Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
armen Herrin gegenüber herbeigeführt wurde, die Entlassung notwendig.
Annette, ein wahres Meisterwerk feiner, erfinderischer und pikanter Schönheit, war einer Herzoginnenkrone würdig. Es fehlte ihr nicht an Verstand; Rigou wußte nichts von Annettes Bändelei mit Jean-Louis Tonsard, was bewies, daß er sich von diesem hübschen Mädchen nasführen ließ, dem einzigen, dem der Ehrgeiz die Schmeichelei als Mittel, den Luchs zu blenden, eingegeben hatte.
Dieser Ludwig XV. ohne Thron hielt sich nicht einzig und allein an die hübsche Annette. Der hypothekarische Zwingherr von Ländereien, die von den Bauern über ihre Mittel gekauft worden waren, machte das ganze Tal von Soulanges bis fünf Meilen über Conches hinaus gegen Brie zu seinem Serail, ohne daß er etwas anderes wie Klageaufschübe ausgab, um jene flüchtigen Schätze zu erlangen, welche das Vermögen so vieler Greise verschlingen.
Dies köstliche Leben, das dem Bourets vergleichbar war, kostete also fast nichts. Dank seiner weißen Negersklaven ließ Rigou seine Bäume, sein Heu, sein Korn schneiden, bündeln und einfahren. Für den Bauer will Arbeit wenig heißen, besonders in Anbetracht einer Stundung zu zahlender Zinsen. Während Rigou niedrige Gebühren für den Aufschub von einigen Monaten verlangte, sog er seine Schuldner aus, indem er Arbeitsleistungen, wahrhafte Frondienste von ihnen verlangte, zu denen sie sich hergaben, weil sie glaubten, nichts damit zu zahlen, da sie ja keinen Pfennig aus ihrem Beutel holten. So zahlte man Rigou manchmal mehr, als die ganze Schuldsumme ausmachte.
Gründlich wie ein Mönch, schweigsam wie ein Benediktiner bei einer historischen Arbeit, verschlagen wie ein Priester, gleisnerisch wie jeder Geizhals, sich stets in den Grenzen des Rechts haltend, wäre dieser Mensch in Rom Tiberius, unter Ludwig XIII. Richelieu und Fouché gewesen, wenn er den Ehrgeiz besessen hätte, in den Konvent zu gehen, doch er besaß die Klugheit, ein Lucullus ohne Prunk und ein wollüstiger Geizhals zu sein. Um seinen Geist zu beschäftigen, erfreute er sich eines aus dem Ganzen geschnittenen Hasses. Er plagte den General Graf von Montcornet. Er ließ die Bauern sich durch das Spiel verborgener Fäden bewegen, deren Handhabung ihn wie eine Schachpartie ergötzte, bei welcher die Bauern lebten, die Reiter zu Roß saßen, die Läufer wie Fourchon schwatzten, die feudalen Türme in der Sonne prunkten und die Königin boshafterweise dem König Schach bot.
Alle Tage beim Aufstehen sah dieser Mann von seinem Fenster aus die stolzen Giebel von Les Aigues, die Kamine der Pavillons, die herrlichen Tore und sagte sich: »All das wird niedersinken, ich werd' die Bäche dort trocken legen und die schattigen Buschwerke abschlagen.« Kurz, er hatte sein großes und sein kleines Opfer. Wenn er über den Ruin des Schlosses nachdachte, schmeichelte sich der Renegat, den Abbé Brossette mit Nadelstichen zu töten.
Um den Exgeistlichen vollends zu malen, wird es genügen, wenn man sagt, daß er mit dem Bedauern, daß seine Frau lebe, in die Messe ging und das Verlangen offenbarte, sich, sobald er Witwer geworden sei, mit der Kirche wieder zu versöhnen. Ehrerbietig grüßte er den Abbé Brossette, wenn er ihm begegnete, und sprach sanft mit ihm, ohne sich jemals hinreißen zu lassen. Gewöhnlich haben alle Leute, die zur Kirche halten oder aus ihr hervorgegangen sind, eine Engelsgeduld; sie verdanken sie der Verpflichtung, ein Dekorum zu wahren, eine Erziehung, welche seit zwanzig Jahren der weitaus größten Majorität der Franzosen, selbst denen, die sich für wohlerzogen halten, fehlt. All die Konventualen, welche die Revolution ihre Klöster verlassen ließ und die sich auf Geschäfte geworfen haben, haben durch ihre Kühle und ihre Zurückhaltung die Ueberlegenheit gezeigt, welche die geistliche Zucht allen Kindern der Kirche, selbst denen, die ihr den Rücken kehren, verleiht.
Seit 1792 durch die Testamentsgeschichte aufgeklärt, hatte Gaubertin die Verschlagenheit, welche das gallige Gesicht dieses geschickten Gleisners kundtat, zu sondieren gewußt; auch hatte er sich in ihm einen Gevatter geschaffen, indem er mit ihm vor dem goldenen Kalbe kommunizierte. Schon bei der Gründung des Hauses Leclercq sagte er zu Rigou, er möge dort fünfzigtausend Franken anlegen, für welche er ihm gutsagen würde. Rigou wurde ein um so wichtigerer Kommanditär, als er dies Stammkapital um die angesammelten Zinsen sich vergrößern ließ. Augenblicklich betrug
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