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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Bonnebault gut leben und nichts tun. Auch trug er, um ein Wort aus Vermichels und Fourchons Sprachschatze zu gebrauchen, seinen Plan in der Tasche. Indem er seine Strammheit mit wachsendem Erfolge und seine Geschicklichkeit am Billard mit wechselndem Glücke ausbeutete, schmeichelte er sich in seiner Eigenschaft als Stammgast des Café de la Paix, eines schönen Tages Mademoiselle Aglaé Socquard, die einzige Tochter Vater Socquards, des Besitzers dieses Etablissements, zu heiraten, der in Soulanges, im entsprechenden Abstande, das war, was Ranelagh im Bois de Boulogne ist.
    Den Beruf eines Caféwirts ausüben, Veranstalter öffentlicher Bälle zu werden, dies schöne Los schien in der Tat der Marschallstab eines Nichtstuers zu sein. Diese Sitten, dies Leben und dieser Charakter standen so gemein auf dem Gesichte dieses Lebemannes aus dem untersten Stande zu lesen, daß die Gräfin sich beim Anblick des Pärchens, das einen ebenso lebhaften Eindruck auf sie machte, wie wenn sie Schlangen gesehen hätte, zu einem Aufschrei hinreißen ließ.
    Marie war wie verrückt nach Bonnebault und würde für ihn gestohlen haben. Dieser Schnurrbart, diese militärische Ungezwungenheit, diese geckenhafte Miene gingen ihr zu Herzen wie das Benehmen, das Wesen und die Sitten eines de Marsay einer hübschen Pariserin gefallen. Jede soziale Schicht hat ihre Vornehmheit! Marie wies Amaury, jenen anderen Kleinstadtgecken, zurück, sie wollte Madame Bonnebault werden!
    »Heda, ihr anderen! Heda, kommt ihr?...« riefen Cathérine und Nicolas von weitem, als sie Marie und Bonnebault erblickten.
    Dieses überscharfe Geschrei tönte in den Wäldern wie ein Kriegsruf der Wilden wieder.
    Als Michaud die beiden Wesen sah, bebte er; denn er bereute lebhaft, gesprochen zu haben. Wenn Bonnebault und Marie Tonsard die Unterhaltung gehört hatten, konnte sie nur Unheil nach sich ziehen. Diese anscheinend geringfügige Tatsache mußte bei der aufregenden Lage, in welcher Les Aigues sich den Bauern gegenüber befand, einen entscheidenden Einfluß haben, wie in der Schlacht Sieg oder Niederlage von einem Bache abhängt, den ein Hirte mit geschlossenen Füßen überspringt, welcher aber die Artillerie aufhält.
    Nachdem er die Gräfin wie ein feiner Mann gegrüßt hatte, nahm Bonnebault mit Eroberermiene Maries Arm und ging triumphierend fort.
    »Das ist der Herzensschlüssel des Tales,« sagte Michaud ganz leise zur Gräfin, indem er sich eines Wachtstubenworts bediente, das soviel wie Don Juan bedeutet, »'s ist ein sehr gefährlicher Mensch. Wenn er zwanzig Franken beim Billardspiel verloren hat, könnte man ihn Rigou umbringen lassen!... Sein Auge richtet sich ebenso gern auf ein Verbrechen, wie auf eine Freude.«
    »Ich habe für heute allzuviel gesehen,« erwiderte die Gräfin, Emils Arm nehmend; »gehen wir zurück, meine Herren.«
    Melancholisch grüßte sie Frau Michaud, als sie die Péchina in den Pavillon zurückgekehrt sah. Olympes Traurigkeit hatte die Gräfin angesteckt.
    »Wie, gnädige Frau,« sagte Abbé Brossette, »sollte die Schwierigkeit, hier Gutes zu wirken, Sie davon abbringen, es zu versuchen? Fünf Jahre schlafe ich nun schon auf einem Strohsack, hause ich in einem des Hausrats baren Pfarrhofe, lese ich die Messe, ohne daß Gläubige da sind, sie zu hören, predige ich vor leeren Bänken, bin ich Vikar ohne Nebeneinkünfte noch Besoldungsbeihilfe, lebe ich von den sechshundert Franken des Staats, ohne von Monseigneur etwas zu erbitten, und gebe ein Drittel davon für Almosen hin ... Doch, ich verzweifle nicht! Wenn Sie wüßten, wie meine Winter hier sind, würden Sie den ganzen Wert dieses Wortes begreifen! Ich wärme mich nur an dem Gedanken, dies Tal zu erretten und Gott wieder zu erobern! Es handelt sich nicht um uns, gnädige Frau, sondern um die Zukunft. Wenn wir eingesetzt sind, um den Armen zu sagen: ›Wisset arm zu sein!‹ das heißt: ›Duldet, bescheidet euch und arbeitet!‹ müssen wir den Reichen sagen: ›Wisset reich zu sein!‹ das heißt: ›Seid weise im Wohltun, fromm und des Platzes wert, den Gott euch zuweist!‹ Nun wohl, gnädige Frau, Sie sind nur Verwahrer der Macht, die Ihnen das Vermögen gibt, und wenn Sie Ihren Pflichten nicht nachkommen, werden Sie es Ihren Kindern nicht überliefern, wie Sie es empfangen haben! Sie berauben Ihre Nachfahren. Wenn Sie in dem Egoismus der Sängerin verharren, die durch ihre Gleichgiltigkeit sicherlich das Uebel, dessen Ausdehnung Sie erschreckt, verursacht hat,

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