Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
der Les Aigues am nächsten wohnende Feind, der Ueberwacher des Generals, sich in ständiger Verbindung mit sechzig oder achtzig kleinen Besitzern, Verwandten oder Verbündeten der Bauern, zu erkennen gab, die ihn fürchteten, wie man einen Gläubiger fürchtet.
Rigou stellte sich über Tonsard; der eine lebte von Diebstählen in Naturalien, der andere bereicherte sich durch gesetzlich nicht verfolgbare Räubereien. Alle beide liebten das Wohlleben; es war die gleiche Natur in zweierlei Gestalt, die eine urwüchsig, die andere durch die Klostererziehung verfeinert.
Als Vaudoyer die Wirtschaft zum Grand-I-Vert verließ, um den früheren Bürgermeister um Rat zu fragen, war's ungefähr vier Uhr. Zu dieser Stunde speiste Rigou zu Mittag.
Als er die Haustür geschlossen fand, blickte Vaudoyer durch die Vorhänge und rief:
»Monsieur Rigou, ich bin's, Vaudoyer ...«
Jean kam aus der Hintertür und ließ Vaudoyer einen Augenblick später mit den Worten eintreten:
»Komm in den Garten, der Herr hat Besuch.«
Dieser Besuch war Sibilet, der sich unter dem Vorwande, sich über die Bedeutung des Urteils, das Brunet abgegeben hatte, zu erkundigen, mit Rigou über ganz andere Dinge unterhielt. Er hatte den Wucherer bei der Verspeisung seines Nachtisches angetroffen.
Auf einem viereckigen Tische, der mit blütenweißem Leinen gedeckt war – denn, wenig bedacht auf die Mühe seiner Frau und Annettes, verlangte Rigou alle Tage weißes Tischzeug – sah der Verwalter eine Schüssel mit Erdbeeren, Aprikosen, Pfirsichen, Feigen, Mandeln, kurz allen Früchten der Jahreszeit in Fülle bringen, die fast ebenso zierlich wie in Les Aigues auf weißen Porzellantellern und auf Weinblättern serviert wurden.
Als er Sibilet sah, hieß Rigou ihn die Riegel vor die von selber zufallenden inneren Türen schieben. Diese waren an jeder Tür angebracht, um die Kälte abzuhalten und Geräusche zu ersticken. Hierauf fragte er ihn, welche wichtige Angelegenheit ihn nötige, ihn bei hellem Tage zu besuchen, wo er doch so sicher mit ihm während der Nacht sich besprechen könne.
»Weil der Tapezier davon gesprochen hat, nach Paris zu gehen, um den Justizminister zu besuchen; er ist imstande, Euch viel Uebles zuzufügen, die Versetzung Eures Schwiegersohns, der Richter von Villes-aux-Fayes und des Präsidenten zu erbitten, vor allem, wenn er das Urteil liest, das man eben zu Euren Gunsten gefällt hat. Er gerät in Harnisch, ist ein kluger Kopf und hat in dem Abbé Brossette einen Berater, der fähig ist, sich mit Euch und Gaubertin zu messen. Die Priester haben die Macht. Der Herr Bischof liebt den Abbé Brossette sehr. Die Frau Gräfin hat davon gesprochen, ihren Vetter, den Grafen von Castéran, Nicolas wegen aufsuchen zu wollen. Michaud beginnt unser Spiel klar zu durchschauen.«
»Du hast Angst,« sagte der Wucherer ganz ruhige indem er Sibilet einen Blick zuwarf, den der Verdacht weniger trübe machte als gewöhnlich, und der furchtbar war. »Du erwägst, ob es nicht besser ist, dich auf des Herrn Grafen von Montcornet Seite zu stellen?«
»Ich sehe nicht recht, woher ich, wenn Ihr Les Aigues werdet zerstückelt haben, viertausend Franken nehmen soll, um sie alljährlich anständig anzulegen, wie ich es seit fünf Jahren tue,« antwortete Sibilet gerade heraus. »Monsieur Gaubertin hat mir all die Zeit über die schönsten Versprechungen gemacht; doch die Entscheidung kommt heran, man wird sich sicherlich schlagen: versprechen und halten sind zweierlei nach dem Siege.«
»Ich will mit ihm reden,« antwortete Rigou ruhig. »Inzwischen hier das, was ich antworten würde, wenn mich die Sache anginge: Seit fünf Jahren bringst du jährlich viertausend Franken zu Monsieur Rigou, und der brave Mann verzinst sie Dir zu siebeneinhalb Prozent jährlich, was in diesem Augenblick mit Zinseszins alles in allem 27 000 Franken ausmacht. Da aber ein doppelter Privatvertrag zwischen dir und Rigou besteht, würde der Verwalter von Les Aigues am Tage, wo der Abbé Brossette diesen Vertrag vor des Tapeziers Augen bringen würde, entlassen werden, vor allem nach einem anonymen Briefe, der ihn von deiner Doppelrolle unterrichtete. Du würdest also besser tun, mit uns auf die Jagd zu gehen, ohne deinen Knochen im Voraus zu verlangen. Und zwar um so mehr, als Monsieur Rigou, da er nicht gehalten ist, dir gesetzmäßig siebeneinhalb Prozent und Zinseszinsen zu geben, dir reelle Angebote für deine zwanzigtausend Franken machen könnte, und während du auf die
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