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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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das reden hören, und das führt mich her,« fuhr Rigou fort.
    »Oh, meine arme Sophie!« rief Madame Soudry sentimental, »in welche Hände sind Les Aigues gefallen. Das hat uns die Revolution eingebracht: Eisenfresser mit Epauletten! Man hätte doch merken müssen, daß, wenn man eine Flasche umwirft, die Bodenhefe emporsteigt und den Wein verdirbt!«
    »Er hat die Absicht, nach Paris zu reisen und beim Justizminister zu intrigieren, damit das ganze Gericht neu besetzt wird.«
    »Ah,« sagte Lupin, »er hat seine Gefahr erkannt.«
    »Wenn man meinen Schwiegersohn zum stellvertretenden Generalprokurator ernennt, gibt's nichts zu sagen, und er wird ihn durch irgendeinen ihm ergebenen Pariser ersetzen,« fuhr Rigou fort. »Wenn er für Monsieur Gendrin einen Sitz am Reichsgericht verlangt, wenn er Monsieur Guerbet, unsern Untersuchungsrichter, zum Präsidenten in Auxerre ernennen läßt, wird er unser Kegelspiel umwerfen! ... Er hat bereits die Gendarmerie für sich; wenn er noch das Gericht kriegt, und wenn er Berater wie den Abbé Brossette und Michaud bei sich behält, werden wir übel dran sein; er könnte uns böse Geschichten anhängen.«
    »Wie, in fünf Jahren habt Ihr Euch den Abbé Brossette nicht vom Halse schaffen können?« fragte Lupin.
    »Sie kennen ihn nicht; er ist mißtrauisch wie eine Amsel,« erwiderte Rigou. »Der Priester da ist kein Mann, er schiert sich nicht um die Weiber; ich hab' keine Leidenschaft an ihm gesehen, er ist unangreifbar. Der General dagegen gibt sich dank seinem Zorn überall Blößen. Ein Mensch, der ein Laster hat, ist immer der Diener seiner Feinde, wenn sie sich dieses Marionettenfadens zu bedienen wissen. Nichts Stärkeres gibt's, als Leute, welche ihre Laster lenken, anstatt sich von ihnen lenken zu lassen. Die Bauern tun, was sie sollen, man hält unsere Leute gegen den Abbé in Atem, aber man kann noch nichts gegen ihn unternehmen. Das ist wie bei Michaud; Menschen wie die sind zu vollkommen, die muß der liebe Gott zu sich rufen ...«
    »Man muß ihnen Mägde verschaffen, die ihre Treppen tüchtig einseifen,« sagte Madame Soudry, die Rigou jenen leichten Sprung machen ließ, den sehr gerissene Leute tun, wenn sie etwas Gerissenes hören.
    »Der Tapezier hat noch ein anderes Laster: er liebt seine Frau, und man kann ihn auch von der Seite fassen...«
    »Halt, man muß erfahren, ob er seine Gedanken verfolgt!« warf Madame Soudry ein.
    »Wie?« fragte Lupin, »aber das ist ja das hic!«
    »Sie, Lupin,« fuhr Rigou in einem gebieterischen Tone fort, »werden sich in die Präfektur begeben und dort die schöne Madame Sarcus sehen, und das heut abend! Sie werden von ihr erreichen, daß sie ihren Gatten alles wiederholen läßt, was der Tapezier in der Präfektur gesagt und getan hat.«
    »Ich werde genötigt sein, dort zu schlafen,« erwiderte Lupin.
    »Um so besser für Sarcus le Riche, er wird dabei gewinnen,« bemerkte Rigou. »Sie ist noch nicht allzu ›schwartig‹, die Madame Sarcus.«
    »O Monsieur Rigou,« flötete Madame Soudry geziert, »sind die Frauen jemals schwartig?«
    »Bei der haben Sie recht! Sie streicht sich durchaus nicht vorm Spiegel an,« erwiderte Rigou, den die Zurschaustellung der alten Schätze bei der Cochet immer empörte.
    Madame Soudry, die nur eine Spur Rot aufzulegen glaubte, verstand diesen epigrammatischen Hieb nicht und fragte:
    »Können Frauen sich denn anstreichen?«
    »Was Sie anlangt, Lupin,« fuhr Rigou fort, ohne auf diese Naivität zu antworten, »so werden Sie morgen früh zu Papa Gaubertin kommen, werden ihm ankündigen, daß der Gevatter und ich«, dabei schlug er Soudry auf den Schenkel, »ein Häppchen bei ihm essen möchten und ihn um ein Frühstück gegen Mittag bitten. Setzen Sie ihn in Kenntnis von den Dingen, damit jeder von uns sich die Sache überlegt hat; denn es handelt sich darum, mit dem verfluchten Tapezier zu Ende zu kommen. Als ich unterwegs zu Euch war, habe ich mir gesagt, daß man den Tapezier mit dem Gericht auseinander bringen muß, so daß der Justizminister ihm ins Gesicht lacht, wenn er ihn um Personalveränderungen am Gericht von Ville-aux-Fayes bitten kommt ...«
    »Die Kirchenleute sollen leben!« rief Lupin, Rigou auf die Schulter klopfend.
    Alsbald kam Madame Soudry ein Gedanke, der nur der ehemaligen Kammerfrau eines Opernmädchens kommen konnte.
    »Wenn wir den Tapezier«, sagte sie, »auf den Soulanger Jahrmarkt bringen und ihm dort ein schönes Mädchen auf den Hals hetzen könnten, damit er

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