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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Schweizerhäusern, ihren Karthausen mit dem Journalisten herumzieht, den sie auf ihre Kosten aus Paris hat kommen lassen und vor des Generals Augen verhätschelt.«
    »Auf ihre Kosten? ...« rief Madame Soudry, »ist das gewiß? Welch hübscher Gegenstand für einen anonymen Brief an den General wär' das, wenn wir's beweisen könnten.«
    »Der General ...« fuhr Madame Vermut fort; »aber Sie werden ihn doch in keiner Weise hindern, der Tapezier übt seinen Beruf aus.«
    »Welchen Beruf? meine Liebe?« fragte Madame Soudry.
    »Nun, er besorgt das Bett.«
    »Wenn der arme kleine Pigeron, anstatt seine Frau zu quälen, so gut gewesen wäre, da lebte er heute noch,« sagte der Kanzlist.
    Madame Soudry beugte sich zu ihrem Nachbar, Monsieur Guerbet aus Conches; sie schnitt ihm eins jener Affengesichter, die sie wie deren Silberzeug von ihrer ehemaligen Gebieterin, kraft des Beuterechts, geerbt zu haben glaubte; und indem sie deren Grimassen maßlos übertrieb, sagte sie, den Postmeister auf Madame Vermut hinweisend, die mit dem Verfasser des »Ballspiels« kokettierte, zu ihm:
    »Was die Frau doch für einen schlechten Ton hat! Welche Redensarten, welche Manieren! Ich weiß nicht, ob ich sie noch länger in unserer Gesellschaft dulden soll, zumal wenn Monsieur Gourdon, der Dichter, zugegen sein wird.
    »Da haben Sie's, soziale Moral!« sagte der Pfarrer, der alles beobachtet und alles gehört hatte, ohne ein Wort zu sagen.
    Auf dieses Epigramm oder vielmehr diese Satire auf die Gesellschaft hin, die so konzis und so wahr war, daß sie jeden traf, schlug man vor, eine Partie Boston zu spielen.
    Ist das nicht das Leben, wie es sich in allen Schichten abspielt, die man übereingekommen ist, Welt zu nennen? Wechselt die Ausdrücke, und es wird in den vergoldetsten Salons von Paris nichts mehr und nichts weniger gesprochen.

III
Das Café de la Paix
    Es war gegen sieben Uhr, als Rigou am ›Café de la Paix‹ vorbeikam. Die untergehende Sonne, die schräg auf die hübsche Stadt fiel, goß dort jetzt ihre schönen roten Tinten aus, und der klare Spiegel der Gewässer des Sees bildete einen Kontrast zu dem Lichtjubel der flammenden Fensterscheiben, von welchen die seltsamsten und unwahrscheinlichsten Farben ausgingen.
    Nachdenklich geworden, ließ der gewiegte Politiker, ganz in seine Komplotte versunken, sein Pferd so langsam gehen, daß er, am ›Café de la Paix‹ entlang fahrend, seinen Namen hineinwerfen hörte in einen jener Dispute, die nach Abbé Taupins Bemerkung den Namen des Etablissements mit seiner üblichen Physiognomie in den schärfsten Widerspruch setzten.
    Zum besseren Verständnis der Szene ist es notwendig, die Topographie dieses Schlaraffenlandes, das nach dem Platze hin vom Café eingesäumt wird und auf der Kantonalstraße mit dem berühmten Tivoli endigt, das die Drahtzieher zum Schauplatz einer der Szenen jener Verschwörung bestimmten, welche sie seit langem gegen den General von Montcornet anzettelten.
    Durch seine Lage an der Ecke der Straße und des Platzes, zeigte das Erdgeschoß des Hauses, das in der Art des Rigouschen gebaut war, drei Fenster nach der Straße und zwei Fenster nach dem Platze hin, zwischen denen sich die Glastür befindet, durch die man eintritt. Das ›Café de la Paix‹ hat überdies eine mittelgroße Tür, die nach einer Allee hin geht, die es vom Nachbarhause trennt, dem Hause des Soulanger Krämers Vallet. Man gelangt durch sie in einen inneren Hof.
    Das Haus – es ist außer den Fensterläden, die grün sind – ganz goldgelb angestrichen, gehört zu den wenigen Häusern der kleinen Stadt, die zwei Stockwerke und Mansarden haben. Und zwar aus folgendem Grunde:
    Vor dem erstaunlichen Aufschwung von Ville-aux-Fayes vermietete man den ersten Stock des Hauses, der vier Zimmer enthält, deren jedes mit einem Bett und dem spärlichen Hausrat versehen ist, der notwendigerweise da sein muß, um das Wort »möbliert« zu rechtfertigen, an Leute, die gezwungen waren, wegen Amtsgerichtsverhandlungen nach Soulanges zu kommen, oder an Besucher, die man nicht im Schlosse unterbrachte. Seit fünfundzwanzig Jahren aber sahen diese möblierten Zimmer nur mehr Seiltänzer, Jahrmarktshändler, Heilmittelverkäufer und Handlungsreisende als Mieter. Im Augenblick des Soulanger Festes vermietete man die Zimmer zu vier Franken pro Tag. Die vier Zimmer brachten Socquard ungefähr hundert Taler ein, ungerechnet den Betrag der außergewöhnlichen Zeche, die seine Mieter dann in seinem Café

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