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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Madame Soudrys Gesellschaft sehr, die in ihm den Tiger mit Stahlkrallen, die Bosheit des Wilden, die im Kloster herangezüchtete, an der Sonne des Goldes gereifte Klugheit witterte, mit denen Gaubertin sich nie hatte einlassen wollen.
    Sobald Korbwagen und Pferd am »Café de la Paix« vorbeikamen, legte Urbain, Soudrys Diener, der mit dem Kaffehausbesitzer plauderte – beide saßen sie auf einer Bank unter den Fenstern des Speisesaals – die Hand schirmend über die Augen, um genau zu sehen, wem das Gespann gehöre.
    »Da ist Vater Rigou ... Man muß ihm das Tor aufmachen; haltet sein Pferd,« sagte er familiär zu Socquard. Und Urbain, ein alter Reitersmann, der, als er nicht Gendarm hatte werden können, um unterzukommen, Dienst bei Soudry genommen hatte, ging ins Haus zurück, um das Hoftor aufzustoßen.
    Socquard, jene im Tale so berühmte Persönlichkeit, machte, wie ihr seht, keine Umstände; aber so ist es nun einmal mit berühmten Leuten, welche die Gefälligkeit haben, ganz wie einfache Sterbliche zu gehen, zu niesen, zu schlafen und zu essen.
    Socquard, schon von Geburt ein kräftiger Kerl, konnte elfhundert Pfund tragen. Wenn er einem Manne mit der Faust in den Rücken schlug, zerbrach er ihm schlankweg die Wirbelsäule. Er zerknickte einen Eisenbarren und hielt ein mit einem Pferde bespanntes Geschirr an. Der Milon von Kroton des Tales, erstreckte sein Ruhm sich über den ganzen Bezirk, wo über ihn, wie über alle berühmten Leute, lächerliche Geschichten umgingen.
    So erzählte man sich im Morvan, daß er eines Tages ein armes Weib, ihren Esel und ihren Sack auf seinem Rücken auf den Markt getragen, daß er einen ganzen Ochsen gegessen und an einem Morgen eine Vierteltonne Weins ausgetrunken habe usw. Sanft wie ein heiratsfähiges Mädchen, besaß Socquard, ein dicker kleiner Mann mit sanften Gesichtszügen, breiten Schultern, breiter Brust, in welcher seine Lungen wie Schmiedeblasebälge spielten, ein Stimmchen, dessen Zartheit alle, die ihn zum erstenmal hörten, überraschte.
    Wie Tonsard, den sein Ruf von jedem Wildheitsbeweise entband, wie alle, über die irgendeine öffentliche Meinung feststeht, zeigte Socquard seine triumphierende Muskelkraft immer nur dann, wenn seine Freunde ihn darum baten. Er ergriff also den Zügel des Pferdes, als des Staatsanwalts Schwiegervater umdrehte, um vor der Rampe vorzufahren.
    »Geht's gut bei Ihnen, Monsieur Rigou?« fragte der berühmte Socquard.
    »So so, la la, mein Alter ...« antwortete Rigou. »Sind Plissoud und Bonnebault, Viallet und Amaury immer noch die Stützen deines Geschäfts?«
    Diese in einem wohlwollenden und teilnehmenden Tone gestellte Frage war keine jener banalen Redensarten, die Vorgesetzte zufällig ihren Untergebenen hinwerfen. In seinen Mußestunden dachte Rigou an die kleinsten Nebensächlichkeiten, und Bonnébaults, Plissouds und des Gendarmerieunteroffiziers Viallet vertraulicher Umgang war Rigou schon von Fourchon als verdächtig gemeldet worden.
    Um einiger beim Spiele verlorener Taler willen konnte Bonnébault dem Unteroffizier die Geheimnisse der Bauern verraten oder, nachdem er einige Gläser Punsch zuviel hinuntergeschüttet, ausplaudern, ohne die Wichtigkeit seiner Schwätzerei zu ahnen. Aber die Angebereien des Otternjägers konnten vom Durst eingegeben worden sein, und Rigou schenkte dem nur in Anbetracht Plissouds Aufmerksamkeit, welchem seine Lage ein gewisses Verlangen einflößen mußte, den gegen Les Aigues angesponnenen Verschwörungen entgegenzuarbeiten, und wäre es auch nur, um sich von einer oder der anderen der beiden Parteien schmieren zu lassen.
    Als Korrespondent der Versicherungen, die in Frankreich aufzutauchen begannen, als Agent einer Versicherung gegen die Rekrutierung, hatte der Gerichtsdiener gleichzeitig mehrere wenig lohnende Beschäftigungen, die es ihm um so schwieriger machten, Vermögen zu erwerben, als er das Laster besaß, den gekochten Wein und das Billard zu lieben. Gleich Fourchon kultivierte er sorgfältig die Kunst des Nichtstuns und erhoffte seinen Wohlstand von einem problematischen Zufall. Von ganzem Herzen haßte er die erste Gesellschaft, hatte aber ihre Macht abgewogen. Plissoud kannte die von Gaubertin organisierte bürgerliche Tyrannei gründlich; er verfolgte die reichen Käuze von Soulanges und Ville-aux-Fayes mit seinen Spöttereien. Er repräsentierte allein die Opposition. Kredit- und vermögenslos, wie er war, schien er nichts zu fürchten; auch Brunet, der entzückt war,

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