Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Späße heraus, aber man verzieh sie ihr; sie sagte ganz einfach zum Pfarrer Taupin, einem siebzigjährigen Manne mit weißen Haaren:
»Schweig still, Junge!«
Der Müller von Soulanges, der fünfzigtausend Franken Rente besaß, hatte eine einzige Tochter, an die Lupin für Amaury dachte, seitdem er die Hoffnung verloren hatte, ihn mit Mademoiselle Gaubertin zu verheiraten, und der Präsident Gaubertin dachte an sie für seinen Sohn, den Hypothekenbewahrer – ein anderer Antagonimus.
Dieser Müller, ein Sarcus-Taupin, war der Nucingen der Stadt; man hielt ihn für einen dreifachen Millionär; doch er wollte sich zu keiner Verbindung herbeilassen, er dachte nur daran, Mehl zu mahlen, es zu monopolisieren und empfahl sich durch einen gänzlichen Mangel an Höflichkeit und guten Manieren.
Der Vater Guerbet, Bruder des Postmeisters in Conches, besaß außer seiner Steuereinnahme gegen zehntausend Franken Rente. Die Gourdon waren reich; der Arzt hatte die einzige Tochter des alten Monsieur Gendrin-Vattebled, des Forst- und Wasserinspektors, auf dessen Tod man wartete, geheiratet, und der Kanzlist hatte die Nichte und einzige Erbin des Abbé Taupin, des Pfarrers von Soulanges, geehelicht, eines feisten Priesters, der sich wie die Ratte in ihren Käse, in seine Pfarre zurückgezogen hatte.
Dieser geschickte Geistliche, der von der ersten Gesellschaft ganz mit Beschlag belegt worden war, der zweiten gegenüber gut und gefällig und den Armen gegenüber apostolisch war, hatte sich in Soulanges beliebt gemacht. Als ein Vetter des Müllers und als Sarcus' Vetter gehörte er zum Lande und zur avonneser Mediokratie. Er speiste stets in der Stadt zu Mittag, sparte, ging zu Hochzeiten und zog sich vor dem Ball zurück; sprach nie über Politik und ging über die Kultbedürfnisse hinweg mit den Worten: »Das ist mein Beruf!« Und man ließ ihn denselben ausüben, indem man von ihm sagte: »Wir haben einen guten Pfarrer!« Der Bischof, der die Leute in Soulanges kannte, war, ohne sich über den Wert des Pfarrers zu täuschen, glücklich, in einer derartigen Stadt einen Mann zu haben, der den Leuten nicht die Religion verekelte, der seine Kirche zu füllen und dort vor eingeschlafenen Hauben zu predigen wußte.
Die beiden »Damen« Gourdon kann man nur mit jenen unglücklichen Statistinnen zweitrangiger Theater vergleichen, welche die Pariser zur Genüge kennen, da sie sich oft genug über diese Art »Künstlerinnen« lustig gemacht haben; und um die Beschreibung dieser »Damen« zu vollenden, wird es genügen, wenn man sagt, daß sie zu dem Genre der »braven kleinen Frauen« gehören; die minder gebildeten Bürger werden dann in ihrem Umkreise die Modelle dieser wesentlichen Geschöpfe finden.
Es ist zwecklos zu bemerken, daß Vater Guerbet sich im Finanzwesen wunderbar auskannte, und daß Soudry Kriegsminister sein konnte. So bot nicht nur jeder dieser Bourgeois sich als eine jener Spezialitäten der Laune dar, die einem Provinzmenschen für seine Existenz so notwendig sind, sondern jeder von ihnen kultivierte auch noch ohne Nebenbuhler den Acker seiner Eitelkeit.
Wenn Cuvier dort durchgekommen wäre, ohne seinen Namen zu nennen, würde die erste Gesellschaft von Soulanges ihn überzeugt haben, daß er, verglichen mit Monsieur Gourdon, dem Arzte, recht wenig wisse. Nourrit und »sein hübsches feines Stimmchen«, sagte der Notar mit gönnerhafter Nachsicht, würden kaum für würdig befunden worden sein, diesen Soulanger Orpheus zu begleiten. Und was den Verfasser des »Ballspiels« anlangte, das in diesem Augenblick bei Bournier gedruckt wurde, so glaubte man nicht, daß man einen Dichter von seiner Bedeutung in Paris antreffen würde: denn Delille war tot!
Diese so überaus selbstzufriedene Provinzbourgeoisie konnte also alle sozialen Vorrechte übertreffen. Auch kann die Einbildungskraft derer, die in ihrem Leben eine Zeitlang in einer kleinen Stadt dieser Art gelebt haben, allein die Miene tiefer Selbstgefälligkeit dunkel erkennen, die allen Gesichtern dieser Leute aufgeprägt ist, die sich für den Sonnenplexus Frankreichs hielten, samt und sonders aufs wunderbarste dazu ausgerüstet waren, Schlechtigkeiten zu begehen und in ihrer Weisheit dekretiert hatten, daß einer der Helden von Eßling ein Feigling, daß Madame de Montcornet eine Intrigantin sei, die dicke Blattern auf dem Rücken habe, daß Abbé Brossette ein kleiner Ehrgeiziger sei, und die vierzehn Tage nach der Versteigerung von Les Aigues die
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