Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
wie der Vater Fourchon aus Mouche einen Zigeuner macht. Ich, ich lache über solche falschen Begriffe; Sie aber, Sie könnten sich darüber ärgern; sie verehrt Sie nur als ihre Wohltäterin, nicht aber als eine über ihr stehende Dame. Was wollen Sie, das lebt wild wie die Schwalben ... Das Blut der Mutter trägt auch sein Teil dazu bei.«
»Wer war denn ihre Mutter?«
»Madame kennt die Geschichte nicht?« erwiderte Olympe. »Nun, der Sohn des alten Meßners von Blangy, nach allem was mir die Landleute von ihm erzählt haben, ein prachtvoller Bursche, wurde bei dem großen Aufgebot eingezogen. Dieser Niseron war 1809 immer noch ein einfacher Kanonier in einem Armeekorps, das tief hinten in Illyrien und Dalmatien den Befehl erhielt, in Eilmärschen durch Ungarn zu marschieren, um der österreichischen Armee den Rückzug zu verlegen, falls der Kaiser die Schlacht bei Wagram gewinnen sollte. Michaud hat mir von Dalmatien, wo er auch gewesen ist, erzählt. Als ein schöner Kerl, der er nun einmal war, hatte Niseron in Zahara das Herz einer Montenegrinerin erobert, einer Tochter des Gebirges, der die französische Garnison nicht mißfiel. Da das Mädchen der Ansicht ihrer Landsleute nach verworfen war, war es ihm nach Abzug der Franzosen unmöglich, noch länger in der Stadt zu wohnen. Zéna Kropoli, die man zum Schimpf ›die Französin‹ nannte, folgte also dem Artillerieregimente und kam nach Friedensschluß nach Frankreich. Auguste Niseron strebte die Erlaubnis an, die Montenegrinerin, die damals schwanger mit Geneviève ging, zu heiraten, doch das arme Weib ist im Januar 1810 an den Folgen der Entbindung gestorben. Einige Tage später sind die für eine rechtmäßige Ehe erforderlichen Papiere eingetroffen. Auguste Niseron hat daher an seinen Vater geschrieben, er solle das Kind mit einer Amme des Landes holen kommen und sich seiner annehmen; und daran tat er recht, denn er wurde durch einen Haubitzenschuß bei Montereau getötet. Die unter dem Namen Geneviève eingetragene und in Soulanges getaufte kleine Dalmatinerin wurde dann von Mademoiselle Laguerre, welche die Geschichte sehr gerührt hat, in Schutz genommen; denn es scheint das Schicksal des Kindes zu sein, von den Herrschaften in Les Aigues in Obhut genommen zu werden. Zu jener Zeit empfing Vater Niseron Wickelzeug und Geldunterstützung vom Schlosse.«
In diesem Augenblick sahen sie vom Fenster aus, vor dem die Gräfin und Olympe sich aufhielten, Michaud sich zum Abbé Brossette und Blondet gesellen, die plaudernd auf dem weiten sandbestreuten Halbkreis lustwandelten, der im Park den äußeren Halbmond wiederholte.
»Wo ist sie denn?« fragte die Gräfin, »du machst mich wirklich sehr neugierig, sie zu sehen.«
»Sie ist fort, um Mademoiselle Gaillard Milch nach dem Conchestor zu bringen; sie muß ganz in der Nähe sein; denn sie ist schon länger als eine Stunde weg...«
»Schön, ich werde ihr mit den Herren entgegengehen,« sagte Madame de Montcornet im Hinuntersteigen. Im Augenblick, da die Gräfin ihren Sonnenschirm aufspannte, näherte Michaud sich ihr, um ihr zu sagen, daß der General sie für wahrscheinlich zwei Tage allein lasse.
»Monsieur Michaud,« sagte die Gräfin lebhaft, »täuschen Sie mich nicht, es geht hier etwas Ernstes vor. Ihre Frau hat Angst, und wenn's hier viele Leute gibt, die dem Vater Fourchon ähneln, kann man hier zu Lande nicht leben...«
»Wenn dem so wäre, gnädige Frau,« antwortete Michaud lachend, »würden wir nicht auf unseren Beinen stehen; denn es wäre eine Leichtigkeit, sich uns vom Halse zu schaffen. Die Bauern schimpfen, das ist alles. Wenn's sich aber darum handelt, von dem Schimpfen zur Tat, vom Vergehen zum Verbrechen überzugehen, dann liegt ihnen zu viel am Leben und an der Luft der Felder ... Olympe wird Ihnen Redereien mitgeteilt haben, die Sie erschreckt haben; doch ist sie in einem Zustande, wo einen ein Traum erschreckt,« fügte er hinzu, indem er den Arm seines Weibes nahm und ihn unter den seinigen schob, um ihr damit zu verstehen zu geben, daß sie fernerhin schweigen solle.
»Cornevin! Juliette!« rief Madame Michaud, die alsbald der alten Köchin Kopf im Fensterrahmen auftauchen sah, »ich gehe zwei Schritte fort, paßt auf den Pavillon auf!«
Zwei riesige Hunde, die zu heulen anfingen, bewiesen, daß der Effektiv-Bestand der Garnison des Avonnetors ziemlich bedeutend war. Als er die Hunde bellen hörte, trat Cornevin, ein alter Percher, Olympes Nährvater, aus dem dichten
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