Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
den Kopf verliert; er würde sich mit dem Mädchen vielleicht verständigen, und wir könnten ihn mit seiner Frau, der man beibrächte, daß eines Kunsttischlers Sohn immer wieder auf seine ersten Liebschaften zurückkommt, auseinanderbringen.«
»Ach, meine Schöne,« rief Soudry, »du allein hast mehr Grips als die ganze Polizeipräfektur in Paris!«
»Das ist ein Gedanke, der beweist, daß Madame ebensowohl ihrer Klugheit wie ihrer Schönheit wegen unsere Königin ist,« erklärte Lupin.
Lupin wurde mit einer Grimasse belohnt, die man in der ersten Gesellschaft von Soulanges protestlos für ein Lächeln hinnahm.
»Das würde noch besser sein,« bemerkte Rigou, der lange Zeit über nachdenklich blieb. »Wenn man einen Skandal draus machen könnte ...«
»Protokoll und Klage, eine Zuchtpolizeiangelegenheit,« rief Lupin. »Oh, das wäre zu schön!«
»Welch ein Vergnügen,« sagte Soudry naiv, »den Grafen von Montcornet, Ritter des Großkreuzes der Ehrenlegion, Kommandeur des Ludwigsordens, Generalleutnant, angeklagt zu sehen, auf öffentlichem Platze, sich, sagen wir einmal, gegen das Schamgefühl vergangen zu haben.«
»Er liebt seine Frau zu sehr,« wandte Lupin ein, »nie wird man ihn soweit kriegen.«
»Das ist kein Hinderungsgrund; aber ich sehe im ganzen Bezirke kein Mädchen, das einen Heiligen zur Sünde zu verführen fähig wäre; ich suche ja eins für meinen Abbé!« rief Rigou.
»Was sagen Sie zu der schönen Gatienne Giboulard in Auxerre, in die der junge Sarcus vernarrt ist?« fragte Lupin.
»Die würde die einzige sein,« antwortete Rigou, »aber sie ist nicht imstande uns zu dienen; sie meint, daß sie sich nur zu zeigen braucht, um bewundert zu werden; sie ist nicht geschickt genug, und wir brauchen eine Verschmitzte, eine Durchtriebene ... Es ist gleich, sie wird kommen ...«
»Jawohl,« bestätigte Lupin, »je mehr hübsche Mädchen er zu Gesicht kriegt, desto besser sind die Aussichten.«
»Es wird schwer fallen, den Tapezier zum Besuch des Jahrmarkts zu bringen. Und wenn er zum Fest kommt, wird er dann in unsere Tivolikneipe gehen?« fragte der Exgendarm.
»Den Grund, der ihn am Kommen hindern möchte, gibt's dieses Jahr nicht mehr, mein Herz,« antwortete Madame Soudry.
»Welchen Grund denn, meine Liebe?« fragte Soudry.
»Der Tapezier hat Mademoiselle de Soulanges heiraten wollen,« sagte der Notar; »man hat ihm geantwortet, sie sei zu jung, und er ist beleidigt. Darum sind die Herren von Soulanges und von Montcornet, die beiden alten Freunde – denn sie haben alle beide bei der kaiserlichen Garde gedient – so kühl gegeneinander geworden, daß sie sich nicht mehr besuchen. Der Tapezier hat den Soulanges auf dem Jahrmarkte nicht begegnen wollen, doch dieses Jahr kommen sie nicht hin.«
Gewöhnlich verweilte die Familie Soulanges im Juli, August, September und Oktober im Schloß, aber der General befehligte damals die Artillerie in Spanien unter dem Herzog von Angoulême, und die Komtesse hatte ihn begleitet. Bei der Belagerung von Cadix gewann der Graf von Soulanges bekanntlich den Marschallstab, den er 1826 bekam. Montcornets Feinde konnten also annehmen, daß die Bewohner von Les Aigues nicht immer den Feierlichkeiten des Marienfestes im August aus dem Wege gehen würden, und daß es leicht sein möchte, sie ins Tivoli zu ziehen.
»Das ist richtig,« rief Lupin. »Nun ist's an Ihnen, Papa,« sagte er dann, sich an Rigou wendend, »so zu manövrieren, daß er auf den Jahrmarkt kommt; wir werden ihn schon einseifen.«
Der Soulanger Jahrmarkt, der am 15. August gefeiert wird, ist eine der Besonderheiten der Stadt und sticht alle Jahrmärkte auf dreißig Meilen im Umkreise, selbst die der Departementshauptstadt, aus. Ville-aux-Fayes hat keinen Jahrmarkt, denn sein Fest, der Silvestertag, fällt in den Winter.
Vom 12. bis 15. August strömen die Kaufleute in Scharen nach Soulanges und errichten dort in zwei parallelen Linien jene Holzbaracken, jene grauen Zeltbuden, die dem gewöhnlich verödeten Platze dann eine belebte Physiognomie geben. Die vierzehn Tage, die Fest und Jahrmarkt dauern, verschaffen der kleinen Stadt Soulanges eine Art Ernte. Dies Fest hat das Gewicht und den Nimbus einer Tradition. Wie Vater Fourchon erzählte, strömen die Bauern aus ihren Gemeinden, wo ihre Arbeiten sie sonst festhalten, herbei. In ganz Frankreich üben die phantastischen Auslagen der auf den Jahrmarktplätzen improvisierten Kaufläden, die Aufstapelung aller erdenklichen Waren, der
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