eine reich mit Schnitzereien verzierte Brücke über einen kleinen Teich spannte, in dem wiederum farbenprächtige Kois und zarte Wasserlilien um die Wette glitzerten.
Später am Nachmittag nahm man im Venezianischen Salon den Tee ein und tauschte den neuesten Klatsch über Londons haut ton - die so genannte »bessere Gesellschaft« - aus. Irgendwann wandte sich das Gespräch dann Charlottes Tochter, Sophia, zu, und man diskutierte eifrig über deren anstehende Verlobung. Georgy hingegen verzog schon nach wenigen Minuten angewidert das Gesicht, wie Louisa sehr wohl bemerkte, und so dauerte es dann auch nicht mehr lang, bis Georginas Älteste sich verdrückte.
»Ich hätte ja auch so gerne eine Tochter gehabt«, klagte Prinzessin Adelaide mit einem bedauernden Lächeln. »Aber immerhin verbringe ich dann und wann etwas Zeit mit meiner Nichte. Alexandrina Victoria, übrigens die Tochter des Herzogs von Kent, ist eine überaus intelligente und aufgeweckte junge Frau - auch wenn sie für ihr Alter zugegebenermaßen ein wenig klein ist.«
»Hochinteressant«, murmelte Lady Holland wenig überzeugt, um dann ganz ungeniert nachzuhaken: »Was ist eigentlich mit der Herzogin von Kent? Stimmt es, dass sie noch immer diese Affäre mit John Conroy pflegt, diesem irischen Offizier, der ihr eigentlich nur als Privatsekretär dienen sollte?«
»Mein Mann jedenfalls glaubt, dass an dieser Geschichte etwas dran ist«, flüsterte die Prinzessin, während sie sich verschämt die Serviette vor den Mund hielt. »Ich dagegen kann nur sagen, dass Conroy ein extrem attraktiver, aber auch sehr dominanter Ire ist. Prinzessin Victoria hingegen verabscheut ihn.«
Noch so ein herrischer irischer Teufel!, überlegte Louisa und musste sofort wieder an ihre letzte Begegnung mit Abercorn zurückdenken. Hätte ich ihn doch bloß ein bisschen mehr umgarnt, statt ihn geradeheraus einen Lügner zu nennen! Wie auch immer -ich glaube, er empfindet etwas für mich. Wenn ich mich nun also doch bei ihm entschuldigen sollte, vielleicht lässt er dann ja mit sich reden und gibt Georgy ihre Halskette zurück? Ich werde einfach warten, bis er wieder da ist, und dann spreche ich einfach mal mit ihm.
Wenige Minuten, nachdem Georgy sich verabschiedet hatte, verließ auch Louisa den Salon und traf an der Haupttreppe passenderweise auf ihren Bruder Johnny. »Du bist aber früh von der Jagd zurück«, begrüßte sie ihn mit leicht amüsiertem Lächeln, während er müden Schrittes die Treppe hinabgeschlendert kam.
»Ja, wir haben uns schon etwas eher von den anderen verabschiedet. Wie du weißt, bin ich kein allzu begeisterter Jäger und Abercorn auch nicht, und da Vater ebenfalls irgendwann müde wurde, sind wir einfach schon mal wieder nach Hause geritten. Gott allein weiß, wann der Rest der Jagdgesellschaft zurückkehren wird.«
»Abercorn ist auch schon wieder da?«, fragte Louisa so beiläufig wie irgend möglich. »Aha. Dann nehme ich mal an, er ist oben in seinem Zimmer und ruht sich ein wenig aus?«
Johnny verkniff sich ein belustigtes Grinsen und erwiderte stattdessen mit gleichmütiger Miene: »Ganz im Gegenteil sogar. Nachdem er Vaters Pferd trockengerieben hat, ist er nämlich hinuntergegangen zum See, um dort noch eine Runde zu schwimmen. Wer so athletisch gebaut ist wie er, hat wohl ein Übermaß an Energie, fürchte ich.«
»Oder ein Übermaß an Arroganz«, erwiderte Louisa und warf den Kopf in den Nacken.
Während James
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