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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ab und ging ins Haus zurück. Er klingelte nach Fräulein Graudenz und hatte das Gefühl, ersticken zu müssen.
    »Herr Donani –«
    Donani fuhr herum. Erna Graudenz stand in der Tür.
    »Erna, ich höre gerade von den Kindern, daß wir Besuch hatten …«
    »Besuch? Nein. Doch ja, die Polizei war hier, und ich habe –«
    »Ich weiß. Nein – es war früher. Als meine Frau … als sie noch lebte.«
    »Nein.«
    »Doch. Erinnern Sie sich. Die Kinder hatten die Masern.«
    Donani wartete, er wagte kaum zu atmen. Erna Graudenz sah an die Decke und dachte nach. Dann nickte sie.
    »Ja. Es stimmt. Ach, das meinen Sie? Ja, ein junger Mann war hier.«
    »Ein junger Mann –« Wie schwer das Herz wird, dachte Donani. »Warum hat man mir das nie gesagt?«
    Erna Graudenz hob beleidigt die Schultern. »Er war ja nur eine Nacht hier. Er fuhr am nächsten Morgen wieder weg. Ich hielt es für so unwichtig –«
    »Wer war denn der junge Mann?« unterbrach Donani sie ungeduldig.
    »Ich weiß es nicht. Die gnädige Frau brachte ihn mit.«
    »Sie … brachte ihn mit?« Es kostete Donani alle Kraft, ruhig und gleichgültig zu sprechen.
    »Die gnädige Frau sagte, der Herr sei ein alter Bekannter von ihr. Ich habe nicht länger gefragt, das steht mir ja auch nicht zu. Es war ein höflicher, junger Mann. Er hat so ausdauernd mit den Kindern gespielt –«
    »Ja, ich weiß. Er konnte den Ball bis in die Sonne schießen. Danke, Erna.«
    Das klang bitter, wie aus einem zerrissenen Herzen. Erna Graudenz ging.
    Donani wartete, bis die Tür hinter ihr zugefallen war. Dann brach seine Haltung zusammen – er sank in einen Sessel und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen.
    Ein fremder, junger Mann … Carola hat ihn mitgebracht … er hat hier übernachtet … und sie hat nie, nie von ihm erzählt. Sie ist nach der Gesundung der Kinder zurückgekommen und war wie immer. Ein Engel, der ihn vor aller Unbill beschützte.
    Plötzlich fielen ihm die Worte des Kriminalkommissars Weghart in Berlin ein: Ein junger Mann südländischen Typs hat auf der Bank in München das gesamte Geld Carolas abgehoben, mit einem ordnungsmäßigen Barscheck, der nicht beanstandet werden konnte. So klar der Tod Carolas war … hier war ein Rätsel, vor dem Donani auswich, von dem er bisher nichts hören wollte. Jetzt gab es keine Flucht vor der Wahrheit mehr. Hier, in diesem Hause, war ein junger Mann gewesen, den niemand kannte, den Carola mitgebracht hatte und dem sie 72.000 Mark gegeben hatte. Ein Vermögen. Ihr ganzes Geld. Wofür?
    Donani erhob sich und ging hinaus zu Bombalo, der fett und glänzend auf dem Rand des Schwimmbeckens saß und eine Apfelsine schälte.
    »Bombalo –«, sagte Donani dumpf. »Hältst du es für möglich, daß Carola mich betrogen hat?«
    »Sind Sie verrückt, Maestro?«
    »Ich fürchte, ich werde es. Antworte, hältst du es für möglich?«
    »Daß Sie verrückt werden?«
    »Daß Carola mich betrogen hat!« schrie Donani. »Betrogen mit einem jungen Schnösel!«
    Bombalo legte die Hände über den schwabbelnden Bauch. Sein Gesicht war verschlossen und vorsichtig. Da kommt ein Gewitter, dachte er. Ich habe immer so etwas erwartet.
    »Carola war eine schöne Frau –«, sagte er ausweichend.
    »Rede keinen Unsinn! Weißt du etwas?«
    »Ich? Nein! Ich schwöre! Aber sie war nicht glücklich.«
    »Sie hatte doch alles, was sich eine Frau wünschen kann.«
    »Aber nicht Sie, Maestro.«
    »Ich war doch immer bei ihr.«
    »Natürlich.«
    »Ich war immer bei ihr.«
    »Im Frack.«
    »Wie denn sonst?«
    »Vielleicht im Nachthemd. Oder ganz ohne –«
    Donani ließ Bombalo stehen und stampfte über die Wiese zur Steinbank an der Balustrade. Er schoß den bunten Ball, den ihm die Kinder wieder zuwarfen, mit einem kräftigen Beinhieb weit in den Garten hinein und zuckte zusammen, als die Kinder schrien: »Prima, Papi! Besser als der Onkel –«
    Was ist das, dachte Donani und setzte sich auf die Bank. Er starrte auf den weißen Marmorgedenkstein und ballte die Fäuste. Ich könnte die Sonne herunterreißen und sie zerstampfen. Ich könnte mich selbst jetzt den Hang hinabstürzen und im See ertränken. Und ich würde glücklich dabei sein. Mein Gott, mein Gott, habe ich denn jahrelang blind gelebt?
    Die Unruhe, der Verdacht in ihm wuchsen. Er konnte nicht länger auf der Bank sitzen und den Gedenkstein Carolas ansehen. Es war ihm unmöglich, an einem Ort zu weilen, an einem Flecken Erde, den Carola als eigenes Paradies bezeichnet hatte. Ein

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