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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Weinbergarbeiter namens Laroche. Dieser Mann lebte von der Hand in den Mund; er war einer der Delinquenten, die in Blangy durch eine Art Konskription aufgestellt worden waren, um dem General seine Klagemanie zu verleiden. Blangy hatte noch drei andere Männer, zwölf Frauen, acht Mädchen und fünf Burschen gestellt, deren Gatten und Väter für sie zu haften hatten, und die gänzlich mittellos waren. Sie waren aber auch die einzigen, die nichts besaßen. Das Jahr 1823 hatte die Winzer reich gemacht und 1826 sollte, dank der Ueberfülle von Wein, nochmals ein Geldsegen über sie niedergehen. Ebenso hatten die vom General in Auftrag gegebenen Arbeiten Geld unter die drei Gemeinden, die seinen Besitzungen benachbart waren, gebracht und man hatte Mühe gehabt, in Blangy, Conches und Cerneux hundertundzwanzig Proletarier zu finden. Nur dadurch war es gelungen, daß man die alten Weiber, die Mütter und Großmütter derjenigen nahm, die etwas Besitz hatten, selber aber nichts besaßen, wie Tonsards Mutter. Dieser Laroche, der alte Missetäter und Arbeiter, taugte absolut nichts; er hatte nicht wie Tonsard ein hitziges und lasterhaftes Blut: er war von einem tiefen und kalten Haß beseelt, arbeitete schweigsam und zeigte eine grimmige Miene. Die Arbeit war ihm unerträglich und er konnte doch nur durch Arbeit bestehen; seine Gesichtszüge waren hart, ihr Ausdruck abstoßend. Trotz seiner sechzig Jahre fehlte es ihm nicht an Kraft, doch sein Rücken war geschwächt und hatte sich gewölbt. Er sah keine Zukunft vor sich, hatte kein Stück Land als Eigentum und beneidete die, welche Feld besaßen; auch hauste er schonungslos in den Wäldern von Les Aigues: mit Vergnügen richtete er dort ruchlose Verwüstungen an.
    »Lassen wir sie uns abführen?« fragte Laroche. »Nach Conches wird Blangy dran kommen; ich bin rückfällig und werde darum drei Monate eingelocht.«
    »Aber was gegen die Gendarmerie unternehmen, alter Trunkenbold?« sagte Vaudoyer zu ihm.
    »Halt! Sollten wir nicht mit unseren Sicheln ihren Pferden die Beine absäbeln. Sie würden schnell am Boden liegen. Ihre Flinten sind nicht geladen; und wenn sie sich einen gegen sechs sehen, werden wir ihnen bald Beine machen! Würde man alles köpfen, wenn die drei Dörfer sich erheben und man zwei oder drei Gendarmen tötet? Man müßte sich zusammentun, wie im Herzen von Burgund, wohin man bei einer ähnlichen Geschichte ein ganzes Regiment geschickt hat. Ah, bah, das Regiment ist abgerückt und die Bauern sind weiter ins Holz gegangen, wie sie es seit Jahren taten, genau wie hier.«
    »Töten um zu töten,« sagte Vaudoyer, »besser wird's sein, nur einen zu töten; doch ohne Gefahr zu laufen, dergestalt, daß man den ganzen Arminacs das Land verleidet.«
    »Wen denn von den Räubern?« fragte Laroche.
    »Michaud,« erklärte Courte-Guisse, »Vaudoyer hat recht, durchaus recht. Wenn ein Wächter einmal um die Ecke gebracht ist, wird man so leicht keine andern finden, die untertags aufpassen. Sie tun's bei Tag, sie tun's aber auch noch in der Nacht ... Das sind Teufel, was!«
    »Ueberall, wo ihr geht,« sagte die alte Tonsard, die siebzig Jahre auf dem Buckel hatte und ihr von tausend Furchen und zwei grünen Augen durchlöchertes Pergamentgesicht zeigte, das mit schmutziggrauen Haaren geschmückt war, die in Strähnen unter einem roten Taschentuche hervorsahen, »überall, wo ihr geht, findet ihr sie, und sie verhaften euch. Sie schauen euer Bündel an. Wenn ein einziger abgebrochener Zweig, eine einzige schäbige Haselbuschrute darin ist, nehmen sie das Bündel und machen euch ein Protokoll; sie haben's deutlich genug gesagt. Ach, die Schufte! Man kann sie nicht erwischen, und wenn sie euch mißtrauen, sind sie schnell bei der Hand, euch euer Holzbündel aufbinden zu lassen. Drei Hunde sind's, die keine zwei Heller wert sind; man muß sie töten, das wird Frankreich nicht ins Verderben bringen, vorwärts!«
    »Der kleine Vatel ist noch nicht so bösartig!« sagte Madame Tonsard, die Schwiegertochter.
    »Der!« sagte Laroche, »der tut seine Arbeit wie die anderen; 's ist zum Lachen; gut, er lacht mit euch. Ihr seid mit ihm darum aber nicht besser dran; er ist der boshafteste der drei, ist, wie Monsieur Michaud, ein Unmensch armen Leuten gegenüber ...«
    »Trotzdem hat er eine hübsche Frau, der Monsieur Michaud,« sagte Nicolas Tonsard.
    »Sie ist schwanger,« sagte die alte Mutter, »doch wenn das so fortgeht, wird man ihrem Kleinen, wenn sie kalbt, eine lustige

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