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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das kann ich nur, wenn Sie aus mir wieder die Carola Donani machen.«
    Dr. Lombard nickte schwer. Dann hob er in einer unsagbaren Hilflosigkeit die Schultern.
    »Es geht nicht.« Er drehte sich zu Carola um und sah in ihre entsetzten Augen. »Ich habe Ihre Nase anders geformt durch Einpflanzung von Knorpelstücken. Ihre Ohren sind dadurch kleiner geworden, denn von ihnen stammten die Knorpelstückchen. Von Ihrem Kinn habe ich etwas weggemeißelt und ihm so die aristokratische Schmalheit des Südländers gegeben. Ich habe Ihre Augen korrigiert und sie etwas geschlitzt. Mandelaugen, sagt der Volksmund dazu. Ich habe Ihren Typ völlig verwandelt.« Und plötzlich schrie auch Dr. Lombard und warf die Arme empor. »Das kann ich nicht wieder rückgängig machen! Das ist endgültig! Begreifen Sie es doch!«
    »Dann bleibt mir nur der Tod –«, sagte Carola dumpf. Sie erhob sich und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich danke Ihnen, Dr. Lombard. Ich kenne nun meinen Weg. Sie sehen, ich bin ganz ruhig, ich habe die Stärke, auch noch das letzte Stück zu gehen. Leben Sie wohl.«
    Mit drei großen Schritten war Dr. Lombard an der Tür und verstellte ihr den Weg. »Ich lasse Sie so nicht gehen, Madame!« rief er. »Sie befinden sich in einem Zustand, in dem logisches Denken völlig fehlt.«
    »Im Gegenteil, Doktor – ich habe nie so logisch wie jetzt gedacht.« Carola lächelte schmerzlich. »Was wollen Sie noch von mir?«
    »Versprechen Sie mir, keine Dummheiten zu machen, Madame.«
    »Ich verspreche Ihnen alles, Doktor. Was hätten Sie davon?«
    »Schwören Sie es bei Ihren Kindern.«
    »Woher wissen Sie, daß ich Kinder habe?«
    »Es stand damals in den Zeitungen.« Dr. Lombard faßte Carola an beiden Schultern. »Ich beschwöre Sie, Madame, unternehmen Sie nichts aus dieser Stimmung heraus. Es wird einen Weg geben, einen vernünftigen … allerdings nicht den über den Operationstisch.«
    »Es wäre der einzige gewesen, Doktor.«
    »Beichten Sie Ihrem Gatten Ihre furchtbare Verblendung, wie Sie sie mir gebeichtet haben.«
    »Und die Kinder?« Es war wie ein Aufschrei.
    »Kinder gewöhnen sich schnell um. Zwei, drei Wochen … und sie werden nicht mehr wissen, wie Sie früher ausgesehen haben.«
    »Und mein Grab auf dem Friedhof von Starnberg?«
    »Das ist auch nicht aus der Welt geschafft, wenn Sie wieder wie die frühere Carola Donani aussehen. Dafür gibt es eine irdische Gerechtigkeit. Sie werden nicht darum herumkommen.« Er ließ die Hände sinken und schüttelte langsam den Kopf. »Aber der Tod, Madame, nein, der Tod ist keine Lösung. Das ist Feigheit. Das ist unter Ihrer Würde, das traue ich Ihnen nicht zu. Hatten Sie den Mut, Ihr Gesicht für eine Illusion zu opfern, so haben Sie auch die Stärke, mit dem neuen Gesicht die alte Schuld zu bezahlen. Es wird ein grausam schwerer Weg sein … aber Sie wollten ihn nicht anders.«
    Carola wandte sich ab und ging an das Fenster. Draußen regnete es. Ein feiner, kaum sichtbarer Nieselregen. Der Himmel war grau, die Häuser, die Straßen, die Bäume, das Gras, alles war farblos.
    »Ich fahre zurück nach Starnberg«, sagte sie leise.
    Dr. Lombard trat neben sie. »Ehrenwort?«
    »Bei meinen Kindern, Doktor!«
    »Höre ich wieder von Ihnen, Madame?«
    »Ja. Ich werde Ihnen schreiben.«
    Dr. Lombard rief eine Taxe an, er brachte Carola bis auf die Straße, half ihr einsteigen und trug die beiden Koffer um den Wagen herum an den Kofferraum. Dann stand er unter dem Gittertor und winkte der Taxe nach, bis sie um die Ecke verschwand. Erst da fiel ihm ein, was er vergessen hatte.
    Mein Gott, dachte er, sie hat ja noch immer nichts gegessen und getrunken.
    *
    Die kurze Begegnung mit der unbekannten, scheuen Dame, die genauso lief, wie Carola gelaufen war, blieb Bernd Donani tief im Gedächtnis haften und ließ ihm keine Ruhe. Mit Bombalo sprach er nicht darüber, weil er wußte, daß dieser ihn für verrückt erklärte. Bombalo war eine rauhe Natur und ein guter Freund, er verstand alle menschlichen Schwächen, nur, wenn es in den Bereich der Seele glitt, versagte er völlig. Für ihn war das Leben ein ständig wechselnder Genuß, und der vollkommenste Genuß ist der, bei dem man nicht zu denken braucht.
    Lustlos dirigierte Donani am nächsten Tag ein Rundfunkkonzert im Sender Köln und flog sofort zurück nach München.
    Warum lief sie weg, grübelte er, in seinen Sitz gedrückt und sich vor den Blicken der anderen Fluggäste hinter seiner Zeitung verbergend. Er hatte

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