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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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er wolle das Unrecht seines Onkels, meines Amtsvorgängers, wieder gut machen. Das ist eine der Beschwerden des alten Bürgermeisters gegen mich, sein Haß ist dadurch noch größer geworden ... Vater Niseron hat Rigou feierlich erklärt, er würde ihn töten, wenn Geneviève ein Unheil zustieße, und hat ihn für jeden Angriff auf des Kindes Ehre verantwortlich gemacht! Ich werde nicht sehr fehl gehen, wenn ich in Nicolas Tonsards Nachstellung irgendeinen höllischen Plan dieses Mannes sehe, der da glaubt, sich hier alles herausnehmen zu dürfen.«
    »Er hat vor dem Gerichte demnach keine Angst?« fragte Blondet.
    »Erstens ist er des Staatsanwalts Schwiegervater,« antwortete der Pfarrer. »Und dann«, fuhr er nach einer Pause fort, »können Sie sich ja keinen Begriff von der grenzenlosen Sorglosigkeit der Kantonalpolizei und des Gerichts solchen Leuten gegenüber machen. Wenn die Bauern nur die Pachthöfe nicht anzünden, nicht Totschläge begehen, nicht vergiften und wenn sie ihre Abgaben zahlen, läßt man sie unter sich tun, was sie wollen; und da sie keine religiösen Grundsätze haben, so geschehen die gräßlichsten Dinge. Auf der anderen Seite des Avonnebeckens fürchten sich die unfähigen Greise, zu Hause zu bleiben; denn dann gibt man ihnen nichts mehr zu essen; so gehen sie auf die Felder, solange ihre Beine sie zu tragen vermögen. Wenn sie sich hinlegen, wissen sie ganz genau, daß sie aus Mangel an Nahrung sterben werden. Herr Sarcus, der Friedensrichter, sagt, daß, wenn man all den Verbrechern den Prozeß machte, der Staat sich durch die Gerichtskosten zugrunde richten würde.«
    »Aber darin sieht er ja klar, dieser Beamte!« rief Blondet.
    »Ach! der hochwürdige Bischof kannte die Lage hier im Tal und vor allem den Zustand in dieser Gemeinde sehr wohl,« sagte der Pfarrer fortfahrend. »Die Religion allein kann all die Uebel wieder gut machen, das Gesetz scheint mir, abgeschwächt wie es ist, dazu unfähig zu sein ...«
    Der Pfarrer wurde durch Schreie unterbrochen, die aus dem Walde kamen, und die Gräfin wagte sich, Emile und dem Abbé folgend, mutig hinein, indem sie in der von den Schreien angezeigten Richtung lief.

XI
Die Oaristys, die achtzehnte Ekloge des Theokrit, für die das Schwurgericht wenig Verständnis hat
    Der Scharfsinn des Wilden, den sein neuer Beruf bei Michaud entwickelt hatte, verbunden mit der Kenntnis der Leidenschaften und Interessen der Gemeinde Blangy, hatte eben teilweise ein drittes Idyll im griechischen Sinne enträtselt, das die armen Dorfleute wie die Tonsard und die reichen Vierziger wie Rigou hinten im Lande mit »harmlos« übersetzen.
    Nicolas, Tonsards zweiter Sohn, hatte bei der Auslosung eine schlechte Nummer gezogen. Zwei Jahre vorher war Nicolas Tonsards älterer Bruder durch Soudrys, Gaubertins und der reichen Sarcus Vermittlung auf Grund einer angeblichen Muskelkrankheit im rechten Arm für untauglich zum Militärdienst erklärt worden. Da Jean-Louis aber seitdem die schwersten Ackerbaugeräte mit einer Leichtigkeit handhabte, die sehr bemerkt wurde, entstand deswegen in der Gegend eine ziemliche Aufregung.
    Soudry, Rigou, Gaubertin, die Beschützer der Familie, benachrichtigten den Schenkwirt daher, daß er nicht versuchen dürfe, den großen und kräftigen Nicolas der Rekrutierung zu entziehen. Nichtsdestoweniger fühlten der Bürgermeister von Ville-aux-Fayes und Rigou so lebhaft, wie nötig es sei, sich kühne Leute zu verpflichten, die fähig waren, böses zu tun, wenn sie von ihnen geschickt gegen Les Aigues gehetzt wurden, daß Rigou Tonsard und seinem Sohne einige Hoffnungen machte.
    Dieser aus dem Orden getretene Mönch, bei dem Cathérine, die für ihren Bruder durch Dick und Dünn ging, sich von Zeit zu Zeit sehen ließ, riet, sich an die Gräfin und den General zu wenden.
    »Er wird vielleicht nicht ärgerlich sein, Euch diesen Dienst zu erweisen, um Euch zu ködern; und dabei wird dem Feinde doch immer was abgewonnen,« sagte des Staatsanwalts furchtbarer Schwiegervater zu Cathérine. »Wenn der Tapezier es Euch verweigert, nun, dann wollen wir weiter sehen.«
    Wie Rigou voraussah, mußte des Generals Weigerung das Unrecht des Großgrundbesitzers gegen die Bauern durch einen neuen Fall vermehren und den Verbündeten einen neuen Grund zur Dankbarkeit seitens Tonsards für den Fall einbringen, daß der alte Bürgermeister in seiner Durchtriebenheit ein Mittel ausfindig machte, Nicolas frei zu bekommen.
    Nicolas, der in wenigen Tagen vor der

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