Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
einen verachteten Konkurrenten zu haben, protegierte ihn, um ihn nicht sein Amt an irgendeinen ehrgeizigen jungen Mann verkaufen zu sehen, wie Bonnac zum Beispiel, mit dem er die Bezirkspraxis hätte teilen müssen.
»Dank den Leutchen geht's soso,« antwortete Socquard, »aber man ahmt meinen gekochten Wein nach!«
»Muß man verfolgen,« sagte Rigou sentenziös.
»Das würd' mich zu weit führen,« antwortete der Caféwirt.
»Und sie kommen gut miteinander aus, deine Kunden?«
»Sie haben immer einige Händel, doch unter Spielern verzeiht man sich alles.«
Alle Köpfe waren an dem Salonfenster zu sehen, das auf den Platz hinausging. Als er den Vater seiner Schwiegertochter erblickte, ging Soudry hinaus, um ihn an der Freitreppe zu empfangen.
»Nun, lieber Gevatter,« sagte der Exgendarm, sich dieses Wortes in seiner ursprünglichen Bedeutung bedienend, »ist Annette krank, daß Sie uns einen Abend Ihrer Gegenwart gönnen?« Mit einem Rest von Gendarmenverstand ging der Bürgermeister immer auf die Hauptsache los.
»Nein, es gibt Rauferei,« antwortete Rigou und berührte mit seinem Zeigefinger die Hand, die Soudry ihm hinstreckte; »wir werden darüber plaudern; denn das geht ein wenig unsere Kinder an.«
Soudry, ein schöner Mann, blaugekleidet, wie es sich immer für die Gendarmerie gehört, mit schwarzer Halsbinde und Sporen an den Stiefeln, führte Rigou am Arm zu seiner imposanten besseren Hälfte. Die Glastür war nach der Terrasse hin offen, wo die üblichen Besucher sich ergingen, indem sie sich des schönen Sommerabends erfreuten, welcher die köstliche Landschaft, die sich Leute mit Einbildungskraft nach der gelesenen kurzen Beschreibung ausmalen können, in vollem Glanze zeigte.
»Es ist lange her, daß wir uns gesehen haben, mein lieber Rigou,« sagte Madame Soudry, die den Arm des Exbenediktiners nahm und ihn auf die Terrasse führte.
»Meine Verdauung macht mir so zu schaffen,« erwiderte der alte Wucherer. »Sehen Sie! Meine Farben sind fast ebenso lebhaft wie Ihre ...«
Rigous Erscheinen auf der Terrasse veranlaßte, wie man sich denken kann, unter all den Personen eine Explosion jovialer Begrüßungen.
»Guten Tag, edler Herr von Blangy,« rief der Steuereinnehmer Guerbet und bot Rigou die Hand, der den Zeigefinger seiner rechten Hand hineinlegte.
»Edler Herr!« antwortete Rigou bitter, »seit langem schon bin ich nicht mehr der Hahn meines Dorfes!«
»Das sagen die Hühner aber nicht, alter Verbrecher!« bemerkte die Soudry und versetzte Rigou einen leichten, scherzenden Fächerschlag.
»Uns geht's gut, mein lieber Meister?« fragte der Notar, seinen Hauptklienten begrüßend.
»So so, la la,« antwortete Rigou, der wiederum seinen Zeigefinger in des Notars Hand legte.
Diese Geste, durch die Rigou den Händedruck auf die kühlste Höflichkeitsäußerung beschränkte, würde dem, der ihn nicht gekannt hätte, den ganzen Mann gekennzeichnet haben.
»Gibt's eine Ecke, wo wir in Ruhe reden können?« fragte der alte Mönch und blickte Lupin und Madame Soudry an.
»Gehn wir in den Salon zurück,« entgegnete die Königin. »Die Herren«, fügte sie, auf Monsieur Gourdon, den Arzt, und Guerbet weisend, hinzu, »streiten sich über ein point de côté (Seitenstechen).«
Madame hatte sich nach einem zur Diskussion stehenden Punkte erkundigt; Guerbet, der stets so geistreiche, hatte ihr gesagt: »Es handelt sich um einen point de côté .« Die Königin glaubte, das sei ein wissenschaftlicher Ausdruck, und Rigou lächelte, als er sie dies Wort mit prätentiöser Miene wiederholen hörte.
»Was hat denn der Tapezier Neues ausgeheckt?« fragte Soudry, der sich neben seine Frau gesetzt hatte und sie um die Taille faßte. Wie alle alten Weiber verzieh die Soudry vieles um eines öffentlichen Zärtlichkeitsbeweises willen.
»Er ist«, antwortete Rigou mit leiser Stimme, um das Beispiel der Vorsicht zu geben, »nach der Präfektur gefahren, um dort die Urteilsvollziehung zu verlangen und bewaffneten Beistand zu erbitten.« »Das ist sein Verderben,« sagte Lupin, sich die Hände reibend. »Man wird sich prügeln.«
»Man wird sich prügeln,« bemerkte Soudry, »je nachdem! Wenn der Präfekt und der General, die ja Freunde sind, eine Eskadron Kavallerie schicken, werden die Bauern nicht drauflosstechen. Man kann im Notfalle mit den Gendarmen von Soulanges fertig werden, aber versucht doch einem Kavallerieangriff Widerstand zu leisten!«
»Sibilet hat ihn etwas viel Gefährlicheres als
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