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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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kleinbürgerliche Abstammung des Generals, der von ihnen mit dem Spitznamen: Tapezier belegt wurde, herausbekommen hatten.
    Wenn Rigou, Soudry und Gaubertin in Ville-aux-Fayes gewohnt hätten, würden sie sich verfeindet haben, ihre Ansprüche würden unvermeidlich aufeinandergeprallt sein. Doch das Verhängnis wollte, daß der Lucullus von Blangy die Notwendigkeit seines Alleinseins fühlte, um sich nach Herzenslust in Wucher und Wollust zu wälzen; daß Madame Soudry klug genug war, um einzusehen, daß sie nur in Soulanges herrschen könne und daß Ville-aux-Fayes der Sitz von Gaubertins Geschäften sei. Wem es Freude macht, die Natur der Gesellschaft zu studieren, der wird zugeben, daß der General von Montcornet rechtes Unglück hatte, daß er solche Feinde vorfand, die getrennt waren und die alle Bewegungen ihrer Macht und ihrer Eitelkeit in Entfernungen vollführten, die diesen Gestirnen nicht erlaubten, einander hinderlich zu sein, und die Macht des Uebeltuns verzehnfachten.
    Wenn alle die biederen, auf ihren Wohlstand stolzen Bürger ihre Gesellschaft der von Ville-aux-Fayes sehr an Zerstreuungen überlegen hielten und mit komischer Wichtigkeit das Diktum des Tales wiederholten: Soulanges ist eine Stadt der Vergnügungen und der Geselligkeit, würde man sich doch sehr in der Annahme irren, daß die avonnesische Hauptstadt diese Ueberlegenheit akzeptierte. Der Salon Gaubertin machte sich »in petto« über den Salon Soudry lustig. An der Art, wie Gaubertin sagte: »Wir sind eine Großhandelsstadt, eine Geschäftsstadt, wir sind so dumm, uns damit zu langweilen, Geld zu machen«, war unschwer ein leichter Antagonismus zwischen der Erde und dem Monde zu erkennen. Der Mond glaubte der Erde nützlich zu sein, und die Erde meisterte den Mond. Erde und Mond lebten übrigens in engstem Einvernehmen. Im Karneval zog die erste Gesellschaft von Soulanges immer in Scharen auf die vier Bälle, die von Gaubertin, Gendrin, Leclercq, dem Steuereinnehmer, und von dem jungen Soudry, dem Staatsanwalt, gegeben wurden. Allsonntäglich kamen der Staatsanwalt, seine Frau, Monsieur, Madame und Mademoiselle Élise Gaubertin zu den Soudry nach Soulanges zum Mittagessen. Wenn der Unterpräfekt gebeten worden war, und der Postmeister, Monsieur Guerbet aus Conches, ankam und fürliebnahm, erlebte Soulanges das Schauspiel, daß vier Bezirksequipagen vor der Türe des Soudryschen Hauses standen.

II
Die Verschwörer bei der Königin
    Als Rigou gegen fünfeinhalb Uhr dort eintraf, wußte er, daß er die üblichen Besucher der Soudryschen Salons alle auf ihrem Posten finden würde. Wie in der ganzen Stadt, speiste man auch beim Bürgermeister nach der Sitte des letzten Jahrhunderts um drei zu Mittag. Von fünf bis neun Uhr tauschten die Notabeln von Soulanges die Neuigkeiten aus, hielten ihre politischen Speeches, machten ihre Glossen über die Ereignisse des Privatlebens des ganzen Tales und redeten über Les Aigues, das alle Tage eine Stunde lang das Hauptgespräch bildete. Jeder ließ es sich angelegen sein, etwas über die dortigen Vorgänge zu erfahren, und man wußte überdies, daß man damit den Herrschaften des Hauses den Hof machte.
    Nach dieser üblichen Revue setzte man sich zum Boston, das einzige Spiel, welches die Königin kannte. Wenn der dicke Vater Guerbet Madame Isaure, Gaubertins Frau, nachgeäfft, indem er sich über ihr geziertes Wesen lustig machte und ihre kleine Stimme, ihren kleinen Mund und ihre jugendlichen Manieren nachahmte; wenn der Pfarrer Taupin ein Geschichtchen seines Repertoires von Stapel gelassen, wenn Lupin irgendein Ereignis aus Ville-aux-Fayes berichtet hatte und Madame Soudry mit ekelhaften Komplimenten überschüttet worden war, sagte man: »Wir haben ein reizendes Spiel gemacht.«
    Zu egoistisch, um sich der Mühe zu unterziehen, zwölf Kilometer zurückzulegen, um die von den ständigen Besuchern dieses Hauses vorgebrachten Albernheiten anzuhören und einen als altes Weib verkleideten Affen zu sehen, zeigte Rigou, der diesem Kleinbürgertum sowohl an Geist wie an Bildung überlegen war, sich nur, wenn ihn seine Geschäfte zum Notar führten. Er hatte sich davon frei gemacht, freund-nachbarliche Beziehungen zu pflegen, und schützte seine Beschäftigungen, seine Gewohnheiten und seine Gesundheit vor, die es ihm, wie er sagte, nicht erlaubten, des Nachts auf einer Straße zurückzufahren, längs welcher die Thune ihren »Wasserstaub aufwirbelte«.
    Der große, magere Wucherer imponierte übrigens

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